Die meisten Zanthoxylum-Arten produzieren
scharfschmeckende Alkamide, die sich von polyungesättigten
Carbonsäuren ableiten; sie werden in der Fruchtwand (Pericarp,
Schale
) gespeichert, aber nicht in den Samen. Die genaue Natur der
Alkamide kann bei den verschiedenen Arten variieren, aber in der Gattung
weitverbreitete Beispiele sind
die Amide der 2E,6Z,8E,10E-Dodecatetraensäure,
2E,6E,8E,10E-Dodecatetraensäure und
2E,4E,8Z,10E,12Z-Tetradecapentaensäure mit Isobutylamin
(als α-, β bzw. γ‑Sanshool bekannt)
und 2‑Hydroxyisobutylamin (Hydroxy-sanshoole). Der Gesamtamidgehalt der
getrockneten Früchte kann bis zu 3% betragen (bestimmt für
Z. piperitum). Ähnliche Inhaltsstoffe
findet man auch in der südamerikanischen
Parakresse.
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Vier kulinarisch genutzte Arten Sichuanpfeffer:
Links oben nepalesischer timur (Z. alatum),
rechts oben indonesischer andaliman (Z. acanthopodium),
links unten indischer tirphal (Z. rhetsa)
und rechts unten chinesischer jiao (Z.
piperitum/simulans)
(200 dpi scan)
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Zanthoxylum-Art aus Nagaland
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In verschiedenen Arten der Gattung wurde noch eine Vielzahl weiterer
potentiell interessanter Naturstoffe gefunden: Flavonoide,
Terpenalkaloide, Benzophenanthridin-Alkaloide, Pyranochinolin-Alkaloide,
quarternäre Isochinolin-Alkaloide, Aporphyrin-Alkaloide, Coumarine
und verschiedene Typen von Lignanen.
Das typischen Aroma verdanken die Zanthoxylum-Früchte
ätherischen Ölen, die sich
in den meisten Fällen aus Terpenen zusammensetzen; die genaue
Zusammensetzung unterscheidet sich bei den einzelnen Arten aber erheblich
und ist sogar innerhalb der Arten manchmal ziemlich variabel. Die folgende
Zusammenfassung über die ätherischen Öle von Zanthoxylum kann daher nur einen groben Überblick geben.
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Zanthoxylum-Art aus Nagaland
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Das ätherische Öl (bis zu 4%) der in Europa verbreiteten
Handelsware chinesischen Ursprungs
(als Z. piperitum bezeichnet, könnte aber auch
Z. simulans sein) besteht fast nur aus Terpenen.
Geraniol, Linalool, Cineol und Citronellal werden als die Hauptkomponenten
angegeben; auch Dipenten wurde gefunden.
(Deutsch. Apoth-Zeit., 46, 2381, 1987)
In den Früchten von Z. simulans aus Taiwan fanden sich
bei der Analyse reichlich Terpene: β‑Myrcen, Limonen, 1,8‑Cineol und
(Z)‑β‑Ocimen. Der Gesamtgehalt an ätherischem Öl wird mit
1.7% (Wasserdampfdestillation) bzw. 6.4% (Extraktion mit flüssigem
Kohlendioxid) angegeben.
(Journal of Agricultural and Food Chemistry, 44, 1096, 1996)
Die Blätter von Z. sansho, angeblich identisch mit
Z. piperitum, enthalten ebenfalls Monoterpene (Citronellal,
Citronellol), weiters grasartig riechende C6-Verbindungen (Z-3-Hexenol).
(Bioscience, Biotechnology and Biochemistry, 61, 491, 1997)
In den unreifen Früchten beträgt der Gehalt an ätherischem Öl
0.6%, mit den Hauptbestandteilen
β‑Phellandren (42%), d‑Limonen (23%) und β‑Pinen.
Terpenalkohole (Geranylacetat, Citronellol, α‑Terpineol) wurden
im Bereich zwischen 1 und 5% gefunden. Die jungen Blätter (0.12%)
lieferten dominant Terpenkohlenwasserstoffe.
(Nippon Nogeikakaku Kaishi, 70,1001, 1996)
Das ätherische Öl der indonesischen Art Z.
acanthopodium enthält Geranylacetat (35%) als Hauptbestandteil, der
Geruch wird aber von Citronellal und Limonen bestimmt;
daneben wurden β‑Myrcen, β‑Ocimen, Linalool und
E‑1‑Decenal gefunden
(H. Wijaya, persönliche Mitteilung)
(Food Science and Biotechnology, 11, 680, 2002)
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Zwei Arten Sichuanpfeffer aus Korea: Links chopi (Z. piperitum), rechts sancho (Z. schinifolium) (200 dpi scan).
