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Knoblauchfeld
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Knoblauch ist weltweit eines der beliebtesten Gewürze und
fand in fast allen Küchen begeisterte Aufnahme. Es ist bekannt, daß
die Arbeiter zum Bau der ägyptischen Pyramiden ihre tägliche
Knoblauchration erhielten, und auch die Bibel erwähnt Knoblauch als
Nahrung der Israeliten während ihres Aufenthaltes in Ägypten (siehe
dazu auch Granatapfel). In der Küche des
antiken Mesopotamien spielte Knoblauch eine große Rolle (siehe
dazu auch Zwiebel).
In Europa ist Knoblauch seit den Tagen des Römischen Reiches ein
gebräuchliches Gewürz, und im Fernen Osten war er bereits bekannt,
bevor die Europäer dorthin gekommen waren. Im Zeitalter der großen
Seereisen wurde er auch in Afrika und den beiden Amerikas rasch bekannt und
beliebt. Eigenartigerweise scheinen die nordeuropäischen Küchen
heutzutage die einzigen zu sein, in denen Knoblauch mit Mißtrauen
betrachtet wird, und zwar wegen seines starken Geruches, der oft als unangenehm
empfunden wird.
In einigen Küchen wird roher Knoblauch geschätzt. So preßt man
ihn in Österreich auf mit Essig und Öl abgemachte Salate; die
nördliche Sitte, nur die Salatschüssel mit einer halbierten Knoblauchzehe auszureiben,
erregt bestenfalls gehobene Augenbrauen. Als Salatöl zieht man das aromatische
Kürbiskernöl den neutral schmeckenden Pflanzenölen meist vor.
Im Mittelmeerraum gibt es viele auf rohem Knoblauch basierende Saucen: Hier kann
man die provençalische Spezialität aïoli,
eine knoblauchduftende Mayonnaise auf Olivenölbasis, erwähnen, die griechische
Knoblauch-Kartoffelpaste
skordalia [σκορδαλιά]
oder das türkische çaçık, eine erfrischende
Suppe aus Joghurt, Gurken, Pfefferminze und
Knoblauch. Ein ähnliches Produkt, aber dicker und saucenartig, heißt
in Griechenland tsatsiki (auch tzatziki
oder zaziki [τζατζίκι])
und wird zu gegrilltem Lammfleisch
(souvlaki [σουβλάκι])
serviert. Viele weitere
Vorspeisen der westasiatischen Küchen enthalten etwas rohen Knoblauch
(z. B. hummus, siehe Sesam).
Gelegentlich findet man auch rohen gepreßten Knoblauch auf dem
knusprigen Teigrand einer italienischen Pizza (siehe auch
unter Oregano).
Auch in Georgien findet man rohen Knoblauch in Salaten und Vorspeisen, oft in Form einer Paste mit
Walnüssen und Kräutern wie Petersilie, Sellerie oder
Koriander. Eine solche Paste kann über frittierte Auberginenscheiben gestrichen werden
(badrijani [ბადრიჯანი],
oft mit frischen Granatapfelkernen serviert), oder man mischt sie mit Essig zu einem
Dressing für einen Tomaten-Gurken-Salat
(k’it’ri-k’amidoris salata [კიტრი-კამიდორის სალათა],
meist mit Petersilien-, Koriander- oder Basilikumblättern bestreut).
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Knoblauchpflanzen
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Auch chinesische Vorspeisen enthalten oft rohen Knoblauch, zum Beispiel
suan ni huang-gua [蒜泥黄瓜],
knackige Gurkenwürfel mit einem Dressing aus Essig, Sesamöl
und Knoblauch, garniert mit Korianderblättern.
Ähnliche Vorspeisen (oft auch mit Chilies, Chiliöl oder Sojasauce)
werden auch aus anderen Gemüsen (Bohnschoten, gedämpftes Blattgemüse) oder Glasnudeln zubereitet.
