Wilder Currybaum mit Blüten |
Currybaum mit reifen Früchten
© Liz Thomas |
Curryblätter werden in Südindien und Sri Lanka in großem Umfang verwendet (und sind für den authentischen Geschmack ganz unentbehrlich), sind aber auch im Norden Indiens von einiger Bedeutung. Zusammen mit Einwanderern aus dem südlichen Indien erreichten die Curryblätter auch Malaysia, Südafrika und die Insel Réunion. Außerhalb des indischen Einflußgebietes sind sie auch heute noch ziemlich unbekannt.
Currypulver ist eine britische Erfindung, um den Geschmack indischer
Speisen mit geringem Aufwand zu imitieren. Laut Literatur enthalten einige
Mixturen für Currypulver tatsächlich Curryblätter, aber
wahrscheinlich nur aus historischen oder linguistischen Gründen; ihren
Geschmack verlieren die getrockneten Blätter nämlich nach ein paar
Tagen. Ein typisches Currypulver sollte seinen Geschmack hauptsächlich von
geröstetem Kreuzkümmel, geröstetem
Koriander, schwarzem
Pfeffer, Chilies und geröstetem Bockshornklee erhalten; dazu können weitere
indische Gewürze wie Ajowan, getrockneter
Ingwer, Sellerie (als
Ersatz für das indische Gewürz radhuni) und auch
Salz treten; die meisten Rezepturen enthalten auch Mehl von leicht
gerösteten Linsen, Erbsen oder Kichererbsen, und kleinere oder größere Mengen von
mogulischen (süßen) Gewürzen (Zimt,
Gewürznelken,
indische Lorbeerblätter
und grüner Cardamom). Die typische gelbe Farbe
stammt von der reichlich zugefügten Curcuma.
In Indien ungebräuchliche Gewürze wie
Galgant, Kümmel,
Piment und Zitwer
sollten meiner Meinung nach in einer Mischung, die in irgendeiner Form
indisch
schmecken soll, eigentlich nicht auftauchen, aber trotzdem
findet man sie gelegentlich in Rezepten für Currypulver.
Es muß aber klar festgehalten werden,
daß Currypulver kein traditionelles Rezept ist; daher gibt es
keinen Konsens über die zu verwendenden Zutaten, und es steht jedem
Händler frei, seine eigene Mischung anzubieten.
Blüte des Currystrauchs |
Blühender Currybaum
© Liz Thomas |
Aufmerksamen Lesern wird vielleicht aufgefallen sein, daß sich die Zutatenliste für Currypulver im vorigen Absatz fast wie eine Kompromißvariante zwischen dem südindischen sambar podi und dem nordindischen garam masala liest (für die beiden Gewürzmischungen siehe Koriander bzw. Kreuzkümmel). So ist die Verwendung gerösteter Hülsenfrüchte typisch südindisch, während die Gewürzauswahl eher auf den Norden deutet. Tatsächlich ist jedoch der Versuch, die ganze Breite der indischen Küche durch eine einzige Gewürzmischung repräsentieren zu wollen, zum Scheitern verurteilt; in Indien werden Gewürzmischungen meist für jedes Gericht einzeln zusammengestellt und sofort verbraucht, wodurch jede Speise ihren eigenen, unverwechselbaren Geschmack erhält. So gehört Curry weniger zur indischen als zur britischen oder internationalen Küche; wer authentisch indisch kochen will, wende sich echt indischen Gewürzmischungen oder noch besser den entsprechenden Einzelgewürzen zu. Currypulver wurde von den europäischen Kolonialmächten in einige Länder des Fernen Ostens eingeführt und spielt heute eine bescheidene Rolle in China, Indonesien und besonders Vietnam.
Während es in Indien kein Currypulver gibt, hat Sri Lanka tatsächlich eine weitverbreitete Gewürzmischung, die dem europäischen Produkt etwas ähnelt; sie enthält aber keine Curcuma und ist daher braun gefärbt.
In srilankanischem Englisch heißt die Mischung einfach curry powder,
auf sinhalesisch tunapaha kudu [තුනපහ කුඩු]
und auf Tamil karittul [கறித்தூள்]
oder einfach masala tul [மசால தூள்].
Eine maximal geröstete Version heißt
baedapu tunapaha kudu [බැදපු තුනපහ කුඩු]
oder varutta karittul [வறுத்த கறித்தூள்] roasted curry powder
und enthält zusätzlich geröstete Reiskörner für vertieften Bratgeschmack.
In jedem Fall besteht srilankanisches Currypulver aus verschiedenen vor dem Mahlen gerösteten Gewürzen
(Kreuzkümmel, Koriander, Fenchel, Zimt,
Nelken, Pfeffer und Chili); die typisch gelbe
Farbe des anglo–indischen Currypulvers fehlt, da nur wenig Curcuma enthalten ist, und außerdem kommen
im Rezept keine Hülsenfrüchte vor.
Diese Mischung findet man auch auf einigen Karibikinseln, wo sie oft nach der Fast-Hauptstadt Sri Lankas Colombo powder oder poudre de Colombo heißt.
Curryblätter können enthalten sein (in der Karibik eher nicht), sind aber nicht geschmacksbestimmend.
