Nach dem österreichischen oder deutschen Lebensmittelgesetz sind
Gewürze
frische oder getrocknete Pflanzen oder
Pflanzenteile, die den Speisen zur Geschmacksverbesserung zugesetzt
werden; jedoch dürfen sie nicht mehr als zur Konservierung
notwendig technisch bearbeitet oder mit anderen Stoffen vermischt sein.
Mischungen verschiedener Gewürze, Mischungen von Gewürzen mit
anderen Stoffen oder Zubereitungen, die Gewürze ersetzen, sind
keine Gewürze im Sinne des Gesetzes und werden mit speziellen
Namen bezeichnet. Siehe dazu die Leitsätze für Gewürze und würzende Zutaten.
Man wird sehen, daß diese Definition ziemlich eng ist: Viele Zutaten, die
dem gleichen Zweck wie Gewürze dienen, sind darin nicht enthalten:
Fleischextrakt, Trockenfisch, Fischsauce, Garnelenpaste, Sojasauce,
fermentierter Weizen und andere. Das liegt wahrscheinlich daran, daß
diese Zutaten (außer Fleischextrakt) heutzutage keine Tradition in
Mitteleuropa haben. Auch Zucker und Salz sind selbstverständlich keine
Gewürze im Sinne des Gesetzes.
Es sollte auch festgestellt werden, daß das Gesetz keinen Unterschied
zwischen Gewürzen und Kräutern macht, wie es z. B. im
Englischen üblich ist. Ich bin diesem Gebrauch gefolgt, und auch auf den
englischsprachigen Seiten dieser Site bezieht sich herb auf eine
Untermenge des Bedeutungsumfanges von spice. Man wird vielleicht
einwenden, daß dies kein idiomatisch korrektes Englisch ist; das ist
richtig, aber irgendeinen Preis müssen eben auch die native English
speakers dafür bezahlen, daß das Internet ihnen Dokumente in
ihrer Muttersprache liefert (das ist kein privater Feldzug gegen das
Englische, sondern eine lapidare Feststellung über die Dynamik lebender
Sprachen).
Obwohl höchstens vierzig verschiedene Gewürzpflanzen heute weltweite
Bedeutung haben, werden wesentlich mehr regional, in der Region ihres
natürlichen Vorkommens, zum Würzen verwendet. Manche davon gelangen
auch außerhalb dieses Gebietes in kleinen Mengen in den Handel, und
werden in ethnischen Restaurants oder von traditionsbewußten Auswanderern
verwendet, andere dienen als Medizin und sind daher in westlichen Apotheken
erhältlich. Einige Gewürze, die in den vergangenen Jahrhunderten in
Europa in großem Umfang verwendet wurden, sind nun aus der Mode gekommen
und sind europäischen Verbrauchern nicht mehr bekannt –
zumeist, weil sie von anderen Gewürzen mit ähnlichem Geschmack
verdrängt wurden. Es ist mein Hobby, Informationen sowohl über
bekannte und gut untersuchte Gewürze als auch über solche Exoten zu
sammeln und natürlich damit schmackhafte Gerichte zu kochen.
Zur Zeit besitze ich etwa 117 verschiedene Gewürzpflanzen in Form
getrockneter Pflanzenteile und natürlich einige mehr, die ich nicht
identifizieren konnte. Das ist jedoch nur ein kleiner Bruchteil aller
weltweit verwendeten Gewürze: Besonders in Gebieten mit tropischem
Klima wachsen wohl noch viele nur kleinräumig verbreitete Pflanzen,
die in der lokalen Küche verwendet werden, und die zumeist kaum
untersucht sind, geschweige denn gehandelt werden.
Über die Inhaltsstoffe von Gewürzen sagt man am besten entweder sehr
viel oder sehr wenig; es ist das ein sehr großes Feld, das durch
oberflächliche Betrachtungen zumeist nur verwirrend dargestellt werden
kann. Einige Begriffe, die in meinen Gewürzartikeln immer wieder
auftauchen, möchte ich aber trotzdem erläutern.
