Olivenbaum nahe der Petruskirche in Antakya (antikes Antiochia), Türkei |
Olivenbaum |
Die Olive gehört zu den Pflanzen mit größter kulturhistorischer Bedeutung für den gesamten Mittelmeerraum: Ägypter, Phönizier, Griechen und Römer kannten und schätzten ihr Öl. Der Ölbaum tritt in den Homerischen Epen auf (siehe Mohn) und wurde in ältester Zeit zur Bekränzung der Sieger von Olympia verwendet; später trat der Lorbeer an seine Stelle. In der klassischen Zeit wurde die Olive vor allem mit der Göttin Pallas Athene, einer Tochter des Zeus, assoziiert. Zahllos sind die Nennungen des Ölbaums und des Olivenöles in der Bibel (siehe Granatapfel), und zwar sowohl im Alten als auch im Neuen Testament. Auch bei den alten Römern (siehe auch Silphion) stand die Olive in hohem Ansehen.
Oliven werden heute im ganzen Mittelmeerraum angebaut und stellen in allen
Mittelmeerländern einen wesentlichen Bestandteil der Ernährung dar;
und zwar wird einerseits das Olivenöl als universelles Bratmedium
gebraucht, andererseits werden in Salzlake konservierte Oliven gerne gegessen
oder zum Würzen verwendet.
Olivenblüten |
Olivenzweig mit Blüten |
Eingelegte Oliven sind entweder schwarz oder grün, je nach Reifezustand bei der Ernte. Grüne Oliven werden unreif gepflückt und vor dem Einlegen in Salzlake entweder wiederholt gewässert oder mit Lauge behandelt; durch letzteres Verfahren, das bereits den alten Römern bekannt war, wird einerseits der Bitterstoffgehalt reduziert und andererseits die Konsistenz des Fruchtfleisches verbessert. Schwarze Oliven sind reif geerntet; in Griechenland werden sie ohne Laugenbehandlung eingesalzen oder einer Milchsäuregärung unterzogen, wodurch ein besonders intensiver Geschmack erzielt wird. Oft verfeinert man die Lake, in der man die Oliven einlegt, noch durch Zugabe von Kräutern (Thymian, Oregano) oder Knoblauch.
Eingelegte Oliven sind eine beliebte Dekoration zu kalten Speisen, besonders aber zu pikanten Saucen. Natürlich schmecken sie besonders gut zu Spezialitäten aus den Mittelmeerländern. Der Geschmack von Oliven läßt sich verstärken, wenn man sie fein hackt und mit Olivenöl übergießt. Fügt man zu einer derartigen Paste aus schwarzen französischen Oliven und gutem Olivenöl noch Knoblauch, Anchovis (fermentierten Fisch) und Kapern hinzu, entsteht daraus die südfranzösische Vorspeise und Würzpaste tapenade, eine ausgezeichnete Beilage zu frischen baguettes.
Zu warmen Speisen werden Oliven fast nur in den Küchen der Mittelmeerländer verwendet. Mit Zwiebeln, Knoblauch, Kapern und grünen (manchmal auch schwarzen) Oliven gewürzte Tomatensaucen sind für Italien charakteristisch; ihren letzten Schliff erhalten sie durch frische Kräuter (Basilikum, Oregano und Weinraute). In solchen Saucen kann man Fleisch garen oder sie einfach zusammen mit Nudeln (pasta) servieren. Auch die italienische Pizza wird oft, besonders in Süditalien, mit zumeist schwarzen Oliven belegt (siehe Oregano).
Wesentlich bedeutsamer als eingelegte Oliven ist allerdings das Olivenöl,
für dessen Produktion 90 Prozent aller Oliven angebaut werden. Natives
Olivenöl extra (extra vergine) ist
in seinem Geschmack und Aroma außerordentlich variabel, und jeder, der
einige Sorten durchprobiert hat, wird andere Präferenzen entwickeln.
Manche Öle sind subtil blumig und leicht im Geschmack, andere intensiv
fruchtig und schwer. Es lohnt sich, verschiedene Öle in der Küche
vorrätig zu haben.
Die Vielzahl an unterschiedlichen Geschmacksrichtungen beim Olivenöl läßt sich auf zwei Ursachen zurückführen: Qualität der Olivenfrüchte und die Methode der Gewinnung.
Bestes extra vergine Olivenöl entsteht immer aus
einer Mischung verschiedener Olivensorten, die in verschiedenen
Reifestadien gepflückt werden. Darüber hinaus üben Klima,
Boden und Höhenlage einen erheblichen Einfluß aus. Weiters
müssen die Oliven nach dem Pflücken möglichst rasch
weiterverarbeitet werden; in der Zwischenzeit sind sie trocken zu
halten und schonend zu lagern, um das Ausbilden von Druckstellen
zu vermeiden.
