Korianderfeld |
Koriander (blühende Pflanze) |
Korianderfrüchte sind ein übliches Gewürz in vielen europäischen Ländern, in Nordafrika sowie West-, Zentral- und Südasien. Im Mittelmeergebiet läßt sich der Korianderanbau bis ins alte Ägypten zurückverfolgen; Koriander wird auch im Alten Testament erwähnt und mit Manna verglichen (siehe Granatapfel). In Europa ist der Koriander seit dem Mittelalter bekannt (siehe auch Gagel über seine Verwendung bei mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Bierbrauern.)
Koriander ist ein wesentlicher Bestandteil des Currypulvers (siehe Curryblätter) und der meisten indischen Gewürzmischungen wie etwa dem nordindischen garam masala [गरम मसाला, گرم مسالحہ oder گرم مصالحہ] (siehe Kreuzkümmel); auch die sich an indische Vorbilder anlehnende äthiopische Mischung berbere [በርበሬ] enthält Korianderfrüchte (siehe langer Pfeffer), so wie viele mexicanische Würzen. Trockenes Rösten oder Braten in Fett, so wie in Indien und Sri Lanka üblich, verstärkt und modifiziert das Aroma.
Die südindische Küche benutzt besonders viel Koriander, der immer sehr dunkel geröstet wird.
Koriander ist der Hauptbestandteil der aus Tamil Nadu stammenden, aber in ganz Südindien verbreiteten Mischung
sambar podi [சாம்பார் பொடி], mit der dünne
Linsen- und Gemüsecurries (saambaar [சாம்பார்])
gewürzt werden. Diese Curries ißt man traditionellerweise mit einem omelettenartigen
Brot aus Reismehl (dosai [தோசை])
oder, besonders zum Frühstück, mit idli [இட்லி],
gedämpften Klößen aus fermentiertem Reis- und Bohnenteig.
Grundbestandteil des
sambar podi sind Linsen oder kleine Bohnen
(urad dal [उड़द दाल]),
die trocken geröstet werden, bis sie den rohen Geruch
verlieren. Diese mischt man mit Koriander und anderen gerösteten Gewürzen
(Koriander, Kreuzkümmel,
Bockshornklee, Chilies) sowie schwarzem
Pfeffer; mögliche weitere Zutaten sind geröstete schwarze Senfsamen oder gemahlener Asant. Dieses Pulver fügt man dann, zusammen mit
Curryblättern, kochenden Linsen- oder
Gemüsegerichten hinzu.
Korianderblüten |
Korianderpflanzen |
Die Verwendung gerösteter Hülsenfrüchte als Geschmacksträger ist typisch südindisch. Für ein weiteres Beispiel einer südindischen Gewürzmischung (bisi bele pudi [ಬಿಸಿ ಬೇಳೆ ಪುಡಿ]), siehe Kokos. In Teilen Südindiens (Andhra Pradesh, Karnataka) dient ein Pulver aus gerösteten Linsen oder Kichererbsen auch als Tischwürze. Gewürzmischungen ähnlich dem sambar podi sind auch unter den Nachfahren südindischer Emigranten in Malaysia und Singapore in Gebrauch. Außerhalb des südindischen Einflußgebietes bin ich dieser Würzmethode auch in Manipur begegnet (siehe Chamäleonblatt).
Die arabischen Küchen des Nahen und Mittleren Ostens benutzen
Korianderfrüchte vor allem für Gewürzmischungen.
Beispiele sind das marokkanische ras al-hanout (siehe
Kubebenpfeffer) oder baharat
aus den Golfländern (siehe Paprika). Auch
das äthiopische berbere (siehe langer Pfeffer) enthält Koriander.
Meiner Erfahrung nach hat Koriander die merkwürdige Fähigkeit, Gewürzmischungen
abzurunden
und verschiedene Aromen zu legieren; das erklärt, warum er auch dort
oft in Mischungen auftritt, wo man ihn als Einzelgewürz kaum kennt.
Korianderblätter sind über den größten Teil Asiens
bekannt. Ihre Verwendung beginnt in Westasien (Kaukasus-Länder, vor allem im
kräuterliebenden Georgien, und auch Yemen) und erstreckt sich dann in geringer Intensität bis
nach Indien und China; auch in diesen Ländern schwankt die Beliebtheit regional,
so sind Hunan und Maharashtra hot spots
, während ihr eigenartiges Aroma in
Sri Lanka völlig vermieden wird (auch Japan ist übrigens korianderfreie Zone).
In vielen Ländern Südostasiens sind Korianderblätter geradezu unerläßlich. In der Thaiküche verwendet man Korianderblätter oft zum Würzen von Suppen (tom yam [ต้มยำ], siehe Kaffernlimette), Salaten (laab [ลาบ], siehe Pfefferminze) und Curries; für die grüne Currypaste (prik gaeng kiau [พริกแกงเขียว], siehe Kokos) verwendet man sowohl Blätter als auch die Wurzel für grüne Farbe und ein kochfestes Korianeraroma. Die Koriander-Hochburg in Südostasien ist aber Vietnam: Besonders im Süden tauchen die gehackten Blätter als Dekoration auf nahezu jedem Gericht auf, egal ob Suppe oder Nudelspeise; man stopft sie sogar in die von den Franzosen eingeführten baguettes. Dabei kommt oft eine ganze Kräutergarnitur zum Einsatz, die neben knackigen Salaten auch mit Minze, Basilikum oder vietnamesischem Koriander auftrumpft. In Malaysia und Indonesien werden Korianderblätter dagegen wenig geschätzt.
