Ingwerpflanze mit Rhizom |
Ingwerpflanze |
Ingwer ist weltweit eines der wichtigsten und geschätztesten Gewürze, wie bereits die lange Liste an Synonymen anzeigt. Die Pflanze wird heute in den tropischen Ländern aller Kontinente angebaut und spielt den Küchen aller Anbauländer eine große Rolle. Lediglich in Europa ist er noch nicht so verbreitet, obwohl er vor zweitausend Jahren recht beliebt war (siehe auch Silphion über den Geschmack des alten Rom). Frischer Ingwer, den man auch als grünen Ingwer bezeichnet, ist heutzutage im Westen leicht erhältlich.
Viele Menschen schätzen den frischen Ingwer roh, und das ist auch die im Fernen Osten bevorzugte Form: Frischer Ingwer wird gerieben oder fein gehackt, manchmal auch in Wasser eingeweicht, und dann den Gerichten ohne langes Kochen beigegeben. Diese Verwendungsart bewirkt einen frischen, würzigen und scharfen Geschmack, der besonders zu kalten, salatartigen Speisen paßt. Beispiele dieser Art sind chinesische Salate aus gekochten Spinatblättern (jiang-zhi bo-cai [姜汁菠菜]) oder grünen Bohnen (suan-rong jiang-dou 蒜蓉豇豆]), manche Newari-Speisen in Nepal (siehe Knoblauch) und der japanische Tofu-Salat hiya yakko [冷や奴, ひや やっこ] (siehe weiter unten).
Wenn frischer Ingwer lange gekocht wird, steigt seine Schärfe, aber das frische Aroma geht zurück. Thailändische Köche fügen geriebenen Ingwer zusammen mit anderen Zutaten (in Form von Currypasten, siehe Kokos) ihren cremigen Kokosnußcurries hinzu. Indonesier verwenden gerne Gewürzpasten aus frischen Chilies und Ingwer, um Fleisch oder Fisch vor dem Grillen damit einzureiben (bumbu, siehe Zitronengras und kleiner Galgant für ein Beispiel aus Bali). Ingwertee, den man durch Überbrühen oder kurzes Kochen dünner Ingwerscheiben mit schwarzem Tee bereitet, ist ein würziges und gesundes Getränk, das bei tropischer Hitze (Indonesien) ebensogut schmeckt wie im kalten Himalaya (Sikkim). Manchmal wird er auch ohne Teeblätter nur mit Wasser zubereitet.
Ganz anders ist der Geschmack von gebratenem Ingwer, wie in Indien und Sri Lanka bevorzugt: Brät man gehackten Ingwer in Öl oder Butterfett (meistens zusammen mit Zwiebel und Knoblauch), so weicht die Schärfe zugunsten eines feinen und milden, subtilen Aromas (siehe auch Ajowan). Besonders die nordindische Küche macht sich diese Technik zunutze und verwendet Ingwer als Basis für feinwürzige Saucen, sowohl zu vegetarischen als auch nichtvegetarischen Gerichten. Dabei verschmilzt der Ingwergeschmack vollständig mit den anderen Aromen und tritt dezent in den Hintergrund.
In der chinesischen Küche wird frischer Ingwer sowohl gekocht als auch
gebraten verwendet. Viele Gerichte mit langer Zubereitungszeit enthalten in
Scheiben geschnittenen Ingwer, der erst bei langem Kochen seinen Geschmack
völlig abgibt (siehe Orange und chinesischer Zimt für Beispiele); dagegen
verwenden unter Rühren in sehr heißem Öl gebratene Speisen
(englisch stir-fries, chinesisch chao oder chow [炒])
normalerweise fein gehackten oder sogar geriebenen Ingwer.
Junger Ingwerpflanze mit teilweise oberirdischem Rhizom |
Ein bekanntes Gericht der letzteren Art ist gong bao ji ding (ältere Umschrift kung pao [宫保雞丁]): Hühnerfleisch (oder anderes Fleisch) wird erst mit Sojasauce und Reiswein mariniert und dann unter heftigem Rühren in rotem Chiliöl gebraten; man fügt noch reichlich Ingwer, etwas Knoblauch und Erdnüsse hinzu, wodurch die Speise einen speziellen Charakter erhält. Mit der großzügigen Verwendung von Chilies und frischem Ingwer illustriert dieses Gericht den Sichuan-Kochstil, der die würzigste Regionalküche Chinas ist; siehe Chilies für ein weiteres Sichuan-Rezept.
