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Reifer Muskatpfirsich
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Muskatbaum mit fast reifen Früchten
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Muskatnuß und -blüte wurden in Europa
wegen der sehr geringen natürlichen Verbreitung des Muskatbaums
erst recht spät (erstmals
im 11. Jahrhundert) durch arabische Händler bekannt; es wurde zuerst vor
allem zum Aromatisieren von Bier verwendet (siehe Gagel). Man nahm an, das Gewürz stamme aus
Indien.
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Blick auf Banda Neira vom Hafen
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Obwohl Muskatgewürze ab dem 13. Jahrhundert in Europa
regelmäßig verfügbar war, so wurde der Handel doch erst im
16. Jahrhundert wirklich bedeutend, als nämlich portugiesische Schiffe nach
Indien und noch weiter, zu den berühmten Gewürzinseln (Molukken,
heute die Provinz maluku in Ostindonesien), segelten. Im
17. Jahrhundert konnten die Holländer
ähnlich wie bei Gewürznelken ein vollständiges Monopol
erlangen, das wegen der Abgelegenheit der Banda-Inseln, dem einzigen
natürlichen Vorkommen des Muskatbaums, leicht aufrechtzuerhalten war.
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Das holländische Fort Belgica, im Hintergrund der Vulkan Gunung Api
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Blick auf Banda Neira vom Hafen
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VOC-Münze
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Die Eingeborenen waren nicht willens, mit der
Kolonialverwaltung unter dem Generalgouverneur
Jan Pieterszoon Coen zu
kooperieren, und wurden nahezu ausgerottet: Nur ein paar hundert der zuvor
15000 Bandanesen überlebten den Krieg 1621 und flohen auf den
südlich gelegenen Tanimbar-Archipel. Arabische Händler und
chinesische Arbeiter wurden angesiedelt und die Plantagen teilweise von Sklaven
bewirtschaftet; damit blieb das Muskatgeschäft trotz der großen
Kriegsausgaben immer noch enorm lukrativ, zumal Muskatnüsse im Europa des
17. Jahrhunderts äußerst gefragt waren und die Preise von der
holländischen Ostindien-Gesellschaft (Vereenigde
Oostindische Compagnie, VOC) nach Belieben diktiert werden konnten. Die
Preise verfielen erst im 18. Jahrhundert, als die Franzosen einige
geschmuggelte Muskatpflanzen weiterzüchten konnten und somit das
holländische Monopol zu Fall brachten.
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Straßenlaterne in Banda Neira
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Denkmal für Muskat und Nelke am Hauptplatz von Ternate
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VOC-Münze
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Die wechselhafte Geschichte des Muskats läßt sich noch erahnen, wenn
man die Banda-Inseln heute besucht: Eine ethnisch bunt gemischte
Bevölkerung, ein chinesischer Tempel gleich neben der Moschee,
Straßenlaternen mit Sockeln in der Form von Muskatnüssen,
schöne koloniale Villen, ein das Stadtbild beherrschendes
holländisches Fort (benteng belgica) und das
Stadtmuseum mit im gemütlichen
Kolonialstil eingerichteten Stuben einerseits und Bildern der
holländischen Kriege andererseits erzählen aus einer Zeit, als Banda
Neira (die Hauptinsel des Archipels) Zentrum holländischer
Machtentfaltung in Ostindien war — und nicht ein verträumtes,
wunderschönes Inselchen abseits jeglicher Aktualität und Bedeutung,
wie heute.
Heute ist auch die Bedeutung der Muskatnuß als Gewürz gesunken, und
sie wird heute hauptsächlich in arabischen Ländern, dem Iran und
Nordindien geschätzt. Die nordindische Gewürzmischung garam masala kann, besonders in ihrer mogulischen Variante,
Muskatnuß oder Muskatblüte enthalten (siehe Kreuzkümmel), und man findet Muskatgewürze
auch in den Gewürzmischungen Marokkos (ras el hanout,
siehe Kubebenpfeffer) und des benachbarten
Tunesien (gâlat dagga, siehe Paradieskörner) sowie im saudiarabischen baharat (siehe Paprika).