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Currybaum mit unreifen Beeren |
Curryblätter werden immer frisch verwendet. Häufig brät man sie mit anderen Gewürzen zu einer Würzpaste (baghar, siehe Zwiebel), die im Verlauf des weiteren Kochvorgangs die Speise aromatisiert; in Südindien kommen Curryblätter auch oft in tarka-ähnliche Zubereitungen, mit denen Speisen vor dem Sevieren gewürzt werden (siehe dazu bei Ajowan). Da die südindische Küche dominant vegetarisch ist, findet man sie fast nur in Gemüsegerichten, allen voran in dünnen Linsen- oder Gemüsecurries (sambaar [சாம்பார்]) vielen der für Südindien typischen trockenen Curries, die nur aus mit Gewürzen im Öl sautierten Gemüsestücken bestehen und auch einigen Reisspeisen wie bese bele (siehe Kokos). In Nordindien braucht man sie für Füllungen von knusprigen Teigtaschen (samosa [समोसा]). Wegen ihrer weichen Konsistenz ist es gänzlich überflüssig, sie vor dem Servieren zu entfernen; sie können gefahrlos mitgegessen werden.
Curryblätter müssen zwar immer frisch sein, aber man man sie unmittelbar vor der Verwendung in einer heißen Pfanne trocknen oder in Öl frittieren; dabei erhalten sie ihr Aroma und ihre grüne Farbe, und nehmen noch dazu eine angenehm knusprige Konsistenz an. Besonders gut in Erinnerung bleibt mir ein südindisches beef fry, das von muslimischen Köchen in Karnataka zubereitet wurde: Magere Rindfleischwürfel wurden mit Joghurt und Gewürzen mariniert (vergleichbar der nordindischen tanduri-Würzung), frittiert und mit knusprigen Curryblättern vermischt. Am häufigsten findet man diese Verwendung aber in Sri Lanka, zum Beispiel zum Garnieren der mild gewürzten Reisspeise buriyani [බුරියානි]. Solcherart vorbereitete Curryblätter lassen sich auch pulverisieren und können in Gewürzmischungen verwendet werden, allerdings ist das Aroma nicht lange haltbar.
In Sri Lanka verwendet man Curryblätter auch zum Würzen von
Hühner- und Rindfleischcurries sowie für kurz gebratenes Gemüse
mit Fladenbrotschnitzeln (kottu roti [කොත්තු රොටී].
Die srilankanische Küche ist durch fast exzessive Verwendung von
Chilies extrem scharf, zugleich aber auch sehr
aromatisch. Verglichen mit Indien, ißt man in Sri Lanka mehr
Fleisch und weniger Milchprodukte; als Grundlage für Saucen, in denen
man Fleisch oder Gemüse weichschmort, dient statt Joghurt entweder
nur Wasser oder dünne Kokosmilch.
Currybaum-Schößing |
Currybaum mit Blüten |
Der typisch srilankanische Charakter der Speisen entsteht dadurch, daß
einige Gewürze (Kreuzkümmel,
Koriander, schwarzer
Senf, Bockshornklee) vor der Verwendung
bis zu einem ziemlich dunklen Farbton trocken geröstet werden;
dadurch schmeckt das Essen dunkler
oder brauner
als in Indien. Einheimische aromatische Gewürze werden gerne genutzt
(Zimt, Cardamom)
und singhalesische Köche verwenden weiters noch gerne frische
Blätter wie Curryblätter,
Pandanusblätter und Zitronengras; die letzteren beiden werden
in Indien nicht oder kaum kulinarisch verwendet.
Man kann die Blätter zwar auch einige Tage im Kühlschrank frisch halten, sie werden aber besser in der Tiefkühltruhe gelagert. Sie erhalten ihr Aroma besser, wenn man sie bis zur Verwendung nicht von den Zweigen ablöst.
Der Begriff Curry wird in vielen fernöstlichen Küchen auf
inflationäre Art und Weise für gänzlich unterschiedliche
Gerichte angewendet. Während er in Südindien, wie wir oben sahen, ein
suppenartiges, würziges Gemüsegericht bezeichnet, nennt man in
Thailand jede Speise Curry (gaeng [แกง]), wenn sie in Kokosnußmilch gekocht wird; dasselbe gilt auch
für Vietnam, wo man die Curries sogar manchmal mit dem
anglo–
In Burma dagegen gilt eine ganz andere Definition von Curry
bezeichnet, wahrscheinlich, weil sie sowohl
Kokosmilch als auch gelbfärbende Curcuma
enthält (siehe vietnamesischer Koriander
für mehr Informationen über laksa).
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Curry
: Dieser
Begriff ist für Rezepte reserviert, die ihren Geschmack einer
gerösteten
Paste aus Zwiebeln und anderen Gewürzen
verdanken (siehe Zwiebel für weitere Details).
In Indonesien scheint der Name Curry
(auf indonesisch kari) dagegen ziemlich undifferenziert für viele Rezepte mit
einer scharfen Sauce verwendet zu werden. Manchmal hört man sogar etwas
von äthiopischen (siehe dazu langer Pfeffer)
oder gar karibischen Curries, was auch immer das zu bedeuten haben mag
(außer vielleicht dem kleinsten gemeinsamen Nenner von all dem:
Würzigkeit).