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Index für Gewürze auf Tibetisch

  




Die tibetische Schrift gehört zu den kompli­ziertesten der Welt, und das hat zwei Gründe: Erstens ist Tibetisch mit den indischen Schriften verwandt und hat wie diese typo­graphisch anspruchs­volle Regeln zur Bildung von Ligaturen. Die Ligatur­bildung ist aber einfacher als bei vielen anderen indischen Schriften, da Ligaturen immer vertikal gebildet werden und sich die Buchstaben­formen dabei meist nicht wesentlich ändern. Vokal­zeichen sind diakritisch und werden über oder unter den voran­gehenden Konsonanten (bzw. Konsonanten­cluster) geschrieben; die von vielen indischen Schriften bekannten Kompli­kationen mit Glyphen­umordnung oder variablen Glyphen­formen treten dabei nicht auf, allerdings sind viele Vokal­zeichen mehrteilig.

Der zweite und schwer­wiegendere Grund liegt in der sehr historischen Natur der Recht­schreibung. Geschrie­benes Tibetisch spiegelt einen jahrhunderte­alten Zustand der Sprache wieder und läßt sich daher nicht so ohne weiteres in Laute über­setzen. Kon­sonanten sind häufig stumm oder verändern lediglich den Lautwert anderer Konsonanten im selben Cluster (in diesem Punkt können sich verschiedene Dialekte allerdings stark unterscheiden); auch ganze Silben können stumm sein; und zuletzt wird der inhärente Vokal häufig nicht gesprochen. Da die Schrift zunächst einmal nur offene Silben kennt, müssen geschlossene Silben durch zwei Schreibsilben ausgedrückt werden, z. B. min als mi-na, མིན.

Auf kuro5hin fand ich eine einfache Einführung in die tibetische Schrift. Gegen Ende verwandelt sie sich in eine amüsante Klage über die Untiefen der tibetischen Orthographie, erklärt am Beispiel des Wortes drup, das man བསྒྲུབས་ schreibt (in meinem Trans­literations­schema entspricht das ba-sgru-ba-sa). Noch Fragen?

Anders als die meisten indischen Schriften hat Tibetisch keine un­abhängigen Vokal­buchstaben für alle Vokale, sondern nur einen für den impliziten Vokal a; alle anderen Vokale werden mit diakritischen Vokal­zeichen geschrieben, die auf den voran­gehenden Konsonanen (bzw. Konsonanten­cluster) oder (am Wortbeginn) auf das Vokal­zeichen für a gesetzt werden. Alle Vokale können lang und kurz sein, wobei lange Vokale nur in Fremd­wörtern vorkommen.

Bei den Konsonanten reproduziert die tibetische Schrift die fünf Serien des Sanskrit (verlar, palatal, retroflex, alveolar und labial), fügt aber dann als sechste noch eine Serie aus vier alveolaren Affrikaten hinzu, die etwa wie deutsches z klingen. Sie werden konventionell als ts, tsh, dz und dzh umschrieben, aber in diesem Index bevorzuge ich , ṯʰ, , ḏʰ, um Verwechslung mit zufälligen Kombinationen aus Alveolar+Sibilant zu vermeiden und um klarzumachen, daß das h hier die Aspirierung anzeigt. Außerdem hat Tibetisch noch zwei stimmhafte Sibilanten, z und sein palatales Gegenstück ź (das anderswo meist als zh wiedergegeben wird, analog zu ś bzw. sh), und einen glottalen Verschlußlaut, den ich mit ʾ übertrage.

Im Unicode-Standard folgt die tibetische Schrift nicht dem indischen virama-Modell; stattdessen sind alle Konsonantenzeichen doppelt codiert, und zwar erstens als Vollbuchstabe für den Fall, daß sie alleine stehen oder erster Bestandteil eines Clusters sind (letter), und zweitens als diakritische Zeichen, wenn sie an zweiter oder späterer Stelle in einem Cluster auftauchen (subjoined letter). Das vereinfacht die Arbeit des Font-Renderers, und daher wird dieser tibetische Index auf den meisten Plattformen richtig dargestellt werden, soferne irgendein tibetischer Font installiert ist und der Browser diesen finden kann (letzteres scheint ein ziemliches Problem mit Internet Explorer zu sein). Falls Sie einen tibetischen Font installieren wollen, so ist Jomolhari [ཇོ་མོ་ལྷ་རི་] eine gute Wahl.

Die Transkription des Tibetischen ist wegen seiner historischen Orthographie schwierig. Hier in diesem Index verwende ich eine Transliteration, die das geschriebene Tibetisch exakt abbildet, indem die Konsonantencluster genau wiedergegeben sind; die Aussprache läßt sich daraus freilich nur mit Glück erschließen. Im Tibetischen dient ein kleiner Punkt oben (tsheg [ཚེག་], das tsh ist der bei mir als ṯʰ transkribierte Laut) zur Markierung der Morphemgrenzen, während Wortgrenzen unbezeichnet bleiben; in der Umschrift wird die Morphemgrenze durch ein Leerzeichen ausgedrückt, während die Bestandteile mehrsilbiger Morpheme (oder zwei Schreibsilben, die zusammen eine geschlossene Sprechsilbe darstellen) durch Bindestriche miteinander verbunden werden. In den Gewürzartikeln sind die tibetischen Wörter oft mehrfach transkribiert, wobei zumindest eine Transkription der modernen Aussprache nahekommen sollte.

Die tibetische Schrift existiert in zwei unterschiedlichen Stilen, die in Unicode nicht unterschieden werden: Auf dem Computer sehen Sie aller Wahrscheinlichkeit nach die zum Buchdruck geeignete Variante u-chen [དབུ་ཅན་] mit eckigen Buchstabenformen, während handschriftliche Notizen meist in der etwas kursiven Form u-mey [དབུ་མེད] erfolgen. Die Schreibung dieser beiden Termini illustriert ziemlich deutlich die Tücken der tibetischen Orthographie.

Die tibetische Schrift wird heute für einige verwandte Sprachen des Himalaya-Gebietes verwendet; außer dem eigentlichen Tibetisch [བོད་སྐད་] und seinem engen Verwandten Ladakhi [གླེ་སྐད་] gebraucht man sie auch für Dzongka [རྫོང་ཁ་], die Nationalsprache Bhutans, und gelegentlich für einige schlecht verschriftlichte Minderheitensprachen in Nepal. Angeblich ist sie auch für Balti in Pakistan in Gebrauch. Daher könnte dieser Index in Zukunft zu einem mehrsprachigen ausgebaut werden. Wenn Sie eine entsprechende Sprache beitragen können, dann lassen Sie es mich bitte wissen.

Als kleinen Anfang biete ich immerhin ein paar Gewürznamen in der Dzongkha-Sprache. Sie stammen von einer zufälligen Begegnung mit drei bhutanesischen Damen in einem Waggon der Indian Railways, und ich bin mir gar nicht sicher, ob ich die dahingekritzelten Buchstaben immer richtig interpretiert habe. Daher bitte mit großer Vorsicht genießen!



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