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Einleitung

Definitionen

Nach dem österreichischen oder deutschen Lebensmittelgesetz sind Gewürze frische oder getrocknete Pflanzen oder Pflanzenteile, die den Speisen zur Geschmacksverbesserung zugesetzt werden; jedoch dürfen sie nicht mehr als zur Konservierung notwendig technisch bearbeitet oder mit anderen Stoffen vermischt sein. Mischungen verschiedener Gewürze, Mischungen von Gewürzen mit anderen Stoffen oder Zubereitungen, die Gewürze ersetzen, sind keine Gewürze im Sinne des Gesetzes und werden mit speziellen Namen bezeichnet. Siehe dazu die Leitsätze für Gewürze und würzende Zutaten.

Man wird sehen, daß diese Definition ziemlich eng ist: Viele Zutaten, die dem gleichen Zweck wie Gewürze dienen, sind darin nicht enthalten: Fleischextrakt, Trockenfisch, Fischsauce, Garnelenpaste, Sojasauce, fermentierter Weizen und andere. Das liegt wahrscheinlich daran, daß diese Zutaten (außer Fleischextrakt) heutzutage keine Tradition in Mitteleuropa haben. Auch Zucker und Salz sind selbstverständlich keine Gewürze im Sinne des Gesetzes.

Es sollte auch festgestellt werden, daß das Gesetz keinen Unterschied zwischen Gewürzen und Kräutern macht, wie es z. B. im Englischen üblich ist. Ich bin diesem Gebrauch gefolgt, und auch auf den englischsprachigen Seiten dieser Site bezieht sich herb auf eine Untermenge des Bedeutungsumfanges von spice. Man wird vielleicht einwenden, daß dies kein idiomatisch korrektes Englisch ist; das ist richtig, aber irgendeinen Preis müssen eben auch die native English speakers dafür bezahlen, daß das Internet ihnen Dokumente in ihrer Muttersprache liefert (das ist kein privater Feldzug gegen das Englische, sondern eine lapidare Feststellung über die Dynamik lebender Sprachen).


Obwohl höchstens vierzig verschiedene Gewürzpflanzen heute weltweite Bedeutung haben, werden wesentlich mehr regional, in der Region ihres natürlichen Vorkommens, zum Würzen verwendet. Manche davon gelangen auch außerhalb dieses Gebietes in kleinen Mengen in den Handel, und werden in ethnischen Restaurants oder von traditionsbewußten Auswanderern verwendet, andere dienen als Medizin und sind daher in westlichen Apotheken erhältlich. Einige Gewürze, die in den vergangenen Jahrhunderten in Europa in großem Umfang verwendet wurden, sind nun aus der Mode gekommen und sind europäischen Verbrauchern nicht mehr bekannt – zumeist, weil sie von anderen Gewürzen mit ähnlichem Geschmack verdrängt wurden. Es ist mein Hobby, Informationen sowohl über bekannte und gut untersuchte Gewürze als auch über solche Exoten zu sammeln und natürlich damit schmackhafte Gerichte zu kochen.

Zur Zeit besitze ich etwa 117 verschiedene Gewürzpflanzen in Form getrockneter Pflanzenteile und natürlich einige mehr, die ich nicht identifizieren konnte. Das ist jedoch nur ein kleiner Bruchteil aller weltweit verwendeten Gewürze: Besonders in Gebieten mit tropischem Klima wachsen wohl noch viele nur kleinräumig verbreitete Pflanzen, die in der lokalen Küche verwendet werden, und die zumeist kaum untersucht sind, geschweige denn gehandelt werden.

Über Inhaltsstoffe

Über die Inhaltsstoffe von Gewürzen sagt man am besten entweder sehr viel oder sehr wenig; es ist das ein sehr großes Feld, das durch oberflächliche Betrachtungen zumeist nur verwirrend dargestellt werden kann. Einige Begriffe, die in meinen Gewürzartikeln immer wieder auftauchen, möchte ich aber trotzdem erläutern.