Als nichtvegetarisches Beispiel kann hong-you ji-si [红油鸡丝] dienen,
das sind dünne Streifen aus gekochter Hühnerbrust mit Chiliöl und Knoblauch.
Eine Mischung aus ganz fein gehacktem oder gepreßtem Knoblauch und
Sesamöl (mit raffiniertem Pflanzenöl
nach Geschmack verdünnt) dient in China regional sowohl als Salatdressing als auch als
Tischwürze.
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Knoblauchpflanzen
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Ähnliche Snacks mit rohem Knoblauch, oft mit ganzen Knoblauchzehen,
findet man in der pikanten und sehr eigenständigen Küche der
Newar-Bevölkerung in Nepal: Zusätzlich zum üblichen Würzrepertoire aus
Bockshornklee, Kreuzkümmel
und Fenchel findet man dort eine für Südasien untypische
Liebe zu frischem Knoblauch und Ingwer, die zusammen mit getrockneten oder frischen
Chilies in sehr salzigen salatartigen Speisen auftauchen,
die Newari-Männer tagsüber zusammen mit trockenen Reisflocken und
einer Flasche Bier verspeisen: choyela oder choila [छोयला oder छोईला]
(gegrilltes Büffelfleisch mit einem Dressing aus getrocknetem Chili, Ingwer, Knoblauch und einem pikanten Senföl),
satu mhicha [सतु म्हिचा]
(kleine Täschchen aus mit Knochenmark gefülltem Büffeldarm),
musya palu [मुस्या पालु]
(grüne Sojabohnen mit gestifteltem Knoblauch und Ingwer) oder dem eigenwillgen
jala [जला],
kleinen Stückchen von gekochter Büffelhaut mit etwas Fleisch daran, die mit
Knoblauch, Chili und ganz dunkel geröstetem Bockshornklee vermischt werden. Ein weiteres Beispiel ist
kochila [कोचिला],
mageres rohes Büffelfleisch, vermischt mit Senföl und serviert mit Unmengen von rohen Knoblauchzehen.
Vampire haben auch keine Chance in Vietnam, besonders rund um
Hanoi [Hà Nội]: Frisch geriebener
Knoblauch wird in großzügigen Mengen zu Frühlingsrollen und
Nudelsuppen (siehe auch vietnamesischer Zimt
über die Hanoier Nudelsuppe) serviert. Letzteres Rezept ist ein Beispiel
für den sehr subtilen Effekt, den man erreicht, wenn man einer mit
Knoblauch gekochten Speise vor dem Servieren nochmals rohen geriebenen oder
gepreßten Knoblauch zusetzt.
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Frisch geernteter Knoblauch
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Junge Knoblauchpflanzen
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Roher Knoblauch kann auch in Essig oder Olivenöl eingelegt werden, wobei er einen Teil
seines Aromas an die Flüssigkeit abgibt und daher milder wird; außerdem
wird der Zellverband nicht wesentlich zerstört, bevor die Enzyme in der
Einlegeflüssigkeit ihre Arbeit einstellen. Auch Kräuteressig
enthält meist etwas Knoblauch (siehe Dill).
Eine eigenartige Knoblauchwürze ist das tibetische Knoblauchwasser
, gog-chu [སྒོག་ཆུ་].
Es besteht aus leicht gequetschten Knoblauchzehen, die man in kaltem Wasser ziehen läßt,
manchmal zusammen mit getrocknetem Sichuanpfeffer. Ein paar Tropfen
Essig könnnen zugesetzt werden, um die Haltbarkeit zu verbessern. Dieses Wasser nimmt nur einen
leichten Knoblauchgeruch an und wird großzügig über Salate getröpfelt;
besonders in Ladakh serviert man es auch zu dem nationalen Nudelgericht
momo [མོག་མོག་]
(siehe Sichuanpfeffer).