Die die Würzeigenschaften einer Pflanze bedingenden Stoffe sind immer
Sekundärstoffwechselprodukte, d. h. sie spielen beim
Primärstoffwechsel (dem Aufbau pflanzeneigenen Gewebes und dem Auf- und
Abbau energieliefernder Moleküle) keine Rolle; somit sind sie für die Pflanze nicht
lebenswichtig. In einigen Fällen vermutet man, daß es sich um
Abfallprodukte des Pflanzenstoffwechsels handelt, zumeist haben die Duftstoffe
allerdings eine Funktion bei der Anlockung potentieller Bestäuber bzw.
Verbreiter oder bei der Abwehr von Freßfeinden. Es ist etwas paradox,
daß Pflanzen vom Menschen weltweit als Speisezusatz gezüchtet
werden, obwohl ihr Duftstoff eigentlich zum Vergrämen pflanzenfressender
Tiere produziert wird!
Obwohl es eine große Anzahl von verschiedenen Klassen der
Pflanzeninhaltsstoffe gibt, kommen in den meisten Pflanzen nur wenige davon vor.
Man beobachtet sehr häufig, daß botanisch miteinander verwandte
Pflanzen auch ähnliche oder gar dieselben Inhaltsstoffe enthalten; das
erklärt auch, warum Gewürze in einigen Pflanzenfamilien gehäuft
auftreten und andere Familien wiederum überhaupt keine riechenden
Pflanzen hervorbringen.
Nur ein recht kleiner Teil der vielen Klassen von Pflanzeninhaltsstoffen
ist für die Gewürze interessant, da die Mitglieder vieler Klassen
fast durchwegs abstoßend schmecken. Im Detail interessieren uns
in kulinarischer Hinsicht die folgenden:
- Terpene:
-
Das ist mit Abstand die wichtigste Klasse von
Geruchsstoffen. Vielen von ihnen ist ein aromatischer, etwas an Terpentin
erinnernder Geruch eigen; Terpentin ist eine Terpenmischung, die aus
Nadelhölzern gewonnen wird.
Terpene sind sehr weit verbreitete Sekundärstoffwechselprodukte mit oft
niedrigem Siedepunkt und daher starkem Geruch. Der Name Terpen bezieht
sich eigentlich nur auf aus Isopren-Einheiten aufgebaute Kohlenwasserstoffe,
häufig werden aber auch funktionalisierte Derivate (Alkohole, Ether,
Carbonsäuren, Ester) dieser Kohlenwasserstoffe als Terpene
bezeichnet (richtiger wäre Terpenabkömmlinge). Weiters treten
auch oft benzoide Dehydrierungsprodukte von Terpenen auf, z. B. das
Phenol Thymol, das Hauptaromaträger in
Ajowan und Thymian ist.
In Abhängigkeit von der Molekülgröße unterscheidet man
Mono-, Sesqui-, Di- und Triterpene mit jeweils 10, 15, 20 und 30
Kohlenstoffatomen. Davon sind besonders die Monoterpene extrem wichtig;
90% aller Gewürze verdanken ihnen den größten Teil ihres Aromas.
Monoterpene sind praktisch nie artspezifisch, sondern kommen bei vielen
verschiedenen Pflanzen vor; das charakteristische Aroma eines Gewürzes ist
somit auf ein bestimmtes Mischungsverhältnis von Monoterpenen
zurückzuführen. Monoterpene werden in praktisch allen Pflanzenfamilien
gebildet; besonders häufig sind sie bei
Lippenblütlern (Lamiaceae) und
Doldenblütlern (Apiaceae), die
beide eine große Anzahl an Gewürzpflanzen enthalten.
Betrachtet man ihre große Anzahl, so verwundert es, daß nur
relativ wenige davon für den Menschen ernsthaft giftig sind; die meisten
der giftigen Monoterpene sind übrigens Ketone. Hierzu
gehören z. B. Umbelliferon (aus dem Californischen Lorbeer), Pulegon
(aus der Poleiminze) und eine Anzahl furanoider Monoterpenketone, wie man sie
in ostasiatischen Lippenblütlern (z. B. Perilla) findet.
Das Thujon (in Wermut,
Beifuß und Salbei
sowie etlichen Zypressengewächsen) wird allgemein für die
gesundheitsschädliche Wirkung von Absinth, einem am Beginn des 20.ten
Jahrhunderts beliebten Likör, verantwortlich gemacht (siehe
Eberraute); ebenfalls ein toxisches Monoterpenketon
ist der Kampfer, dessen angenehmer Geruch leicht über seine ganz erhebliche
Giftigkeit hinwegtäuschen könnte. Kampfer findet man unter anderen
in vielen Lippenblütlern
(Lamiaceae), z. B. Rosmarin,
Salbei und dem etwas entfernter verwandten
Azteken-Süßkraut (Lippia dulcis,
Eisenkrautgewächse).
