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Der Granatapfelbaum ist eine uralte Kulturpflanze Westasiens; er wird bereits in den ältesten Teilen des Alten Testaments (dem Pentateuch) namentlich genannt. Obwohl das Alte Testament keine Sammlung von Kochrezepten ist, so sind darin doch viele Pflanzen von alltäglicher oder kultischer Bedeutung im alten Israel erwähnt; das Neue Testament dagegen hat weniger deskriptiven Charakter, und Nennungen von Pflanzen sind daher wesentlich seltener.
Wenn man eine Sammlung von biblischen Gewürzen
zusammenstellt, dann
sollte man nicht vergessen, daß drei Jahrtausende zwischen der Sprache
des Alten Testamentes und der unsrigen liegen; in vielen Fällen ist die
Identifikation praktisch unmöglich. Als Beispiel für die
Unwägbarkeiten einer Übersetzung diene die folgende Stelle (Jesaja
28,27)
כִּי לֹא בֶחָרוּץ יוּדַשׁ קֶצַח וְאֹופַן עֲגָלָה עַל־כַּמֹּן יוּסָּב כִּי בַמַּטֶּה יֵחָבֶט קֶצַח וְכַמֹּן בַּשָּׁבֶט׃
Ki lo vecharuts yudash qetsach vʾofan ʿagala ʿal-kammon yussav ki vammatte yechabet qetsach vekammon basshabet.
Denn qetsach wird nicht mit dem Dreschschlitten ausgedroschen und das Wagenrad nicht über kammon gerollt, sondern qetsach wird mit dem Stab ausgeschlagen und kammon mit dem Stock.
Aufgrund des dialektischen Gegensatzes ist es klar, daß die beiden
Pflanzen ähnlich sein müssen, jedoch unterscheiden sich die Details
ihrer Gewinnung. Der Name
kammon [כמן]
ist offenbar verwandt mit dem griechischen
kyminon [κύμινον] (Kreuzkümmel, auf Deutsch auch Kumin
genannt),
das auch dem deutschen Kümmel zugrundeliegt;
die Bedeutung von qetsach [קצח]
läßt sich dagegen nur
schwer erschließen. Ein sehr wahrscheinlicher Kandidat ist Nigella (Schwarzkümmel), dessen Samen in einer
geschlossenen Kapsel reifen, die erst geöffnet werden muß (das ist
auch die neuhebräische Wortbedeutung).
Doch eine Bibelübersetzung muß auch leichtgängig
sein und
sollte keine schwerfälligen Kunstnamen enthalten; daher wundert es nicht,
daß man in der Einheitsübersetzung für kammon
den etymologisch verwandten Kümmel findet,
während für qetsach reichlich zusammenhanglos Dill steht. In englischen Übersetzungen ist kammon dagegen sinnvollerweise korrekt als Kreuzkümmel wiedergegeben, während der
überraschte Leser für qetsach tatsächlich je
nach Ausgabe entweder Dill oder sogar Kümmel liest; manche Ausgaben enthalten hier das
Wort fitches, das eigentlich eine Nebenform zu
vetch Wicke
ist und somit gar keine eßbare
Pflanze bezeichnet.
Die Göttin von Berlin(6. Jahrhundert, Attika) mit einer Granatapfelfrucht |
Wenn man in verschiedene Bibelübersetzungen blickt, so findet man im Alten
Testament einige oder alle der folgenden Pflanzen (in Klammer die
hebräischen Ausdrücke in voll vokalisierter Schreibweise):
Knoblauch (shum [שׁוּם]),
Zwiebel (betsel [בֶּצֶל]),
Nigella (qetsach [קֶצַח], auch Kümmel oder Dill, etwas obskur),
Kreuzkümmel (kammon [כַּמֹּן], auch Kümmel),
Koriander (gad [גַּד]),
Kaper (abiyonah [אבִיוֹנָה], auch als Sehnsucht
übersetzt),
Zimt (qinnamon [קִנָּמוֹן]),
Kassie (qiddah [קִדָּה] und qətsiʾah [קְצִיעָה], auch als Zimt
oder Zimtblüte
übersetzt),
Ysop (ezow [אֵזוֹב], häufig aber sehr obskur),
Myrte (hadas [הֲדַס]),
Olive (zayith [זַיִת] Olivenbaum, Olivenfrucht
und shemen [שֶׁמֶן] Olivenöl
, sehr häufig),
Wacholder (bərosh [בְּרוֹשׁ], auch als Fichte
, Cypresse
oder Pinie
übersetzt),
Mandel (shaqed [שָׁקֵד]),
Zitrone (am ehesten Zitronatzitrone, tappuach [תַּפּוּחַ], sehr obskur, zumeist wörtlich als Apfel
übersetzt),
Lorbeer (bedeutet wahrscheinlich nur junger Baum
, auch als Zeder
übersetzt, ezrach [אֶזְרָח]),
Granatapfel (rimmon [רִמּוֹן]),
Rose (chabatstseleth [חֲבַצֶּלֶת], sehr obskur)
und Safran (karkom [כַּרְכֹם]).
Nur einige wenige dieser Pflanzen kommen auch im Koran vor; siehe
Ingwer für eine Aufzählung
koranischer Gewürze
.
Auch das Neue Testament wurde nicht von Biologen übersetzt —
letztere hätten wohl gewußt, daß in den Zweigen einer
Senfpflanze (sinapi [σίναπι]) keine
Vögel, nicht einmal Kolibris, wohnen können. Andere Pflanzennamen
aus dem Neuen Testament sind (in Klammer die griechische Originalbezeichnung)
Minze (hedyosmon [ἡδύοσμον], nicht der gewöhnliche Name),
Kreuzkümmel (kyminon [κύμινον], auch Kümmel),
Anis (anethon [ἄνηθον], besser als Dill wiedergegeben),
Zitrone (thyinos [θύινος], zumeist als Duftholz
übersetzt, möglicherweise ist die Zitronatzitrone gemeint),
Weinraute (peganon [πήγανον], wahrscheinlich eine verwandte Art),
Zimt (kinnamomon [κιννάμωμον]),
Ysop (hyssopos [ὕσσωπος], in Referenz auf das obskure alttestamentarliche Wort)
und Olive (agrielaios [ἀγριέλαιος] (wilder) Olivenbaum
, elaia [ἐλαία] Olivenfrucht
und elaion [ἔλαιον] Olivenöl
).
Siehe auch Beifuß für eine linguistische
Anmerkung über eine andere im Neuen Testament erwähnte Pflanze,
Wermut (apsinthos [ἄψινθος]).
Granatapfelblüte |
Reifende Granatäpfel |
Kulinarische Bedeutung als Gewürz haben Granatäpfel heute nur in
Nordindien. Obwohl man sie häufig auch frisch ißt, werden Kerne
wilder Granatapfelsorten dort nämlich oft getrocknet und als Gewürz
verwendet. Ihr feiner, süß–
Die Küche des Gujarat ist unter allen Regionalküchen Indiens durch eine
Bevorzugung scharf–süßer Geschmackstöne ausgezeichnet. Wegen
einer beträchtlichen Jain-Minderheit und durch den Einfluß Mahatma
Gandhis, der in der gujaratischen Kleinstadt Porbandar geboren ist,
ernähren sich die Gujaratis heute stärker vegetarisch als andere
Nordinder. Scharfe Gemüsecurries mit einer deutlichen Süße
werden häufig mit frischen Granatapfelkernen garniert, um mehr
geschmacklichen Kontrast zu erzielen.
Grenadine, der eingekochte Saft aus frischen Granatapfelsamen, wird in
Nordindien sowohl für Desserts als auch zum Marinieren von Fleisch
verwendet. Durch proteolytische Enzyme vermag er zähes Fleisch zart zu
machen. In vielen Ländern Westasiens dient Granatapfelsaft, frisch
gepreßt oder zu Sirup (dibs ar-rumman [دبس الرمان])
eingekocht, als Säuerungsmittel,
Letztlich ergeben getrocknete Granatapfelsamen eine interessante Alternative
zu Rosinen in europäischen Kuchen oder Torten.