Viel verbreiteter ist aber die Verwendung von gebratenem oder gekochtem
Knoblauch; in dieser Form wird die Knolle in fast jeder Küche der Welt verwendet.
Beim Erhitzen verliert Knoblauch seine Schärfe und auch den starken
Geruch, und das Aroma wird zarter und weniger dominant. In dieser Form
harmoniert er hervorragend mit Ingwer, Pfeffer, Chilies und
vielen anderen Gewürzen. Ein interessantes Beispiel aus Italien ist
bagna cauda, eine Sauce aus in
Olivenöl langsam gegarten Knoblauchzehen mit
pikanten fermentierten Sardellen (acciughe). Diese
Spezialität aus dem Piemont wird als Dip zu rohem oder halbgegartem
Gemüse serviert. Eine andere italienische Speise, die fast gänzlich auf
dem Knoblaucharoma ruht, sind die spaghetti aglio olio e peperoncini,
gekochte Nudeln, die mit kurz in Olivenöl angebratenem
Knoblauch und Chili geschwenkt werden.
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Frisch geernteter Knoblauch
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In verschiedenen asiatischen Küchen wird Knoblauch ganz unterschiedlich
eingesetzt. Viele indische Rezepte schreiben beispielsweise
Knoblauchzugabe bereits am Anfang vor, und der Knoblauch wird längere Zeit
mit Zwiebeln und anderen Gewürzen gebraten, um
den Grundgeschmack des Gerichtes mitzubestimmen; in der fertigen Speise ist der
Knoblauchgeschmack kaum mehr erkennbar, sondern ist gänzlich mit den
anderen Aromen verschmolzen. Auch chinesische oder indonesische Rezepte
beginnen oft mit ein paar gebratenen Knoblauchzehen, aber bei der viel
kürzeren Kochzeit erhält sich das Knoblaucharoma bis zum Servieren.
In der indonesischen Küche werden auch oft Würzpasten aus Knoblauch,
Ingwer und Chilies
verwendet, um Fleischstücke vor dem Grillen oder Braten damit einzureiben
(siehe dazu auch kleiner Galgant und Zitronengras über die Würzpaste bumbu).
In Thailand brät man oft dünne Scheiben von Knoblauch in heißem
Fett und verwendet die braunen und knusprigen Knoblauchscheiben als
aromatische Dekoration für saucige Speisen. Andere Thai-Rezepte
wiederum vermeiden es, den Knoblauch zu braten, sondern lassen ihn
für würzige Suppen und cremige Curries nur sanft köcheln.
Knoblauch ist auch ein wesentlicher Bestandteil der
thailändischen Currypasten (vor allem der grünen), siehe
dazu auch Kokos. Ähnlich
arbeitet man auch in Kambodscha: Frisch bereitete Pasten aus Knoblauch und Chilies, Zitronengras
oder Ingwer werden Suppen oder Eintöpfen
hinzugefügt.
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Gilroy, die Hauptstadt des Knoblauchs in Kalifornien
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Knoblauchfestival in Gilroy
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In den südlichen Teilen der Vereinigten Staaten ist Knoblauch auch sehr
beliebt. Die kleine Stadt Gilroy (in Californien, nicht weit von San Francisco)
nennt sich selbst die Knoblauchhauptstadt der Welt
; obwohl es wohl nicht ganz
stimmt, erscheint die Behauptung doch zumindest Ende Juli gerechtfertigt, wenn
das jährliche Knoblauchfest stattfindet und Knoblauchrezepte bewertet
werden — dem Vernehmen nach bekommt man dort auch Knoblaucheis
(siehe Vanille). Die Gegend um
Gilroy ist der Hauptproduzent für Knoblauch in den
USA, wie man zur Erntezeit unschwer riechen kann. Es wurde bereits
gesagt, daß man ein Steak in der Luft von Gilroy marinieren
könnte — zweifellos eine Übertreibung, aber
möglicherweise keine große.