Weiters ist hier auch das Bio-Insektizid
Pyrethrum zu erwähnen;
Pyrethrum und seine Derivate sind Monoterpene mit anormaler Struktur, die
in einigen Korbblütlern
(Asteraceae) vorkommen. Sie sind für Insekten
ziemlich giftig, für Säugetiere aber relativ harmlos. Ein
sehr ungewöhnliches Monoterpen ist das Cantharidin, das nicht aus
einer Pflanze, sondern einem Käfer (der Spanischen Fliege
)
gewonnen wird und das früher gelegentlich als Aphrodisiakum
mißbraucht wurde. Es zeigt bei Menschen eine ganz extreme
Toxizität; interessanterweise ist es für die meisten
Säugetiere wesentlich weniger gefährlich.
Höhere Terpene sind weniger flüchtig und damit von geringerem
olfaktorischen Wert. Obwohl manche Sesquiterpene weit im Pflanzenreich
verbreitet sind, sind doch sehr viele auf bestimmte Familien oder Gattungen
beschränkt. Einige Sesquiterpene sind in Gewürzpflanzen
von großer Bedeutung, z. B. in Zimtarten,
Nadelhölzern (Wacholder) und besonders in den
Ingwergewächsen
(Zingiberaceae), z. B. Ingwer, Galgant oder Curcuma.
Ein nichtflüchtiges Sesquiterpen-Derivat von kulinarischem
Interesse ist das Polygodial (Tadeonal), ein beißend scharf
schmeckender partiell ungesättigter Dialdehyd. Es ist für
den scharfen Geschmack von Wasserpfeffer
und tasmanischem Pfeffer
verantwortlich.
Di- und Triterpene sind meist familien- bis artspezifisch. Wegen ihrer
Molekülgröße weisen sie meist keinen Geruch auf, schmecken aber
dafür häufig bitter oder adstringierend. Einige Diterpene sind auch
pharmakodynamisch sehr aktive Substanzen, was sie je nach den Randbedingungen
zu wirksamen Heilmitteln oder zu gefährlichen Giftstoffen macht; so ist
z. B. die Giftigkeit des berüchtigten Pontischen Honigs
von der
türkischen Schwarzmeerküste auf diterpenhaltigen Nektar von
Rhododendron-Arten zurückzuführen.
In Gewürzpflanzen treten Diterpene entsprechend
selten auf; phenolische Di- und Triterpene sind jedoch in der Familie der Lippenblütengewächse verbreitet
(siehe dazu Ysop).
Triterpenglycoside heißen
Saponine, und manche von ihnen sind wegen ihrer hämolysierenden Wirkung
starke Blutgifte; allerdings sind sie wegen ihrer geringen Resorbierbarkeit
über die orale Route eher harmlos. Das Glycyrrhicin aus dem
Süßholz ist das seltene Beispiel eines wohlschmeckenden Saponins.
Von den Tetraterpenen stellen die Carotinoide die wichtigste Gruppe dar. Dabei
handelt es sich um charakteristisch gelb bis orange gefärbte langkettige
ungesättigte Kohlenwasserstoffe aus acht Isopren-Einheiten und deren
Derivate; alle Pflanzen enthalten sie, und viele Gemüse und Früchte
verdanken ihnen die gelbe Farbe. Zumeist sind Carotinoide fettlöslich und
färben daher eher die Fettaugen als die Suppe selbst (z. B. Paprika), lediglich Safran enthält ein wasserlösliches
Carotinoid.
- Phenylpropane:
-
Diese recht kleine Verbindungsklasse
tritt gehäuft in eher ursprünglichen Familien auf und ist besonders
in der Ordnung der Magnolienähnlichen
(Magnoliidae) recht häufig (etwa Zimtsäure im
Zimt), finden sich aber verstreut im ganzen
Pflanzenreich. Weitere Inhaltsstoffe aus dieser Gruppe sind
das giftige Safrol (Sassafras,
Muskat) sowie Eugenol
(Gewürznelken) und Vanillin in der
Vanille.