Die die Würzeigenschaften einer Pflanze bedingenden Stoffe sind immer Sekundärstoffwechselprodukte, d. h. sie spielen beim Primärstoffwechsel (dem Aufbau pflanzeneigenen Gewebes und dem Auf- und Abbau energieliefernder Moleküle) keine Rolle; somit sind sie für die Pflanze nicht lebenswichtig. In einigen Fällen vermutet man, daß es sich um Abfallprodukte des Pflanzenstoffwechsels handelt, zumeist haben die Duftstoffe allerdings eine Funktion bei der Anlockung potentieller Bestäuber bzw. Verbreiter oder bei der Abwehr von Freßfeinden. Es ist etwas paradox, daß Pflanzen vom Menschen weltweit als Speisezusatz gezüchtet werden, obwohl ihr Duftstoff eigentlich zum Vergrämen pflanzenfressender Tiere produziert wird!

Obwohl es eine große Anzahl von verschiedenen Klassen der Pflanzeninhaltsstoffe gibt, kommen in den meisten Pflanzen nur wenige davon vor. Man beobachtet sehr häufig, daß botanisch miteinander verwandte Pflanzen auch ähnliche oder gar dieselben Inhaltsstoffe enthalten; das erklärt auch, warum Gewürze in einigen Pflanzenfamilien gehäuft auftreten und andere Familien wiederum überhaupt keine riechenden Pflanzen hervorbringen.

Nur ein recht kleiner Teil der vielen Klassen von Pflanzeninhaltsstoffen ist für die Gewürze interessant, da die Mitglieder vieler Klassen fast durchwegs abstoßend schmecken. Im Detail interessieren uns in kulinarischer Hinsicht die folgenden:

Terpene:

Das ist mit Abstand die wichtigste Klasse von Geruchsstoffen. Vielen von ihnen ist ein aromatischer, etwas an Terpentin erinnernder Geruch eigen; Terpentin ist eine Terpenmischung, die aus Nadelhölzern gewonnen wird.

Terpene sind sehr weit verbreitete Sekundärstoffwechselprodukte mit oft niedrigem Siedepunkt und daher starkem Geruch. Der Name Terpen bezieht sich eigentlich nur auf aus Isopren-Einheiten aufgebaute Kohlenwasserstoffe, häufig werden aber auch funktionalisierte Derivate (Alkohole, Ether, Carbonsäuren, Ester) dieser Kohlenwasserstoffe als Terpene bezeichnet (richtiger wäre Terpenabkömmlinge). Weiters treten auch oft benzoide Dehydrierungsprodukte von Terpenen auf, z. B. das Phenol Thymol, das Hauptaromaträger in Ajowan und Thymian ist.

In Abhängigkeit von der Molekülgröße unterscheidet man Mono-, Sesqui-, Di- und Triterpene mit jeweils 10, 15, 20 und 30 Kohlenstoffatomen. Davon sind besonders die Monoterpene extrem wichtig; 90% aller Gewürze verdanken ihnen den größten Teil ihres Aromas. Monoterpene sind praktisch nie artspezifisch, sondern kommen bei vielen verschiedenen Pflanzen vor; das charakteristische Aroma eines Gewürzes ist somit auf ein bestimmtes Mischungsverhältnis von Monoterpenen zurückzuführen. Monoterpene werden in praktisch allen Pflanzenfamilien gebildet; besonders häufig sind sie bei Lippenblütlern (Lamiaceae) und Doldenblütlern (Apiaceae), die beide eine große Anzahl an Gewürzpflanzen enthalten.

Betrachtet man ihre große Anzahl, so verwundert es, daß nur relativ wenige davon für den Menschen ernsthaft giftig sind; die meisten der giftigen Monoterpene sind übrigens Ketone. Hierzu gehören z. B. Umbelliferon (aus dem Californischen Lorbeer), Pulegon (aus der Poleiminze) und eine Anzahl furanoider Monoterpenketone, wie man sie in ostasiatischen Lippenblütlern (z. B. Perilla) findet.