Koriander erinnert in mehrfacher Weise an die europäische Petersilie: Die Blätter können einander
ziemlich ähnlich sehen und werden am besten roh verwendet, da sie bei
längerem Kochen ihren Geschmack weitgehend verlieren. Wenige Rezepte
verlangen nach gekochten Petersilien- oder Korianderblättern, aber genauso wie in
Europa petersilienhaltiges bouquet garni regelmäßig für Fleisch-
und Gemüsebrühen verwendet wird, so bereitet man in Indien eine stark gewürzte
Gemüsebrühe namens rasam [ரசம்]
mit Korianderblättern (siehe dazu Tamarinde).
Bei beiden Gewürzen verträgt die den Blättern ähnlich schmeckende
Wurzel das Kochen oder Simmern übrigens viel besser.
Reife Korianderfrüchte |
In der arabischen Welt ist Koriandergrün dagegen weniger gebräuchlich,
allerdings gibt es dazu eine Ausnahme:
Die Gewürzpaste zhoug (oder zhug [زوق]) ist im Yemen
allgegenwärtig; ihre wichtigsten Zutaten sind neben Korianderblättern
frische grüne Chilies, Knoblauch, Cardamom und schwarzer Pfeffer; weiters kommen getrocknete
Korianderfrüchte, Kreuzkümmel,
Zitronensaft und
Olivenöl in Betracht. Auch
Kümmel wird oft in den Rezepten genannt, aber
das könnte auch auf einem Übersetzungsfehler (statt Kreuzkümmel) beruhen. Die Zutaten werden
zu einer dicken Paste verrieben; man verwendet zhoug sowohl
als Würzmittel als auch als Relish oder Brotaufstrich. Eine Version von
zhoug mit roten Chilies heißt shatta [شطة],
was auf Arabisch einfach Chili
bedeutet.
Eine weitere Küche des westlichen Asiens ist korianderverliebt: Die
georgische. Einzigartigerweise werden in Georgien die frischen Blätter von
Koriander und Petersilie gerne kombiniert
eingesetzt, um damit Eintöpfe zu garnieren, oder man reicht beide
Kräuter zusammen als frischen Kontrastpunkt zu Käse. Die grüne
Kraft dieser beiden wird oft noch durch Dill
verstärkt. In Georgien werden außer den eigentliche Blättern
auch Dolden mit sehr jungen Früchten verwendet, die ein besonders intensives
Aroma aufweisen. Im benachbarten Azərbaycan (Aserbaidschan) ist Koriander dagegen
seltener anzutreffen, und in den weiteren Nachbarländern so gut wie gar nicht.
Ineinander verschlungene Korianderdolden mit Blüten und unreifen Früchten |
In Lateinamerika, vor allem México, begegnet man Korianderblättern
häufig,
Oft werden auch die Blätter des Jesuitentees durch Koriander ersetzt, besonders von mexicanischen Köchen im Ausland; allerdings sind die Aromen einander sehr unähnlich, und ich empfehle eher Bohnenkraut oder Thymian.
Korianderblätter werden selten gekocht oder gebraten, da sie dabei erheblich Aroma einbüßen; es gibt aber indische und zentralasiatische Rezepte, in denen sie in großer Menge eingesetzt und lange gekocht werden, was einen ganz leichten Koriandergeschmack ergibt. Ein Beispiel ist iranische Kräutersauce ghorme, siehe Bockshornklee.
Viele Europäer und auch Nordamerikaner, die das erste Mal mit Korianderblättern in Berührung kommen, finden ihren Geschmack unerträglich. Das ändert sich allerdings leicht, wenn man einige Zeit gezwungen ist, mit diesem Würzkraut zu leben: Nach zwei Monaten in Vietnam schmeckte mir Nudelsuppe (pho [phở], siehe auch vietnamesischer Zimt und vietnamesischer Koriander über nord- bzw. südvietnamesische Suppen) ohne Koriander gar nicht mehr, obwohl ich den Geschmack bei meiner Einreise noch ziemlich verabscheut hatte. Wenn ich heute eine vietnamesische Nudelsuppe koche, fange ich gar nicht an, ohne mir zuvor die Versorgung an Koriandergrün sicherzustellen; allerdings stelle ich immer wieder fest, daß meine Gäste den notwendigen Grad an Meisterschaft noch nicht erreicht haben und das teure Grünzeug dankend ablehnen.
Aber auch in Europa nahm die Beliebtheit von Korianderblättern in
letzten Jahren des vergangenen Jahrtausends steil zu, womit sich eine
Entwicklung wiederholte, die in den USA eine Dekade früher
stattgefunden hatte. Durch das starke Interesse an fremdländischen
Küchen und den Erfolg von thailändischen und mexicanischen
Restaurants ist Korianderkraut in Europa heute beliebter als je zuvor.
Als Reaktion auf die neuen Eßgewohnheiten erscheinen ständig
neue Rezepte, die zuvor fast unbekannte Kräuter verwenden, darunter
auch Koriander. Siehe auch Rauke über
zeitgeistiges Kochen.