In der japanischen Küche hat Ingwer ebenfalls seinen Platz, allerdings wird er nur in kleinen Mengen verwendet; so wird etwa Hühnerfleisch durch Bestreichen mit etwas gepreßtem Ingwersaft gewürzt. Die salatartige Vorspeise hiya yakko [冷や奴, ひや やっこ] besteht aus gekühltem Bohnenkäse (tōfu [豆腐, とうふ]) mit puddingartiger, zarter Konsistenz, der mit Sojasauce, frischem, geraspeltem Ingwer und in Ringe geschnittenen grünen Frühlingszwiebeln serviert wird. In Japan kenn man zwei verschiede Arten von eingelegtem Ingwer: Beni shōga [紅生姜, 紅しょうが, べにしょうが] besteht aus nudelig geschnittenem Ingwer, der in eine mit Perillablättern rot gefärbte Lake eingelegt wird; man reicht ihn als Beilage oder Würze zu warmen Speisen. Zu sushi (siehe Wasabi) ißt man dagegen ein anderes, farbloses oder blaßrosa gefärbtes Ingwerpickle namens gari [がり, ガリ], das aus ganz jungen, blättrig geschnittenen Ingwerrhizomen hergestellt wird.
Ingwer wird heute in Afrika und Lateinamerika weithin als Exportgut angepflanzt;
dabei fand er natürlich auch Eingang in die jeweiligen Lokalküchen.
Einige Rezepte für jamaicanisches jerk (siehe
Piment) schreiben auch Ingwer vor, was kaum
verwundern kann, da der Ingwer aus Jamaica für seine ausgezeichnete
Qualität berühmt ist.
Fleischiger Blütenstand einer Ingwerpflanze |
Ingwerblüten in einem indischen Ingwerfeld |
Ginger ale (Ingwerbier) ist ein alkoholfreies
Erfrischungsgetränk, das sich in den USA großer Beliebtheit erfreut.
Es ist, ähnlich wie root beer (siehe Sassafras), kein fermentiertes Bier, sondern
lediglich ein gesüßter und kohlensäurehaltiger Pflanzenextrakt.
Tatsächlich wurde Ingwer jedoch im späten Mittelalter und in der
Renaissance durchaus auch zum Würzen von echtem,
Getrockneter Ingwer weist einen ganz anderen Geschmack auf und kann daher den frischen nicht gut ersetzen. Getrockneter Ingwer ist eine optionale Zutat zum Currypulver (siehe Curryblätter) und sogar zum chinesischen Fünf-Gewürze-Pulver (siehe Sternanis); weiters findet man ihn in der äthiopischen Mischung berbere (siehe langer Pfeffer). Ein indonesisches Rezept mit getrocknetem Ingwer ist beim großen Galgant erwähnt.
Man verwendet getrockneten Ingwer nur selten in den Gegenden, in denen das Gewürz auch frisch zur Verfügung steht. Der Geschmack ist eher aromatisch als scharf, und getrockneter Ingwer hat einige Anwendung für würziges Gebäck in Europa und vermag auch viele pikante Suppen und Saucen der europäischen Küche zu bereichern. Er ist allerdings ein bißchen aus der Mode gekommen und wird deshalb selten in neueren Kochbüchern erwähnt, doch hat er sich in der französischen Küche in Form der auf barocke Vorbilder zurückgehenden Gewürzmischung quatre épices bis zum heutigen Tag behaupten können (siehe Muskat).
In den Küchen des Nahen Ostens spielt Ingwer keine besondere Rolle; verwunderlicherweise taucht
Ingwer (az-zanjabil [الزـَّنـْجـَبـِيل])
jedoch im Koran auf,
und zwar als eine der beiden Düfte des Paradieses: Die Seligen trinken aus
dem Brunnen salsabil [سـَلـْسـَبـِيل].
mit Ingwer gewürztes Wasser. Die wärmende Wirkung des Ingwers und
der kühlende Effekt von Kampfer (al-kafur [الكـَافـُور])
in einer anderen Quelle dienen dabei als Metapher für den Schutz vor Kälte und Hitze.
Zu den wenigen anderen im Koran genannten Gewürzen gehören
Olive (az-zaitun [الزـَّيـْتـُون]),
Knoblauch (al-fum [الفـُوم]),
Zwiebel (al-basal [البـَصـَل]) und
Granatapfel (ar-rumman [الرـُّمـَّان]).
Siehe letzteren für eine ähnliche aber viel längere Aufstellung biblischer Gewürze.