Das Thujon (in Wermut, Beifuß und Salbei sowie etlichen Zypressengewächsen) wird allgemein für die gesundheitsschädliche Wirkung von Absinth, einem am Beginn des 20.ten Jahrhunderts beliebten Likör, verantwortlich gemacht (siehe Eberraute); ebenfalls ein toxisches Monoterpenketon ist der Kampfer, dessen angenehmer Geruch leicht über seine ganz erhebliche Giftigkeit hinwegtäuschen könnte. Kampfer findet man unter anderen in vielen Lippenblütlern (Lamiaceae), z. B. Rosmarin, Salbei und dem etwas entfernter verwandten Azteken-Süßkraut (Lippia dulcis, Eisenkrautgewächse).

Weiters ist hier auch das Bio-Insektizid Pyrethrum zu erwähnen; Pyrethrum und seine Derivate sind Monoterpene mit anormaler Struktur, die in einigen Korbblütlern (Asteraceae) vorkommen. Sie sind für Insekten ziemlich giftig, für Säugetiere aber relativ harmlos. Ein sehr ungewöhnliches Monoterpen ist das Cantharidin, das nicht aus einer Pflanze, sondern einem Käfer (der Spanischen Fliege) gewonnen wird und das früher gelegentlich als Aphrodisiakum mißbraucht wurde. Es zeigt bei Menschen eine ganz extreme Toxizität; interessanterweise ist es für die meisten Säugetiere wesentlich weniger gefährlich.

Höhere Terpene sind weniger flüchtig und damit von geringerem olfaktorischen Wert. Obwohl manche Sesquiterpene weit im Pflanzenreich verbreitet sind, sind doch sehr viele auf bestimmte Familien oder Gattungen beschränkt. Einige Sesquiterpene sind in Gewürzpflanzen von großer Bedeutung, z. B. in Zimtarten, Nadelhölzern (Wacholder) und besonders in den Ingwergewächsen (Zingiberaceae), z. B. Ingwer, Galgant oder Curcuma.

Ein nichtflüchtiges Sesquiterpen-Derivat von kulinarischem Interesse ist das Polygodial (Tadeonal), ein beißend scharf schmeckender partiell ungesättigter Dialdehyd. Es ist für den scharfen Geschmack von Wasserpfeffer und tasmanischem Pfeffer verantwortlich.

Di- und Triterpene sind meist familien- bis artspezifisch. Wegen ihrer Molekülgröße weisen sie meist keinen Geruch auf, schmecken aber dafür häufig bitter oder adstringierend. Einige Diterpene sind auch pharmakodynamisch sehr aktive Substanzen, was sie je nach den Randbedingungen zu wirksamen Heilmitteln oder zu gefährlichen Giftstoffen macht; so ist z. B. die Giftigkeit des berüchtigten Pontischen Honigs von der türkischen Schwarzmeerküste auf diterpenhaltigen Nektar von Rhododendron-Arten zurückzuführen. In Gewürzpflanzen treten Diterpene entsprechend selten auf; phenolische Di- und Triterpene sind jedoch in der Familie der Lippenblütengewächse verbreitet (siehe dazu Ysop).

Triterpenglycoside heißen Saponine, und manche von ihnen sind wegen ihrer hämolysierenden Wirkung starke Blutgifte; allerdings sind sie wegen ihrer geringen Resorbierbarkeit über die orale Route eher harmlos. Das Glycyrrhicin aus dem Süßholz ist das seltene Beispiel eines wohlschmeckenden Saponins.

Von den Tetraterpenen stellen die Carotinoide die wichtigste Gruppe dar. Dabei handelt es sich um charakteristisch gelb bis orange gefärbte langkettige ungesättigte Kohlenwasserstoffe aus acht Isopren-Einheiten und deren Derivate; alle Pflanzen enthalten sie, und viele Gemüse und Früchte verdanken ihnen die gelbe Farbe. Zumeist sind Carotinoide fettlöslich und färben daher eher die Fettaugen als die Suppe selbst (z. B. Paprika), lediglich Safran enthält ein wasserlösliches Carotinoid.

Phenylpropane:

Diese recht kleine Verbindungsklasse tritt gehäuft in eher ursprünglichen Familien auf und ist besonders in der Ordnung der Magnolienähnlichen (Magnoliidae) recht häufig (etwa Zimtsäure im Zimt), finden sich aber verstreut im ganzen Pflanzenreich. Weitere Inhaltsstoffe aus dieser Gruppe sind das giftige Safrol (Sassafras, Muskat) sowie Eugenol (Gewürznelken) und Vanillin in der Vanille.