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Die koreanische Art Z. schinifolium ist besonders
interessant, einerseits, weil sie nicht scharf schmeckt, und andererseits
weil das ätherische Öl in Fruchtwand und Samen gleichermaßen
verteilt ist. Das ätherische Öl besteht dominant aus Terpenen
(Geraniol, Limonen, Geranylacetat, β‑Phellandren, Phellandral, Myrcen,
Linalool, α‑Pinen), daneben wurden aber auch nichtterpenoide
Bestandteile (p‑Isopropyl-2‑cyclohexenon, Capronsäure,
Caprylsäure) und besonders Phenylpropane (Eugenol, Anethol,
Methylchavicol) gefunden.
(Han’guk Sikp’um Yongyang Hakhoechi, 11, 493, 1998)
(Han’guk Sikp’um Yongyang Hakhoechi, 12, 119, 1999)
(Zhongguo Zhongyao Zazhi, 16, 359, 1991)
Z. alatum aus dem Himalaya, ein wichtiges Gewürz
in Nepal und Tibet, enthält größtenteils
Linalool (über 50%), daneben Limonen, Methylcinnamat und Cineol.
(Flavour and Fragrance Journal, 16, 408, 2001)
(Journal of Essential Oil Research, 10, 127, 1998)
In der indischen Art Z. rhetsa wurden 3.7% eines
ätherischen Öls gefunden, das fast ausschließlich aus
Monoterpenderivaten besteht: Sabinen, Limonen, Pinene, para‑Cymen und
Terpinene, weiters die Monoterpenalkohole 4‑Terpineol und
α‑Terpineol
(Zeitschrift f. Lebensmitteluntersuchung und -forschung A, 206, 228, 1998).
Eine thailändische Arbeitsgruppe fand in derselben Art (dort als
Z. limonella bezeichnet) Limonen, Phellandren und
2‑Hendecanon.
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Stamm von Sichuanpfeffer mit massiven Stacheln
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In einer anderen Quelle findet man für das Blattöl
Caryophyllenoxid (13%), Caryophyllen (10%), β‑Copaen (5%) und
Spathulenol (3%); für das Samenöl werden
Sabinen (66%), α- und β‑Pinen
(je 6%) und Terpinen‑4‑ol (4%) angegeben. Obwohl die Autoren tatsächlich
vom Samenöl
schreiben, vermute ich, daß das ätherische Öl
aus den Fruchtwänden gemeint ist.
(Journal of essential oil research, 12, 179, 2000)
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Zweig mit Früchten und Stacheln
© Laila Kolberg
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Stamm von Sichuanpfeffer mit massiven Stacheln
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Herkunft
Unter dem Namen Szechuanpfeffer
oder Sichuanpfeffer
läßt sich eine Gruppe von
Gewürzen zusammenfassen,
die von verschiedenen Arten der Gattung Zanthoxylum
stammen. In Asien liegt der Verbreitungsschwerpunkt dieser Gattung im
Himalaya; das gesamte Verbreitungsareal umfaßt
Zentral-, Süd-, Südost- und Ostasien. Die amerikanischen
und afrikanischen
Vertreter sind bisher für die Küche nicht entdeckt worden.
Die bedeutsamsten Arten sind:
Z. piperitum DC = Z. sansho (Zentral- und Ostchina, Japan),
Z. simulans Hance = Z. bungei (China, Taiwan),
Z. bungeanum Max. (China),
Z. schinifolium Sieb. et Zucc. (China, Korea),
Z. nitidum Roxb (DC) (China, Festland-Südostasien),
Z. rhetsa Pierre var. budranga Pier. = Z. limonella (Dennst.) Alston (westliches Nordindien, Festland-Südostasien),
Z. armatum DC = Z. alatum Roxb. (Himalaya, Festland-Südostasien, Ostasien),
Z. avicennae (Lamk) DC = Z. tidorense (China, Festland-Südostasien, Indonesien) und
Z. acanthopodium DC (östlicher Himalaya, China, Festland-Südostasien, Sumatra).
Alle diese Pflanzen werden in den jeweiligen
Lokalküchen genutzt und können einander zum größten
Teil ersetzen (außer Z. schinifolium). Tatsächlich
besteht in der Literatur erhebliche Uneinigkeit, welche Pflanze wo als
Gewürz verwendet wird; außerdem ist Zanthoxylum
eine schwierige Gattung mit vielen, ähnlichen und noch nicht gut
erforschten Arten.
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Strauch mit reifenden Sichuanpfeffer-Früchten
© Laila Kolberg
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Etymologie
Zanthoxylum ist eine entweder dissimilierte oder aber schlicht
falsche Modifikation von griechisch xanthon xylon [ξανθὸν ξύλον]
gelbes Holz
. Vgl. deutsch Gelbholzbaum und polnisch
pieprz żółtodrzew Gelbbaumpfeffer
(zółty gelb
und drzewo Baum
;
siehe auch Wacholder für die
linguistische Verwandtschaft des letzteren).