Auch das weitverbreitete Coumarin
(Waldmeister, Tonkabohnen) ist hier zu
erwähnen. Trotz seines angenehmen Geruches ist es nicht harmlos, da es
zumindest in hohen Dosen leberschädigend wirkt und krebserregende
Wirkungen vermutet werden.
Synthetische Coumarine dienen teils als medizinische Antikoagulantien
(Blutgerinnungshemmer), teilweise als Rattengifte (führen aus demselben Grund
zu innerer Verblutung). Furanocoumarine (Psoralene) sind wegen ihrer
photosensibilisierenden Wirkung gefährlich und treten in der Familie der
Doldenblütengewächse sowie in den
Schalen mancher Citrusfrüchte (siehe Orange)
auf.
Wie Terpene sind auch Phenylpropane häufig
flüchtig und gelangen dann in die ätherischen Öle.
- Diarylheptanoide:
-
Diese Gruppe schwerflüchtiger
Verbindungen tritt nur bei den Rhizomgewürzen der
Ingwergewächse
(Zingiberaceae) auf, etwa bei Zitwer und
Fingerwurz; sie zeichnen für den scharfen
Geschmack dieser Gewürze und auch die gelbe Farbe der
Curcuma verantwortlich.
Chemisch sind Diarylheptanoide vielfältig substituierte und
modifizierte 1,7-Diaryl-heptan-3-one; sie leiten sich vom
Phenylpropan-Stoffwechsel ab. Manche Ingwergewächse enthalten
einfacher gebaute 1-Aryl-alkanone (Ingwer und
Paradieskörner).
- Alkaloide:
-
Diese sehr wichtige Verbindungsklasse, die eine
große Anzahl bedeutender Gifte und Heilmittel (Atropin in der
Tollkirsche, Morphin im Schlafmohn, Kokain im
südamerikanischen Kokastrauch und das geschichtsträchtige Coniin im
Schierling) enthält, ist in Gewürzpflanzen wegen der meist hohen
Giftigkeit und des meist sehr bitteren Geschmackes nur selten anzutreffen und
dann für den Geschmack wohl nur wenig verantwortlich (z. B. Nigellin in
Nigella oder Boldin in den Boldoblättern). Doch sind die scharf schmeckenden
Inhaltsstoffe des Chilies und des schwarzen Pfeffers mit den Alkaloiden sehr eng
verwandt. Alkaloide sind fast nie flüchtig; daher tragen sie nicht nur
nichts zum Geruch eines Gewürzes bei, sondern sind auch nicht in den
destillativ gewonnen ätherischen Ölen enthalten.
- Glycoside:
-
Dabei handelt es sich um eine
sehr vielfältige Gruppe von Stoffen, die chemisch aus zwei Teilen
bestehen: Einem Zucker (zumeist Traubenzucker = Glucose) und einem anderen
Teil, den man allgemein als Aglycon bezeichnet. Je nach dem Aglycon
werden verschiedene Glycosid-Typen unterschieden; es ist dabei wichtig, zu
wissen, daß die sogenannte glycosidische Bindung, die die beiden
Teile zusammenhält, oft sehr leicht gespalten werden kann, wobei das
Aglycon freigesetzt wird. Glycoside sind nichtflüchtig und damit
geruchlos, aber das Aglycon kann flüchtig sein und gelangt dann oft in
das ätherische Öl.
Viele Pflanzen speichern gefährliche Stoffe, die ihnen selbst Schaden
zufügen könnten, als Glycoside, um sie bei Bedarf mit geeigneten
Enzymen schnell freisetzen zu können. Das bekannteste Beispiel dazu
sind die Blausäureglycoside in den Kernen von Marillen, Kirschen
oder bitteren Mandeln, aus denen sich leicht
die hochtoxische Blausäure bildet.
Ein anderes Beispiel dazu sind
die Senfölglycoside, die man bei vielen
Kreuzblütlern (Brassicaceae)
findet und die deren typischen scharfen Geschmack bedingen: Das Aglycon ist hier
ein stark beißendes und tränenreizendes Isothiocyanat, das in freiem
Zustand nur wenige Minuten beständig ist. Beispiele dafür sind etwa
schwarzer und weißer
Senf sowie Kren.