Auch das weitverbreitete Coumarin (Waldmeister, Tonkabohnen) ist hier zu erwähnen. Trotz seines angenehmen Geruches ist es nicht harmlos, da es zumindest in hohen Dosen leberschädigend wirkt und krebserregende Wirkungen vermutet werden. Synthetische Coumarine dienen teils als medizinische Antikoagulantien (Blutgerinnungshemmer), teilweise als Rattengifte (führen aus demselben Grund zu innerer Verblutung). Furanocoumarine (Psoralene) sind wegen ihrer photosensibilisierenden Wirkung gefährlich und treten in der Familie der Doldenblütengewächse sowie in den Schalen mancher Citrusfrüchte (siehe Orange) auf.

Wie Terpene sind auch Phenylpropane häufig flüchtig und gelangen dann in die ätherischen Öle.

Diarylheptanoide:

Diese Gruppe schwerflüchtiger Verbindungen tritt nur bei den Rhizomgewürzen der Ingwergewächse (Zingiberaceae) auf, etwa bei Zitwer und Fingerwurz; sie zeichnen für den scharfen Geschmack dieser Gewürze und auch die gelbe Farbe der Curcuma verantwortlich.

Chemisch sind Diarylheptanoide vielfältig substituierte und modifizierte 1,7-Diaryl-heptan-3-one; sie leiten sich vom Phenylpropan-Stoffwechsel ab. Manche Ingwergewächse enthalten einfacher gebaute 1-Aryl-alkanone (Ingwer und Paradieskörner).

Alkaloide:

Diese sehr wichtige Verbindungsklasse, die eine große Anzahl bedeutender Gifte und Heilmittel (Atropin in der Tollkirsche, Morphin im Schlafmohn, Kokain im südamerikanischen Kokastrauch und das geschichtsträchtige Coniin im Schierling) enthält, ist in Gewürzpflanzen wegen der meist hohen Giftigkeit und des meist sehr bitteren Geschmackes nur selten anzutreffen und dann für den Geschmack wohl nur wenig verantwortlich (z. B. Nigellin in Nigella oder Boldin in den Boldoblättern). Doch sind die scharf schmeckenden Inhaltsstoffe des Chilies und des schwarzen Pfeffers mit den Alkaloiden sehr eng verwandt. Alkaloide sind fast nie flüchtig; daher tragen sie nicht nur nichts zum Geruch eines Gewürzes bei, sondern sind auch nicht in den destillativ gewonnen ätherischen Ölen enthalten.

Glycoside:

Dabei handelt es sich um eine sehr vielfältige Gruppe von Stoffen, die chemisch aus zwei Teilen bestehen: Einem Zucker (zumeist Traubenzucker = Glucose) und einem anderen Teil, den man allgemein als Aglycon bezeichnet. Je nach dem Aglycon werden verschiedene Glycosid-Typen unterschieden; es ist dabei wichtig, zu wissen, daß die sogenannte glycosidische Bindung, die die beiden Teile zusammenhält, oft sehr leicht gespalten werden kann, wobei das Aglycon freigesetzt wird. Glycoside sind nichtflüchtig und damit geruchlos, aber das Aglycon kann flüchtig sein und gelangt dann oft in das ätherische Öl.

Viele Pflanzen speichern gefährliche Stoffe, die ihnen selbst Schaden zufügen könnten, als Glycoside, um sie bei Bedarf mit geeigneten Enzymen schnell freisetzen zu können. Das bekannteste Beispiel dazu sind die Blausäureglycoside in den Kernen von Marillen, Kirschen oder bitteren Mandeln, aus denen sich leicht die hochtoxische Blausäure bildet.

Ein anderes Beispiel dazu sind die Senfölglycoside, die man bei vielen Kreuzblütlern (Brassicaceae) findet und die deren typischen scharfen Geschmack bedingen: Das Aglycon ist hier ein stark beißendes und tränenreizendes Isothiocyanat, das in freiem Zustand nur wenige Minuten beständig ist. Beispiele dafür sind etwa schwarzer und weißer Senf sowie Kren.