Die botanischen Artnamen der oben erwähnten Zanthoxylum-Arten
gehen entweder auf lokale Pflanzennamen zurück (rhetsa, sansho)
oder sind lateinischen bzw. griechischen Ursprungs: piperitus von
piper Pfeffer
wegen des pfefferartigen
Geschmacks; simulans ähnlich
von simulare
nachahmen
wegen der Ähnlichkeit zu anderen Arten; armatus
bewaffnet
von armare bewaffnen
wegen der kräftigen Dornen;
nitidus glänzend
wegen der hellen Blätter;
alatus geflügelt
nach der Blattform;
acanthopodius distelfüßig
aus
griechisch akantha [ἄκανθα] Distel,
Dorn
und pous [πούς] Fuß
; und letztlich
schinifolius nach der Ähnlichkeit der Blätter
mit der peruanischen Art von rosa Pfeffer
(Schinus molle).
Der englische Name prickly ash dornige Esche
beruht auf der
großen Ähnlichkeit zwischen den Blättern der Zanthoxylum-Arten und denen der Esche (Fraxinus
excelsior). Englisch ash oder deutsch Esche geht auf
den indoeuropäischen Baumnamen H₃ES zurück, den man in
ähnlicher Form in vielen indoeuropäischen Sprachen
(altenglisch æsc, altnordisch askr,
litauisch uosis,
armenisch hatseni [հացենի],
russisch yasen [ясень])
findet; er ist nicht
mit Asche (im Englischen ebenfalls ash) verwandt, das
sich von einer Wurzel H₂ES mit der Bedeutung brennen
herleitet und
ebenfalls in vielen indoeuropäischen Sprachen gefunden wird:
Sanskrit ashani [अशनि] Blitz
,
lateinisch ara (Brand)-Altar
,
griechisch azaleos [ἀζαλέος] trocken, entflammbar
und deutsch Esse oder als lateinisches Fremdwort arid (klimatisch) trocken
.
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Rispe von Sichuanpfefferfrüchten
© Laila Kolberg
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Die nordamerikanische Art Z. americanum trägt den Namen
toothache tree Zahnwehbaum
. Tatsächlich hat ein Kauen der
alkamidreichen Pflanzenteile, vor allem der unreifen Früchte, aber auch
des jungen Holzes, einen stark betäubenden Effekt, der Zahnschmerz
vorübergehend vertreiben kann. Ähnliche Namen gelten auch für
eine andere alkamidreiche Pflanze, die Parakresse.
Der chinesische Name des Sichuanpfeffers ist jiao [椒];
zur Unterscheidung von anderen scharfen Gewürzen benutzt man oft Verdeutlichungen wie
hua jiao [花椒] Blütenpfeffer
,
shan jiao [山椒] Bergpfeffer
oder seltener qin jiao [秦椒] chinesischer Pfeffer
und chuan jiao [川椒] Sichuan-Pfeffer
.
Während das Gewürz in den meisten europäischen Sprachen
Sichuan-Pfeffer oder China-Pfeffer heißt, findet man
vereinzelt auch Lehnübersetzungen der ersten beiden chinesischen Namen,
z. B. ungarisch virágbors Blütenpfeffer
oder deutsch Bergpfeffer.
In der westlichen Literatur wird vielfach fagara als chinesischer
Name des Sichuanpfeffers angegeben; dieses Wort dient in der botanischen
Fachsprache seit Linné zur Bezeichnung einer verwandten Gattung. Der Ursprung ist offenbar
eine Variante von 花椒,
vgl. etwa die kantonesische Aussprache fajiu. Vielleicht
ist fagara
einem verwandten südchinesischen Dialekt entnommen oder
auch nur durch unsystematische Transkription aus dem Kantonesischen entstanden.
Ähnlich wie im Deutschen, wo viele scharfe Gewürze als Pfeffer
bezeichnet werden, bildet das Chinesische solche Namen aus dem Wort
jiao mit zusätzlichen beschreibenden Adjektiven.
So heißt Chili la jiao [辣椒] scharfer Sichuanpfeffer
,
langer Pfeffer chang jiao [長椒] langer Sichuanpfeffer
,
Paprika tian jiao [甜椒] süßer Sichuanpfeffer
und Piment kann gan jiao [甘椒] genannt werden, was ebenfalls süßer Sichuanpfeffer
heißt.
Das wichtigste Kompositum dieses Typs ist hu jiao [胡椒] wilder Pfeffer
(kann auch als Pfeffer der Wilden
oder fremder Pfeffer
verstanden werden);
damit ist meist der schwarze Pfeffer gemeint, manchmal aber
auch der Sichuanpfeffer. Dieser Name kommt ebenfalls als Bestandteil von Bezeichnungen
pfefferähnlicher Gewürze vor, z. B.
wilder (schwarzer) Pfeffer mit hundert Aromen
(bi wei hu jiao [百味胡椒], Piment) oder
wilder (schwarzer) Pfeffer aus dem Westen
(ba xi hu jiao [巴西胡椒], rosa Pfeffer unter Bezug auf die amerikanische Herkunft).
Der Tasmanische Pfeffer
heißt shan hu jiao [山胡椒]
wilder (schwarzer) Pfeffer vom Berg
, wohl in Anlehnung an seinen
australisch-englischen Namen mountain pepper.
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Reifende Früchte von Z. alatum (Nepal)
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Reife Früchte von Z. alatum (Nepal)
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Das Gericht Trocken gebratenes Lammfleisch mit drei Sorten jiao
(sanjiao bao yangrou [三椒爆羊肉])
verdankt seinen Namen dieser Mehrdeutigkeit: Das in Scheiben geschnittene Lammfleisch wird mit Gemüsepaprika (qing jiao [青椒] grüner Pfeffer
)
und Chilies (la jiao) im Wok rasch
gebraten und mit geröstetem Sichuanpfeffer (hua jiao) bestreut.
Chinesisch shan jiao [山椒]
liegt auch dem koreanischen Namen sancho [산초] zugrunde,
auch wenn dieser Name eine verwandte Art mit erheblich abweichendem Geschmack bezeichnet;
das dem chinesischen jiao entsprechende Gewürz heißt auf
Koreanisch chopi [초피] und enthält dabei immer noch eine von
jiao abgeleitete Silbe.
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Reife Früchte von Z. alatum (Nepal)
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Auch das japanische sanshō [山椒, さんしょう, サンショウ]
kommt von shan jiao [山椒] Bergpfeffer
.
Die beiden Wörter werden in Japan und China sogar
gleich geschrieben, sofern man japanische Kanji benutzt.
Das Kanji 山
bedeutet auch im Japanischen Berg
und hat wie die meisten Kanji
zwei unterschiedliche Lesarten: Vorwiegend in Wörtern japanischen Ursprungs
wird es yama gesprochen (kun-Lesung),
z. B. archaisch yama-kujira [山鯨, やまくじら] Wildschwein
(wörtlich Berg-Wal
)
oder seiyō-yama-hakka [西洋山薄荷, せいようやまはっか],
was Zitronenmelisse
bedeutet
(wörtlich fremde Bergminze
). In Wörtern chinesischen
Ursprungs kommt dagegen regulär die on-Lesung mit dem
Lautwert san zum Tragen, z. B. in
san-kei [山径, さんけい] Bergpfad
oder eben im Namen für Sichuanpfeffer, san-sho.
Manchmal ist die Lesung auch wortgeschichtlich bedingt völlig unregelmäßig wie in
wasabi [山葵, わさび].
Das chinesische ma [麻] hat die
Grundbedeutung Hanffaser
und kann auch für Hanfsamen oder durch Analogie Sesamsamen
stehen; das Zeichen zeigt Pflanzen (lin [林] Wald
),
die unter einem Dach (chang [厂] Werkraum, Fabrik
)
trocknen. Offenbar motivierte die narkotische Wirkung von Hanf die Erweiterung dieses Begriffes auf den
betäubenden Geschmack von Sichuanpfeffer.
Ausgewählte Links
The Epicentre: Szechwan Pepper
Nature One Health: Prickly Ash
chemikalienlexikon.de: Linalool
Recipe: Sangsang (saksang) (eng.ohio-state.edu)
Rezept von goccus.com: Shichimi tōgarashi [七味 唐辛子]
Recipe: Aurey Bendi (Indian Lima Beans) (groups.google.com)
Rezept von goccus.com: Shui zhu niu rou [水煮牛肉] (In Wasser gekochtes Rindfleisch)
Recipe: Shui zhu niu rou [水煮牛肉] (Sichuan water-boiled beef) (www.juoaa.org)
Rezept: Shui zhu niu rou [水煮牛肉] (In Wasser gekochtes Rindfleisch Sichuan-Art) (www.laohu.de)
Rezept: Shui zhu niu rou [水煮牛肉] (Rindfleischtopf Sichuan-Art) (chefkoch.de)
Recipe: Nepali Meat and Vegetable Momos (groups.google.com)
Sichuan Food’s Signature Fire Is Becoming Hard to Find — About the Ban of Sichuan Pepper in the USA
Sichuan is hot and spicy; the food too! (gluckman.com)
Gewürz-Bazar: Nepalpfeffer (timbur)