Coumarin (z. B. in Waldmeister oder Tonkabohnen) und
Vanillin (in Vanilleschoten) sind Beispiele für
Substanzen, die in der Pflanze als Glycoside gespeichert sind und erst beim
Welken freigesetzt werden. Um das geschmacklose Glycosid möglichst
vollständig zu den Duftstoffen umzusetzen, werden Vanilleschoten und
Tonkabohnen nach dem Ernten diversen Spezialbehandlungen unterzogen.
- Gerbstoffe:
-
Die auch Tannine genannten nichtflüchtigen
Gerbstoffe sind chemisch wenig einheitlich und kommen in fast allen
Pflanzenfamilien vor.
Allen gemeinsam ist ein herber, zusammenziehender (adstringierender) Geschmack,
der bei Gewürzen im allgemeinen nicht besonders geschätzt wird. Hoher
Gerbstoffanteil gilt daher als ein Qualitätsmangel (vgl.
chinesischer Zimt), aber in kleinen Mengen haben selbst
Tannine ihre kulinarischen Meriten (z. B. in
Rosmarin oder Sumach).
- Fruchtsäuren:
-
Unter diesem Namen faßt man
einige chemisch miteinander verwandte Di- und Tricarbonsäuren
zusammen, von denen Zitronensäure vor Weinsäure und
Äpfelsäure die wichtigste ist. Alle diese Säuren haben
einen gleichartigen, rein sauren Geschmack ohne Eigenaroma; der typische
Geschmack, anhand dessen wir Zitronen, Orangen, Granatäpfel,
Mangos und andere voneinander unterscheiden,
stammt ausschließlich von flüchtigen Begleitstoffen.
- Kohlenhydrate:
Alle grünen Pflanzen können durch die
Photosynthese aus Wasser, Luft und Licht Traubenzucker (Glucose)
herstellen; dieser Traubenzucker kann wiederum energiebringend verbrannt
werden. Pflanzen stellen alle anderen Zuckerarten aus Glucose her.
Süße Früchte dienen zum Anlocken von die Früchte
verbreitenden Tierarten und enthalten außer Glucose auch oft den
verwandten Fruchtzucker (Fructose).
Es gibt schwerwiegende Gründe, die gegen das Ansammeln großer
Glucosemengen in der Pflanze sprechen; andererseits ist es nötig, den
Energiegehalt der Glucose zu speichern, z. B. wenn eine Pflanze im
nächsten Frühjahr rasch austreiben möchte. Eine geeignete
Speicherform der Glucose ist die Stärke, die man daher in
besonders großen Mengen in überwinternden Pflanzenteilen (oft
unterirdisch: Wurzeln oder Wurzelstöcke, etwa bei Kartoffeln oder Ingwer) findet, aber natürlich auch in Samen
(Getreide).
- Lipide:
Lipide sind allgemein als Fette und Öle bekannt;
zwischen diesen beiden Begriffen gibt es keinen anderen Unterschied als nur den
Schmelzpunkt. Lipide sind eine sehr effiziente Form, Energie zu speichern und
treten im Pflanzenreich vor allem in Samen auf. Pflanzenöle bestehen fast
ausschließlich aus Triglyceriden, also Estern des Alkohols Glycerin
mit drei Molekülen Fettsäuren. Fettsäuren sind
langkettige Carbonsäuren, deren Kettenlänge zwischen 12
(Laurinsäure) und 22 (Behensäure) schwankt; längere oder
kürzere Ketten treten selten in relevanten Mengen auf. Pflanzen
können keine Fettsäuren mit ungerader Kohlenstoffanzahl
herstellen.
Beispiele für ungesättigte Fettsäuren sind Öl-, Linol- und
Linolensäure mit einer, zwei bzw. drei C=C-Doppelbindungen.
Linolensäure ist für den Menschen essentiell, und in den vergangenen
Jahren hielt man große Zufuhr von Linolensäure für ein
geeignetes Mittel (und oft für ein Wundermittel), um Krankheiten, die aus
einem gestörten Lipidstoffwechsel resultieren, zu verhindern. Neuere
Arbeiten deuten jedoch darauf hin, daß die Rolle der einfach
ungesättigten Ölsäure bisher unterschätzt wurde.
