Orangenbäume tragen gleichzeitig Blüten und Früchte |
Orangenbaum mit Blüten und Früchten |
Orangen werden heute auf der ganzen Welt angebaut,
sofern das Klima es zuläßt; sie werden frisch gegessen oder als
Quelle für Orangensaft genutzt, der zu verschiedenen Getränken
verarbeitet wird. Außerdem dienen sie als Gewürz für
süße und salzige Speisen. Dabei kommen drei verschiedene
Pflanzenteile zur Anwendung: Orangenblüten, Orangensaft und
Orangenschale, womit nur die äußere, orangegefärbte
Schicht der Fruchtschale gemeint ist (Zeste
). Diese drei Produkte haben
verschiedenen Geschmack und können einander nicht ersetzen.
Am bedeutendsten ist die geriebene Schale, die man in Europa gern für Süßigkeiten und Kuchen verwendet, die sich aber auch für Fleisch und Fisch durchaus eignet. Bei der Dosierung empfiehlt sich Vorsicht, da die Gerichte sonst leicht parfumiert und auch bitter schmecken. In Südfrankreich (Provence) fügt man dem Gewürzstrauß (bouquet garni, siehe Petersilie) oft auch ein Stück Orangenschale hinzu, bevorzugt Bitterorange, da diese den feineren Geschmack hat.
Man kann Orangenschale ähnlich wie Zitronenschale zum Unterdrücken eines allzu kräftigen Eigenaromas verwenden; allerdings ist die Orange außer für Fisch und Fleisch besonders für Innereien geeignet, deren etwas strengen Geschmack sie angenehm beeinflußt. Bei der Dosierung muß man unbedingt Fingerspitzengefühl walten lassen. Siehe auch Estragon über sauce maltaise, eine mit frischer Orangenschale gewürzte Buttersauce.
Im Fernen Osten verwendet man Orange nicht allzu häufig. Allerdings benutzen einige chinesische Gerichte Orangenfruchtfleisch, -saft oder -schale zum Aromatisieren von Fleisch, üblicherweise zusammen mit scharfen Chilies und Sichuanpfeffer. Ein interessantes Beispiel dafür ist au larm, ein würziger Eintopf aus dem Hochland von Sichuan. Dazu wird grobgeschnittenes Rindfleisch zwei bis drei Stunden mit Sternanis, frischem Ingwer und Orangenschale in wenig Wasser gekocht; etwa eine halbe Stunde vor dem Garende setzt man in Öl kurz angebratenen Sichuanpfeffer und schwarzen Pfeffer zusammen mit Sojasauce zu. Au larm schmeckt aromatisch und würzig, aber nicht brennend scharf.
Reife Bitterorangen |
Auch die chinesischen master sauces werden oft mit Orangenschale parfumiert; siehe dazu chinesischen Zimt. Mandarinenschale ist ein Bestandteil der japanischen Gewürzmischung shichimi togarashi (siehe Sichuanpfeffer). Man kann die Mandarinenschale ohne weiteres durch Orangenschale ersetzen, obwohl letztere etwas bitterer ist.
Orangenblütenwasser (ma (az) zahr, ma (al) zer,
ma (al) zaher oder ähnliche Schreibung
[ماء زهر,
ماء الزهر], oft als Blütenwasser
im Handel)
ist ein wohlriechendes Destillat aus den Blüten
des Bitterorangenbaums und wird in Nordafrika und Westasien gerne zum
Aromatisieren von Salaten oder sehr süßer Desserts verwendet.
Im Libanon trinkt man es auch, mit Wasser verdünnt und gezuckert,
als Genußmittel (qahwa baida [قهوة بيضاء] weißer Kaffee
).
Man kann es auch in europäischen
Süßigkeiten als ungewöhnliche Alternative zu Rosenwasser verwenden oder Fruchtgetränken,
Sirupen und Speiseeis damit einen außergewöhnlichen Geschmack
verleihen.
Aufgeschnittene Bitterorangen |
Die Bitterorange spielt nicht nur in Form von Orangeat als Backzutat eine
wichtige Rolle, sondern ist in England in Form von Orangenmarmelade (marmalade) sehr beliebt. Eine bekannte pomeranzenhaltige
Spezialität aus England ist die Cumberland-
In England nutzt man auch Orangensaft als Würzmittel für
geschmortes Fleisch, besonders Wild. Es gibt auch chinesische
(kantonesische) Rezepte mit Orangensaft als Basis für
süß–saure Saucen für im Wok schnell gebratenes Fleisch.
Am beliebtesten ist der Orangensaft in Lateinamerika. Er wird oft
in karibischen oder brasilianischen Rezepten verwendet, aber noch
wichtiger ist er in der Maya-Küche in Süd-México
(Halbinsel Yucatán). Siehe Annatto
über die Maya-Marinaden mit Bitterorangensaft (recado).
Da man Bitterorangen nicht einfach bekommen kann, schlagen viele
Kochbücher eine Mischung aus Orangen- und
Limettensaft vor; meiner Meinung nach
ist Grapefruitsaft aber noch besser geeignet.
Orangenbaum |
Das ätherische Öl der Bitterorange wird unter verschiedenen Namen gehandelt: Neroli-Öl ist die teuerste Qualität und wird aus den Blüten destilliert, Petitgrain-Öl aus den Blättern und gewöhnliches Orangenöl gewinnt man aus der Fruchtschale. Nur letzteres riecht typisch nach Orange. Alle diese Produkte sind weniger für die Küche als die Parfumindustrie bestimmt.
Letztlich ist noch die Bergamotte zu erwähnen, eine Abart der Bitterorange. Ihre hocharomatische Fruchtrinde wird zwar sehr selten zum Kochen verwendet (ist aber durchaus einen Versuch wert), sie spielt aber eine große Rolle zum Aromatisieren von Tee; so verdankt der britische Earl Grey Tee sein Aroma kleinen Stücken von Bergamottenschale. Die Bergamotte darf nicht mit der Monarde, einer Verwandten der Zitronenmelisse, verwechselt werden, die auf Englisch ebenfalls bergamot heißt.
Der Geruch nach Orangen ist im Pflanzenreich bei weitem nicht so häufig
wie der nach Zitronen; von den hier behandelten
Pflanzen könnte man allenfalls die
Chamäleonpflanze nennen. Weiters gibt von
einigen Gewürzpflanzen (Pfefferminze, Thymian) auch Kulturformen mit mehr oder minder
ausgeprägtem Orangenaroma.