Coumarin (z. B. in Waldmeister oder Tonkabohnen) und Vanillin (in Vanilleschoten) sind Beispiele für Substanzen, die in der Pflanze als Glycoside gespeichert sind und erst beim Welken freigesetzt werden. Um das geschmacklose Glycosid möglichst vollständig zu den Duftstoffen umzusetzen, werden Vanilleschoten und Tonkabohnen nach dem Ernten diversen Spezialbehandlungen unterzogen.

Gerbstoffe:

Die auch Tannine genannten nichtflüchtigen Gerbstoffe sind chemisch wenig einheitlich und kommen in fast allen Pflanzenfamilien vor. Allen gemeinsam ist ein herber, zusammenziehender (adstringierender) Geschmack, der bei Gewürzen im allgemeinen nicht besonders geschätzt wird. Hoher Gerbstoffanteil gilt daher als ein Qualitätsmangel (vgl. chinesischer Zimt), aber in kleinen Mengen haben selbst Tannine ihre kulinarischen Meriten (z. B. in Rosmarin oder Sumach).

Fruchtsäuren:

Unter diesem Namen faßt man einige chemisch miteinander verwandte Di- und Tricarbonsäuren zusammen, von denen Zitronensäure vor Weinsäure und Äpfelsäure die wichtigste ist. Alle diese Säuren haben einen gleichartigen, rein sauren Geschmack ohne Eigenaroma; der typische Geschmack, anhand dessen wir Zitronen, Orangen, Granatäpfel, Mangos und andere voneinander unterscheiden, stammt ausschließlich von flüchtigen Begleitstoffen.

Kohlenhydrate:

Alle grünen Pflanzen können durch die Photosynthese aus Wasser, Luft und Licht Traubenzucker (Glucose) herstellen; dieser Traubenzucker kann wiederum energiebringend verbrannt werden. Pflanzen stellen alle anderen Zuckerarten aus Glucose her. Süße Früchte dienen zum Anlocken von die Früchte verbreitenden Tierarten und enthalten außer Glucose auch oft den verwandten Fruchtzucker (Fructose).

Es gibt schwerwiegende Gründe, die gegen das Ansammeln großer Glucosemengen in der Pflanze sprechen; andererseits ist es nötig, den Energiegehalt der Glucose zu speichern, z. B. wenn eine Pflanze im nächsten Frühjahr rasch austreiben möchte. Eine geeignete Speicherform der Glucose ist die Stärke, die man daher in besonders großen Mengen in überwinternden Pflanzenteilen (oft unterirdisch: Wurzeln oder Wurzelstöcke, etwa bei Kartoffeln oder Ingwer) findet, aber natürlich auch in Samen (Getreide).

Lipide:

Lipide sind allgemein als Fette und Öle bekannt; zwischen diesen beiden Begriffen gibt es keinen anderen Unterschied als nur den Schmelzpunkt. Lipide sind eine sehr effiziente Form, Energie zu speichern und treten im Pflanzenreich vor allem in Samen auf. Pflanzenöle bestehen fast ausschließlich aus Triglyceriden, also Estern des Alkohols Glycerin mit drei Molekülen Fettsäuren. Fettsäuren sind langkettige Carbonsäuren, deren Kettenlänge zwischen 12 (Laurinsäure) und 22 (Behensäure) schwankt; längere oder kürzere Ketten treten selten in relevanten Mengen auf. Pflanzen können keine Fettsäuren mit ungerader Kohlenstoffanzahl herstellen.

Beispiele für ungesättigte Fettsäuren sind Öl-, Linol- und Linolensäure mit einer, zwei bzw. drei C=C-Doppelbindungen. Linolensäure ist für den Menschen essentiell, und in den vergangenen Jahren hielt man große Zufuhr von Linolensäure für ein geeignetes Mittel (und oft für ein Wundermittel), um Krankheiten, die aus einem gestörten Lipidstoffwechsel resultieren, zu verhindern. Neuere Arbeiten deuten jedoch darauf hin, daß die Rolle der einfach ungesättigten Ölsäure bisher unterschätzt wurde.