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Straßenlaterne in Banda Neira
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Denkmal für Muskat und Nelke am Hauptplatz von Ternate
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In westlichen Ländern bevorzugt man Muskat für süße
Speisen, z. B. Kuchen, Kekse (Lebkuchen) und Kompotte; Muskatnuß
verträgt sich auch gut mit Käse, etwa im Schweizer Fondue oder in der französischen Sauce Béchamel.
Ein besonderer Klassiker ist mit Muskat
gewürzter Spinat, wie man ihn beispielsweise in Italien für
Nudelfüllungen verwendet. Am beliebtesten ist Muskat jedoch in Holland
geblieben, wo man Muskat und Macis gerne für Kohl, Kartoffeln und
anderes Gemüse verwendet, aber auch für Fleisch, Suppen,
Eintöpfe und Saucen.
Muskat ist die typische Würze für sauce
Béchamel (Weiße Sauce), die trotz ihres französischen
Namens heute in vielen europäischen Küchen eine Rolle spielt.
Man dispergiert Mehl in geschmolzener Butter (dabei darf die Temperatur nicht
so hoch steigen, daß das Mehl bräunt), gießt mit warmer Milch
auf und kocht, bis die Sauce andickt; die einzigen Gewürze sind geriebene
Muskatnuß und gemahlener weißer Pfeffer.
Béchamel-Sauce wird selten als selbständige Sauce serviert;
stattdessen findet sie oft in überbackenen Speisen Anwendung. Dafür
eignet sie sich besonders gut, weil sie beim Backen eine delikate goldgelbe
Kruste entwickelt, besonders, wenn man sie mit etwas Käse (z. B.
parmigiano) bestreut.
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Muskatbaum
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Muskatsame
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In Italien versteht man unter lasagna eine geschichtete
Speise aus Nudelblättern und einer Fülle, die mit einer Sauce
übergossen und überbacken wird. Die meisten Rezepte verwenden
dazu Béchamelsauce, aber es gibt auch lasagne (vor allem vegetarische), die
stattdessen mit einer fruchtigen Tomatensauce zubereitet werden. Typische
Füllungen für lasagne sind eine Fleischsauce
(ragù alla Bolognese) oder gekochter Spinat.
Griechisches
mousaka [μουσακά],
ist eine ähnliche Speise aus einer
feingewürzten Fleischmasse und Gemüse, zumeist Auberginenscheiben,
die mit einer speziellen Béchamel-artigen Sauce übergossen und
danach überbacken wird. Die Sauce enthält gegenüber dem
Grundrezept noch Ei und Käse, was sie weniger flüssig macht und
beim Backen eine phantastisch schmackhafte Kruste ergibt.
Die klassische französische Gewürzmischung quatre
épices (Vier Gewürze
) enthält Muskatnuß neben
Ingwer, Gewürznelken und größeren Mengen an weißem Pfeffer (manche Rezepte nehmen schwarzen
Pfeffer), mitunter auch etwas Zimt oder Piment. Die Komponenten werden fein miteinander
vermahlen. Mit diesem Pulver würzt man meist Fleischspeisen, besonders
solche, die längere Zeit geköchelt werden, wie etwa Eintöpfe und
Ragoûts, sowie Würste und Pasteten. Der Charakter dieser Mischung ist der
eines durch andere Gewürze verstärkten
Pfeffers; man kann sie
daher immer verwenden, wenn schwarzer Pfeffer
vorgeschrieben ist, man jedoch ein volleres Aroma erreichen möchte.
Da heutzutage ein beträchtlicher Teil der Muskaternte in Grenada
eingebracht wird, haben auch etliche karibische Küchen die Muskatnuß
adoptiert. In Grenada selbst ist dieses Gewürz
allgegenwärtig — es gibt sogar Speiseeis mit Muskatgeschmack
(siehe dazu auch Vanille)! Muskat ist ein optionaler
Bestandteil einer bekannten karibischen Würzpaste, dem jamaicanischen jerk (siehe Piment).