Die Bedeutung der Öle in der Küche liegt außer in ihrem
Eigengeschmack vor allem darin, daß sie ein hervorragendes Kochmedium
für Zubereitung bei hohen Temperaturen abgeben, wobei braune, knusprige und
wohlschmeckende Oberflächen erzielt werden. Sie haben jedoch noch
einen weiteren Vorteil: Fast alle Pflanzeninhaltsstoffe sind eher
fettlöslich (lipophil) als wasserlöslich (hydrophil).
Das erklärt den geschmacksverbessernden Einfluß kleiner Mengen Fett
in fast allen Speisen, da die Geschmacksstoffe besser aus den Gewürzen
herausgelöst werden und sich dann besser in der Speise verteilen. Kurzes
Anbraten der Gewürze in Fett (wie in Indien praktiziert) ist dabei
besonders effektiv, da die hohe Temperatur noch zusätzlich
unterstützend wirkt.
Für Details über Gewinnung von Pflanzenölen und unterschiedliche
Qualitäten, siehe Sesam. Weitere
Ölpflanzen, die auf diesen Seiten besprochen werden, sind
Olive, schwarzer Senf, Mohn,
Kokos und Saflor.
Ich habe mich bemüht, etymologische Worterklärungen zu den Namen von Gewürzen
zu geben, wann immer ich welche fand. Verschiedene Quellen machen hier oft
erstaunlich widersprechende Aussagen, und in vielen Fällen ist der Name
von Gewürzen überhaupt nicht erklärbar. Sehr oft haben sich griechische
oder lateinische Namen durch die Apotheker des Mittelalters über ganz Europa
verbreitet, aber das macht es uns nur noch schwerer, den Ursprung des
antiken Namens herauszufinden.
Besonders bei im Mittelmeerraum heimischen
Pflanzen stellen wir sehr oft fest, daß sich der Name eines Gewürzes nur bis zum
Griechischen zurückverfolgen läßt; oft nimmt man Entlehnung aus einer semitischen
Sprache (etwa dem Phönikischen) an, in vielen Fällen aber existiert überhaupt
kein Zusammenhang zwischen dem Pflanzennamen und irgendeiner bekannten Sprache.
Das heißt nun natürlich nicht, daß die Griechen den Pflanzennamen willkürlich
gebildet hätten, sondern sagt nur aus, daß wir die Sprache, der sie ihn entnahmen,
nicht mehr kennen. Die Griechen selbst sind Einwanderer, die erst im zweiten
vorchristlichen Jahrtausend nach Griechenland kamen und die Urbevölkerung
graduell verdrängten; es erscheint sinnvoll, daß sie die Namen von Pflanzen,
die sie erst in ihrer neuen Heimat kennenlernten, aus der Sprache der
dortigen Bevölkerung entnahmen. Unseligerweise ist uns von dieser Sprache nicht
das Geringste bekannt.
Zu den Pflanzennamen, für die ein vorgriechischer Ursprung angenommen
wird, gehören etwa Krokus,
Olive,
Majoran, Minze,
Rose und
Petersilie.
Ein weiteres Beispiel ist Lotus.
Eine zusätzliche Komplikation tritt durch das Phänomen der
volksetymologischen Umdeutung auf: Ein Name, der dem Sprecher unklar
ist, wird an ein zufällig ähnliches Wort angelehnt. Dazu gibt es
mannigfaltige Beispiele aus allen Sprachen: So wurde etwa unser Wort
Orange vom italienischen arancio entlehnt, aber der
Anfangsvokal verdunkelte sich unter dem Einfluß von französisch
or Gold
, das zwar linguistisch überhaupt nicht verwandt
aber eine naheliegende Assoziation für eine goldgelbe Frucht ist.
Doch nicht nur Fremdwörter und Entlehnungen geraten gerne unter den
Einfluß anderer Wörter, auch alte deutsche Ausdrücke werden oft
umgedeutet: So leitet sich Beifuß weder von bei noch
von Fuß ab, sondern geht auf ein althochdeutsches Verb bivouz
stoßen
zurück, von dem jedoch heute keine Ableitungen mehr existieren.