Die Bedeutung der Öle in der Küche liegt außer in ihrem Eigengeschmack vor allem darin, daß sie ein hervorragendes Kochmedium für Zubereitung bei hohen Temperaturen abgeben, wobei braune, knusprige und wohlschmeckende Oberflächen erzielt werden. Sie haben jedoch noch einen weiteren Vorteil: Fast alle Pflanzeninhaltsstoffe sind eher fettlöslich (lipophil) als wasserlöslich (hydrophil). Das erklärt den geschmacksverbessernden Einfluß kleiner Mengen Fett in fast allen Speisen, da die Geschmacksstoffe besser aus den Gewürzen herausgelöst werden und sich dann besser in der Speise verteilen. Kurzes Anbraten der Gewürze in Fett (wie in Indien praktiziert) ist dabei besonders effektiv, da die hohe Temperatur noch zusätzlich unterstützend wirkt.

Für Details über Gewinnung von Pflanzenölen und unterschiedliche Qualitäten, siehe Sesam. Weitere Ölpflanzen, die auf diesen Seiten besprochen werden, sind Olive, schwarzer Senf, Mohn, Kokos und Saflor.

Über Etymologien

Ich habe mich bemüht, etymologische Worterklärungen zu den Namen von Gewürzen zu geben, wann immer ich welche fand. Verschiedene Quellen machen hier oft erstaunlich widersprechende Aussagen, und in vielen Fällen ist der Name von Gewürzen überhaupt nicht erklärbar. Sehr oft haben sich griechische oder lateinische Namen durch die Apotheker des Mittelalters über ganz Europa verbreitet, aber das macht es uns nur noch schwerer, den Ursprung des antiken Namens herauszufinden.

Besonders bei im Mittelmeerraum heimischen Pflanzen stellen wir sehr oft fest, daß sich der Name eines Gewürzes nur bis zum Griechischen zurückverfolgen läßt; oft nimmt man Entlehnung aus einer semitischen Sprache (etwa dem Phönikischen) an, in vielen Fällen aber existiert überhaupt kein Zusammenhang zwischen dem Pflanzennamen und irgendeiner bekannten Sprache. Das heißt nun natürlich nicht, daß die Griechen den Pflanzennamen willkürlich gebildet hätten, sondern sagt nur aus, daß wir die Sprache, der sie ihn entnahmen, nicht mehr kennen. Die Griechen selbst sind Einwanderer, die erst im zweiten vorchristlichen Jahrtausend nach Griechenland kamen und die Urbevölkerung graduell verdrängten; es erscheint sinnvoll, daß sie die Namen von Pflanzen, die sie erst in ihrer neuen Heimat kennenlernten, aus der Sprache der dortigen Bevölkerung entnahmen. Unseligerweise ist uns von dieser Sprache nicht das Geringste bekannt. Zu den Pflanzennamen, für die ein vorgriechischer Ursprung angenommen wird, gehören etwa Krokus, Olive, Majoran, Minze, Rose und Petersilie. Ein weiteres Beispiel ist Lotus.

Eine zusätzliche Komplikation tritt durch das Phänomen der volksetymologischen Umdeutung auf: Ein Name, der dem Sprecher unklar ist, wird an ein zufällig ähnliches Wort angelehnt. Dazu gibt es mannigfaltige Beispiele aus allen Sprachen: So wurde etwa unser Wort Orange vom italienischen arancio entlehnt, aber der Anfangsvokal verdunkelte sich unter dem Einfluß von französisch or Gold, das zwar linguistisch überhaupt nicht verwandt aber eine naheliegende Assoziation für eine goldgelbe Frucht ist. Doch nicht nur Fremdwörter und Entlehnungen geraten gerne unter den Einfluß anderer Wörter, auch alte deutsche Ausdrücke werden oft umgedeutet: So leitet sich Beifuß weder von bei noch von Fuß ab, sondern geht auf ein althochdeutsches Verb bivouz stoßen zurück, von dem jedoch heute keine Ableitungen mehr existieren.

Das Wechselspiel von Entlehnung und Umdeutung kann sich durchaus mehrere Male in verschiedenen Sprachen wiederholen, oft mit skurrilen Resultaten. Warum heißt Kren auf englisch horseradish, also Pferde-Rettich? Die Antwort ist, daß das norddeutsche Meerrettich, seinerseits eine Umdeutung aus Mehr-Rettich, im Englischen als mare radish Stuten-Rettich fehlinterpretiert wurde; da mare Stute ziemlich antiquiert ist, wurde Meerrettich schließlich als horseradish ins Englische übernommen (Lehnübersetzung).

Bei all dem Gesagten wundert es nicht, daß Etymologien eine unsichere Sache sind. In vielen Fällen werden mehrere plausible Theorien angeboten, in anderen Fällen nur eine einzige, die jedoch ziemlich wenig glaubwürdig ist. Trotzdem vermitteln Etymologien oft einen erstaunlichen Einblick in bereits frühzeitige Beziehungen zwischen Völkern - etwa, wenn wir lernen, daß der Name Senf (mit einigen Fragezeichen) aus dem Grenzgebiet von Afghanistan und Türkmenistan stammt und somit Zeugnis für ehemalige Nähe zwischen heute bereits sehr fernen Regionen ablegt.

Über Rezepte

Vielleicht werde ich diese Site auch einmal mit einer Sammlung von Rezepten ausstatten; fürs erste ist das aber nicht geplant. Das hat mehrere Gründe:

  1. Zuerst einmal gibt es im Internet mehr Rezept-Sites als selbst der eifrigste Koch in einer Lebenszeit durchprobieren kann (eine kleine Auswahl findet sich bei meinen Web-Pointern). Ehrlich gesagt, ich sehe keinen Grund, dieses Überangebot noch zu vergrößern, zumal ich beim besten Willen nicht erkennen kann, was an meinen Rezepten so neuartig und singulär wäre, daß ich dieser Konkurrenz gewachsen sein könnte.

  2. Ich nehme einmal an, daß jeder, der sich ernsthaft für Kochen interessiert, ohnehin bereits Kochbücher in seinen bevorzugten kulinarischen Richtungen daheim stapelt. Was sollte ich dem hinzufügen?

  3. Entscheidender als die beiden ersten Punkte ist aber, daß ich Rezepte als gar nicht so wichtig empfinde. Rezepte sind Aneinanderreihungen von Arbeitsschritten, die man einerseits technisch beherrschen muß und andererseits in ihrer Auswirkung auf das fertige Gericht überblicken muß. Mir kommt es hauptsächlich darauf an, meinen Lesern das Wissen über einige entscheidende Punkte zu vermitteln: Was für ein Gewürz paßt dazu? Wie setze ich es ein? Mit welchen anderen Zutaten und Gewürzen harmoniert es? Wann setze ich es der Speise zu? Welche Gartechnik (Kochen, Braten, Frittieren, Backen, …) ist am besten? Der Rest ist zu gutem Teil Improvisationstalent, Geschmackssinn und Wagemut (nicht notwendigerweise in dieser Reihenfolge).

Faktenwissen ist besonders wichtig, wenn Sie authentisch kochen wollen. Gerade dann ist es notwendig, selbständig das richtige Fett, die richtigen Gemüse und die richtigen Gewürze auszuwählen – auch ohne Rezept werden Sie dann den Urlaubsgeschmack wieder herbeikochen können. Aus diesem Grund habe ich in meinen Artikeln mehr Wert auf Zusammenhänge als auf einzelnen Rezepte gelegt.

Es sollte auch klar sein, daß meine sporadischen Angaben zur Zubereitung einzelner Speisen keine Rezepte ersetzen können und sollen – über italienisches pesto kann und soll man sehr viel mehr sagen, als daß es aus miteinander verriebenen Pinienkernen, Olivenöl, Knoblauch, Parmesan und Basilikum besteht. Es geht mir bei solchen Angaben darum, den Leser einen groben Eindruck von einer gewissen Kochtradition zu vermitteln und vielleicht Interesse dafür zu wecken, nicht aber, ihm einzelne zusammenhanglose Rezepte einzutrichtern. Wenn Sie, statt die obengenannten fünf Komponenten zusammenzurühren und sich vom Resultat unangenehm überraschen zu lassen, ein Buch über italienische Küche kaufen und es aufmerksam durchlesen, dann habe ich mein Ziel erreicht.

Über gemahlene Gewürze

Letztlich will ich auch noch in einer alten Streitfrage Stellung beziehen: Sollte man Gewürze ganz kaufen und erst vor Gebrauch mahlen oder sollte man sich gleich an Gewürzpulver halten?

Für die Verwendung industriell gemahlener Gewürze spricht vor allem, daß die Gewürzmühlen ihr Mahlgut beim Mahlen kühlen, sodaß ein Verdampfen flüchtiger Aromastoffe besser vermieden wird als in einer umfunktionierten Kaffeemühle. Außerdem mahlen diese Mühlen staubfein, wodurch eine höhere Oberfläche und damit eine größere Ergiebigkeit gewährleistet sind. Dagegen läßt sich anführen, daß genau diese höhere Oberfläche bei längerer Lagerung zu großen Geschmacksverlusten führt, und zwar einerseits durch Verdampfen der flüchtigen Inhaltsstoffe und andererseits durch Oxidation an der Luft.

Der Aromaverlust gemahlener Gewürze ist kein akademisches Problem, das nur die empfindlichsten Zungen bemerken, sondern ein dramatisch schneller Prozeß: Ganze Gewürznelken kann ich jahrelang verwenden, auch wenn ich die Mengen nach einiger Zeit leicht hinaufsetzen sollte; selbst nach fünf Jahren ist mehr als die Hälfte des ätherischen Öls noch vorhanden. Gemahlene Gewürznelken sind bereits nach einem Jahr so geschmacklos, daß man mit ihnen effektiv nicht mehr kochen kann. Natürlich kann man die Haltbarkeit von Gewürzen durch geeignete Behälter (trocken, licht- und luftdicht) und gute Lagerbedingungen (kühl) erhöhen, aber wer will schon seine Gewürzdosen festverschraubt und zur Sicherheit in Kunststoff eingeschmolzen im Kühlschrank lagern (abgesehen davon, daß er dann Probleme mit Kondensationsfeuchtigkeit bekäme)?

Deshalb meine ich, daß gemahlene Gewürze nur bei großem Verbrauch, der einen Neukauf alle zwei bis drei Monate erforderlich macht, wirklich sinnvoll sind; aber das ist unter Haushaltsbedingungen wohl kaum der Fall. Die meisten Gewürze lassen sich in Kleinstmengen mit einem Mörser (bitte nicht aus Metall!) und ab Teelöffelmengen bequem in der Kaffeemühle (schaffen Sie sich besser eine zweite an, sonst schmeckt Ihr Frühstückskaffee merkwürdig) zerkleinern. Auch wenn das Pulver nicht so fein ist wie gekauft, macht doch die größere Frische diesen Nachteil mehr als wett.

Manche Gewürze lassen sich schlecht pulverisieren. Dazu gehören die harten Wurzelstöcke der Ingwergewächse (Ingwer, Galgant und Curcuma) und einige andere holzige Pflanzenteile, wie Zimt (noch mehr chinesischer Zimt) und Sternanis. Wenn man diese Gewürze überhaupt gemahlen verwenden will (was vor allem auf die Wurzelstöcke zutrifft), dann sollte man sie entweder gemahlen kaufen oder manchmal mühsam größere Mengen auf Vorrat zerkleinern.

Einige wenige Gewürze werden praktisch immer gemahlen in den Handel gebracht, wobei der Gewürzpaprika das wichtigste Beispiel ist. Hier ist besonders auf raschen Verbrauch zu achten. Dasselbe gilt auch für pulverisiert verkaufte Gewürzmischungen.


Alle Artikel und Indizes dieses Gewürzlexikons sind sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch verfügbar. Jedes deutsche Dokument enthält nur Links auf andere deutsche Dokumente, außer einem, der auf seine eigene englische Übersetzung zeigt. Beide Versionen, die englische und die deutsche, stimmen inhaltlich vollkommen überein (oder sollten das zumindest tun).


Benützen Sie die folgenden Indizes, um in meiner Gewürzsammlung einzelne Pflanzen aufzufinden:


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