Olivenzweig mit unreifen Früchten |
Blühender Olivenzweig |
Beim eigentlichen Preßvorgang schließlich kommt eine
Besonderheit der Oliven zum Tragen, die bei den meisten anderen
Ölfrüchten wegfällt: Ihr hoher Wassergehalt. Beim
Vermahlen der Oliven bildet sich daher keine mehr oder minder
trockene Paste, sondern eine viskose Öl-in-Wasser-
Nach dem Mahlen, das eigentlich eher eine Art Pürieren ist, wird
das Öl durch Sedimentation (Tropföl) oder Zentrifugation
abgetrennt. Das durch erneutes Prozessieren des wäßrigen
Rückstandes, oft bei etwas höherer Temperatur, hergestellte Öl
ist wesentlich weniger aromatisch. Jedes auf diese Art hergestellte Öl
darf als
Native Olivenöl extra sollte eigentlich nur für kalte Speisen
verwendet werden, da die Aromastoffe hitzeempfindlich sind: Beim Erhitzen
gehen sie verloren, oder können gar zu unangenehmen Geschmacksnoten
führen. Das von vorneherein aromaärmere native Olivenöl
ist dagegen besonders zum vorsichtigen Braten geeignet. Die
Hitzebeständigkeit ist allerdings schlechter als bei raffinierten
Pflanzenölen, und daher brät man in Olivenöl immer
Kaltgepreßtes Olivenöl gibt den Speisen Südeuropas,
Westasiens und Nordafrikas viel von ihrem typischen Geschmack. Man verwendet
es für Salate, die westasiatische Kichererbsenpaste hummus
(siehe Sesam), kalte Vorspeisen (in Israel als mezes bekannt) und die für den ostmediterranen Raum typischen
Weizensalate (tabbouleh, kısır;
siehe Petersilie). Olivenöl wird auch oft
für würzige Pasten wie das ägyptische dukka
(siehe Thymian) und die berühmte
provençalische Knoblauchmayonnaise
aïoli verwendet.
Italienische Nudeln (pasta) werden manchmal mit etwas
Olivenöl gekocht, um ein Verkleben zu vermeiden; öfter schwenkt man
sie aber nach dem Kochen in Olivenöl, um den Geschmack zu verbessern.
Alltägliche Gerichte wie gebratenes Gemüse (Zucchini, Auberginen,
Paprika) gewinnen durch Verwendung von Olivenöl einen typisch mediterranen
Charakter, besonders, wenn man sie mit etwas Joghurt oder Tomatensauce
serviert. Ein Beispiel aus der türkischen Küche ist
İmam bayıldı (
Der Geschmack von Olivenöl harmoniert ausgezeichnet mit dem Aroma
mediterraner Kräuter. In den Mittelmeerländern wird Olivenöl oft
mit einigen Zweigen Rosmarin, Lavendel, Estragon oder,
auf Zypern, mit frischen Kapern aromatisiert. Die
meisten frischen Kräuter lassen sich gut in Olivenöl konservieren;
die Aromastoffe können sich dabei in dem Öl besser als in einem
wäßrigen Medium entwickeln. Ein sehr bekanntes Rezept dieser Art ist
das ligurische pesto, eine Paste von Basilikum in Olivenöl.
Nicht nur das sanfte Aroma von Kräutern, sondern auch die Schärfe von
Chilies wird in einem fetten Medium besser
freigesetzt. In Italien werden kleine scharfe Chilies (peperoncini) in Olivenöl eingelegt, wodurch eine feurige
Würze (olio santo oder olio piccante) entsteht. Ein ähnliches
chile oil habe ich
auch in Arizona kennengelernt. Je nach Geschmack, kann man es tropfen- bis
eßlöffelweise verwenden. Auch in einigen Versionen des yemenitischen
zhoug (siehe Koriander) wird die
Schärfe grüner Chilies durch Olivenöl aufgenommen.
natives Olivenöl
oder (wenn der Gehalt and freien
Fettsäuren es zuläßt) sogar als natives Olivenöl extra
vermarktet werden.
sanfter
(bei geringerer Temperatur, die das Bratgut nicht wirklich
bräunen läßt) als etwa in Erdnuß- oder
Sonnenblumenöl. Will man die Temperaturbeständigkeit von
Olivenöl erhöhen, so kann man es mit Butter oder besser
Butterschmalz mischen, was auch
geschmacklich eine Bereicherung sein kann.
Unreife Oliven
der İmam fiel in
Ohnmacht
, angeblich wegen des Wohlgeschmacks), in Olivenöl geschmorte
Auberginen mit einer würzigen
Füllung aus Tomaten und Knoblauch.
Gemüse in Olivenöl zu braten verbraucht ziemlich viel Öl;
oft erreicht man ein ähnliches Resultat, wenn man frittiertes Gemüse
vor dem Servieren so gut als möglich vom Frittieröl befreit und
mit bestem nativen Olivenöl beträufelt.