Das Wechselspiel von Entlehnung und Umdeutung kann sich durchaus mehrere Male in
verschiedenen Sprachen wiederholen, oft mit skurrilen Resultaten. Warum
heißt Kren auf englisch horseradish, also Pferde-Rettich
? Die Antwort ist, daß
das norddeutsche Meerrettich, seinerseits eine Umdeutung
aus Mehr-Rettich, im Englischen als mare radish
Stuten-Rettich
fehlinterpretiert wurde; da mare Stute
ziemlich antiquiert ist, wurde Meerrettich
schließlich als horseradish ins Englische
übernommen (Lehnübersetzung).
Bei all dem Gesagten wundert es nicht, daß Etymologien eine unsichere
Sache sind. In vielen Fällen werden mehrere plausible Theorien angeboten,
in anderen Fällen nur eine einzige, die jedoch ziemlich wenig
glaubwürdig ist. Trotzdem vermitteln Etymologien oft einen erstaunlichen
Einblick in bereits frühzeitige Beziehungen zwischen Völkern
- etwa, wenn wir lernen, daß der Name Senf
(mit einigen Fragezeichen) aus dem Grenzgebiet von Afghanistan und Türkmenistan
stammt und somit Zeugnis für ehemalige Nähe zwischen heute bereits sehr fernen Regionen ablegt.
Vielleicht werde ich diese Site auch einmal mit einer Sammlung von Rezepten
ausstatten; fürs erste ist das aber nicht geplant. Das hat mehrere Gründe:
-
Zuerst einmal gibt es im Internet mehr Rezept-Sites als selbst der
eifrigste Koch in einer Lebenszeit durchprobieren kann (eine kleine Auswahl
findet sich bei meinen Web-Pointern). Ehrlich
gesagt, ich sehe keinen Grund, dieses Überangebot noch zu
vergrößern, zumal ich beim besten Willen nicht erkennen kann, was an
meinen Rezepten so neuartig und singulär wäre, daß ich dieser
Konkurrenz gewachsen sein könnte.
-
Ich nehme einmal an, daß jeder, der sich ernsthaft für Kochen
interessiert, ohnehin bereits Kochbücher in seinen bevorzugten kulinarischen
Richtungen daheim stapelt. Was sollte ich dem hinzufügen?
-
Entscheidender als die beiden ersten Punkte ist aber, daß ich Rezepte
als gar nicht so wichtig empfinde. Rezepte sind Aneinanderreihungen
von Arbeitsschritten, die man einerseits technisch beherrschen muß und
andererseits in ihrer Auswirkung auf das fertige Gericht überblicken muß.
Mir kommt es hauptsächlich darauf an, meinen Lesern das Wissen über einige
entscheidende Punkte zu vermitteln: Was für ein Gewürz paßt dazu?
Wie setze ich es ein? Mit welchen anderen Zutaten
und Gewürzen harmoniert es? Wann setze ich es der Speise zu?
Welche Gartechnik (Kochen, Braten, Frittieren, Backen, …) ist
am besten? Der Rest ist zu gutem
Teil Improvisationstalent, Geschmackssinn und Wagemut (nicht notwendigerweise
in dieser Reihenfolge).
Faktenwissen ist besonders wichtig, wenn Sie authentisch kochen wollen.
Gerade dann ist es notwendig, selbständig das richtige Fett, die richtigen
Gemüse und die richtigen Gewürze auszuwählen – auch ohne
Rezept werden Sie dann den Urlaubsgeschmack wieder herbeikochen können.
Aus diesem Grund habe ich in meinen Artikeln mehr Wert auf Zusammenhänge
als auf einzelnen Rezepte gelegt.
Es sollte auch klar sein, daß meine sporadischen Angaben zur Zubereitung
einzelner Speisen keine Rezepte ersetzen können und sollen –
über italienisches pesto kann und soll man sehr viel mehr
sagen, als daß es aus miteinander verriebenen Pinienkernen, Olivenöl, Knoblauch,
Parmesan und Basilikum besteht. Es geht mir bei solchen Angaben
darum, den Leser einen groben Eindruck von einer gewissen Kochtradition zu
vermitteln und vielleicht Interesse dafür zu wecken, nicht aber, ihm
einzelne zusammenhanglose Rezepte einzutrichtern. Wenn Sie, statt die
obengenannten fünf Komponenten zusammenzurühren und sich vom
Resultat unangenehm überraschen zu lassen, ein Buch über
italienische Küche kaufen und es aufmerksam durchlesen, dann habe ich mein
Ziel erreicht.