Gilroy produziert hauptsächlich getrockneten Knoblauch, der in den USA beliebter ist als in den meisten anderen Ländern. Getrockneter Knoblauch wird aber auch
in Ostafrika verwendet, und er ist der charakterbestimmende Bestandteil in dem georgischen Streuwürze
svanuri marili [სვანური მარილი] (Swanisches Salz
),
einem groben Pulver aus Salz, Knoblauch, Koriander, Dill,
Bohnenkraut, Kreuzkümmel, Schabziegerklee
und einer Prise Chili.
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Knoblauch nach der Ernte
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Knoblauch am Markt in Nepal
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Der Knoblauchverbrauch ist auch in den
lateinamerikanischen Staaten sehr hoch, etwa für mexicanischen mole (siehe Paprika) und salsa (siehe langer
Koriander).
In weiten Teilen Europas ist Knoblauch heutzutage nicht so beliebt, sondern
wird eher sparsam verwendet. Das gilt besonders für Nordwesteuropa, wo
viele Menschen
vor allem den leichten Knoblauchgeruch ablehnen, den Knoblauchesser
sogar Stunden nach der letzten Mahlzeit ausströmen. Dagegen gibt es zwar
kein Allheilmittel, aber gehackte Petersilie, eine
heiße Dusche und ausgiebiges Zähneputzen helfen zumindest zum
Teil.
In der mittel- und nordeuropäischen Küche wird Knoblauch
normalerweise lang gekocht und somit in seinem Geruch abgeschwächt;
außerdem wird sein Aroma dadurch soweit gemildert, daß er besser zu
den zumeist sehr lind gewürzten Speisen dieser Region paßt. Man
verwendet ihn gerne zusammen mit Kräutern aus dem Mittelmeerraum (Thymian, Lorbeer), aber
auch mit einheimischen Gewürzen wie Wacholder
und Kümmel.
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Knoblauch am Markt in Nepal
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Südeuropäische Köche verwenden viel mehr Knoblauch: Oft wird er
mit scharfen Chilies kombiniert (italienische spaghetti aglio ed olio, Nudeln mit Knoblauch und Olivenöl) oder feingeschnitten in kaltem
Olivenöl zusammen mit Petersilienblättern zu gegrilltem Fischen oder
Meeresfrüchten serviert; er ist auch in den vielen Saucen enthalten
(siehe oben für Beispiele mit rohem Knoblauch). Sowohl mit Rot- als auch
in Weißwein zubereitete Speisen verlangen Knoblauch als Würze: So
ist ein in Rotwein mit viel Knoblauch und Lorbeer
gekochtes Kaninchen (Fenek bit-tewm u bl-Inbid) das
Nationalgericht von Malta, und portugiesisches porco vinho e
alho (Schweinefleisch in Weißwein und Knoblauch mariniert und
anschließend gebraten) schmeckt ausgezeichnet; das letztere Gericht
fand, in stark adaptierter Form, Eingang in die Küche von
Südwestindien, wo es vindaloo [विंदालू] heißt (siehe
Tamarinde).
Auch in Osteuropa ist Knoblauch recht populär: Vom Balkan bis zum Baltikum
findet man ihn oft in Suppen, Saucen und Salaten, wobei vor allem Serbien und
Ungarn eine besondere Reputation als Knoblauchländer
haben; dasselbe gilt
aber auch für die Schwarzmeerländer Rumänien und Bulgarien.
In den baltischen Ländern wird roher, frisch gepreßter Knoblauch oft
in großer Menge zu Salaten verwendet; in Litauen sind mit Knoblauch in
Öl gerösteten Schwarzbrotwürfeln als Snack zum Bier beliebt.
Von den botanisch verwandten Pflanzen ist die Zwiebel zweifellos am bedeutsamsten. Noch näher
verwandt ist Bärlauch, dessen frische
Blätter in Mitteleuropa eine gewisse Bedeutung haben.