Letztlich will ich auch noch in einer alten Streitfrage Stellung beziehen:
Sollte man Gewürze ganz kaufen und erst vor Gebrauch mahlen oder
sollte man sich gleich an Gewürzpulver halten?
Für die Verwendung industriell gemahlener Gewürze spricht
vor allem, daß die Gewürzmühlen ihr Mahlgut beim
Mahlen kühlen, sodaß ein Verdampfen flüchtiger
Aromastoffe besser vermieden wird als in einer umfunktionierten
Kaffeemühle. Außerdem mahlen diese Mühlen staubfein,
wodurch eine höhere Oberfläche und damit eine
größere Ergiebigkeit gewährleistet sind. Dagegen
läßt sich anführen, daß genau diese höhere
Oberfläche bei längerer Lagerung zu großen
Geschmacksverlusten führt, und zwar einerseits durch Verdampfen
der flüchtigen Inhaltsstoffe und andererseits durch Oxidation an
der Luft.
Der Aromaverlust gemahlener Gewürze ist kein akademisches Problem,
das nur die empfindlichsten Zungen bemerken, sondern ein dramatisch schneller
Prozeß: Ganze Gewürznelken kann ich jahrelang verwenden, auch wenn
ich die Mengen nach einiger Zeit leicht hinaufsetzen sollte; selbst nach
fünf Jahren ist mehr als die Hälfte des ätherischen Öls
noch vorhanden.
Gemahlene Gewürznelken sind bereits nach einem Jahr so geschmacklos,
daß man mit ihnen effektiv nicht mehr kochen kann. Natürlich
kann man die Haltbarkeit von Gewürzen durch geeignete Behälter
(trocken, licht- und luftdicht) und gute Lagerbedingungen (kühl)
erhöhen, aber wer will schon seine Gewürzdosen festverschraubt und
zur Sicherheit in Kunststoff eingeschmolzen im Kühlschrank lagern
(abgesehen davon, daß er dann Probleme mit Kondensationsfeuchtigkeit
bekäme)?
Deshalb meine ich, daß gemahlene Gewürze nur bei großem
Verbrauch, der einen Neukauf alle zwei bis drei Monate erforderlich macht,
wirklich sinnvoll sind; aber das ist unter Haushaltsbedingungen wohl kaum
der Fall. Die meisten Gewürze lassen sich in Kleinstmengen mit einem
Mörser (bitte nicht aus Metall!) und ab Teelöffelmengen bequem in der
Kaffeemühle (schaffen Sie sich besser eine zweite an, sonst schmeckt Ihr
Frühstückskaffee merkwürdig) zerkleinern. Auch
wenn das Pulver nicht so fein ist wie gekauft, macht doch die
größere Frische diesen Nachteil mehr als wett.
Manche Gewürze lassen sich schlecht pulverisieren. Dazu gehören
die harten Wurzelstöcke der Ingwergewächse
(Ingwer, Galgant und
Curcuma) und einige andere holzige Pflanzenteile, wie
Zimt (noch mehr chinesischer
Zimt) und Sternanis. Wenn man diese Gewürze
überhaupt gemahlen verwenden will (was vor allem auf die Wurzelstöcke
zutrifft), dann sollte man sie entweder gemahlen kaufen oder manchmal
mühsam größere Mengen auf Vorrat zerkleinern.
Einige wenige Gewürze werden praktisch immer gemahlen in den Handel
gebracht, wobei der Gewürzpaprika das
wichtigste Beispiel ist. Hier ist besonders auf raschen Verbrauch zu
achten. Dasselbe gilt auch für pulverisiert verkaufte
Gewürzmischungen.
Alle Artikel und Indizes dieses Gewürzlexikons sind sowohl auf Deutsch
als auch auf Englisch verfügbar. Jedes deutsche Dokument enthält nur
Links auf andere deutsche Dokumente, außer einem, der auf seine eigene
englische Übersetzung zeigt. Beide Versionen, die englische und
die deutsche, stimmen inhaltlich vollkommen überein (oder
sollten das zumindest tun).
Benützen Sie die folgenden Indizes, um in meiner Gewürzsammlung
einzelne Pflanzen aufzufinden: