Die Blütenblätter enthalten weit unter ein Prozent eines
ätherischen Öls. Wegen seiner Flüchtigkeit nimmt der Gehalt an
Rosenöl im Lauf der Blühperiode ständig ab; Rosenblüten
für die Destillation müssen daher Tag für Tag händisch
gesammelt werden, und zwar im Morgengrauen bis höchstens bei Sonnenaufgang.
Die charakterbestimmenden Komponenten des Rosenöles sind die
acyclischen Monoterpenalkohole Geraniol (bis zu 75%), Citronellol (20%) und
Nerol (20%); daneben wurden langkettige Kohlenwasserstoffe wie Nonadecan und
Heneicosan gefunden.
Eine sehr bedeutsame Spurenkomponente ist das β-Damascenon: Trotz der
geringen Konzentration (0.01%) hat dieses
C13-Norisoprenoid merklichen Einfluß auf die
Qualität des Rosenöles. Es bildet sich zusammen mit den
strukturell verwandten Verbindungen β-Damascon und β-Ionon
aus dem Abbau von pflanzeneigenen Carotinoiden; auf ähnliche Weise
entstehen auch die dominierenden Duftstoffe von
Safran und
Pandanusblättern.
Wichtig für den Rosengeruch ist weiters das 2-Phenylethanol, das aber bei
der Wasserdampfdestillation verlorengeht und sich dafür im Rosenwasser
anreichert. Deshalb entsprechen einander Rosenöl und Rosenwasser im Geruch
nicht ganz genau.
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Damaszener Rose Quatre Saisons Continue
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Selbst bei günstigsten Anbaubedingungen lassen sich destillativ aus
100 kg Rosenblüten nur 10 g Öl
gewinnen (0.01%); durch Redestillation des dabei anfallenden Rosenwassers
läßt sich die Ausbeute allerdings verdreifachen.
Alternativ kann man auch mit Lösungsmitteln, typischerweise Hexan,
extrahieren, wobei man eine halbfeste, grünliche Masse erhält.
Diese Ausbeuten liegen dabei zehnmal so hoch wie bei der Destillation;
außerdem bleibt der natürliche Gehalt an 2-Phenylethanol
erhalten (ca. 60% der flüchtigen Fraktion).
Viele Arten der Gattung Rosa wachsen von Europa bis
Ostasien, wobei das Diversitätszentrum in Zentralasien liegt. Nach vielen
Jahrhunderten der Rosenzucht sind die botanischen Verhältnisse
sehr unübersichtlich.
Die meisten Rosenarten, zumindest in Europa, stammen wenigstens zum Teil von
Rosa gallica, die im Kaukasus heimisch ist. Anscheinend
sind fast alle Rosen, die zwischen der Antike bis zum 18.ten Jahrhundert in
Europa, West- oder Zentralasien gezogen wurden, entweder reine
gallica-Sorten oder aber gallica-Hybriden.
Mögliche Ausnahmen zu dieser Regel sind die Moschusrose
(Rosa moschata, Indien) oder die Heilige Rose von Abessinien
(Rosa richardii).
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Damaszener Rose Rose de Resht
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Die Damaszener Rose ist eine fertile Hybride aus Rosa gallica
mit entweder Rosa moschata oder Rosa phoenicia
und seit der Antike bekannt (siehe auch Silphion);
man nimmt an, daß sie vor einigen Jahrtausenden in Anatolien erstmals
auftrat. In Westasien ist die Damaszener Rose (oder zumindest Formen, die der
heutigen Damaszener Rose extrem ähneln) seit der Bronzezeit bekannt; ihr
Anbau verbreitete sich später nach Griechenland und Rom.
Damaszener Rose ist die dominierende Quelle von Rosenöl. Im
europäischen Mittelalter wurde das Rosenöl allerdings aus Blüten
von R. gallica gewonnen, und noch heute dienen
R. centifolia und centifolia–gallica-Hybriden
in Frankreich und Nordafrika als Ölrosen. Die im
Capitulare de villis von Karl dem Großen erwähnte
Rose ist wahrscheinlich die in Mitteleuropa weitverbreitete Hundsrose,
R. canina (siehe Liebstöckel).
In China werden einheimische Rosenarten, z. B. R. rugosa, als
Quelle von Blütendüften für die Parfumerie und für
aromatisierte Schwarztees genutzt.
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Früchte der Damaszener Rose
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Für die Gewinnung von Rosenöl werden starkduftende Rosensorten
(Ölrosen
) in großem Umfang angebaut: Die wichtigsten
europäischen Anbaugebiete liegen in Frankreich und Bulgarien,
aber die größten Produktionsländer sind die Türkei und
der Iran, wo man Rosenwasser auch zu religiösen Zeremonien viel
benutzt. Bekannte Produktionsgebiete sind Shiraz und Meshed (Iran),
Isparta (Türkei) und das Tal von Kazanluk (auch
Kazanlik [Казанлък]
geschrieben) in Bulgarien.
Es gibt viele weitere Rosensorten, z. B. Alba-Rosen
, die wahrscheinlich
als Hybriden von Rosa damascena mit der mitteleuropäischen
Art Rosa canina entstanden. Außerdem gibt es die
sogenannten hundertblättrigen Rosen
(Rosa centifolia),
besonders in der Provence beliebt, die ebenfalls durch Hybridisierung
von Rosa gallica entstanden (möglicherweise mit einer
Albarose). Sie tragen ihren Namen wegen der vielen Blütenblättern in
den dichtgefüllten Blüten.
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Damaszener Rose Gloire de Guilan
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Teehybrid-Rose Climbing Mme Caroline Testout
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Alle diese Rosenarten blühen nur an vorjährigen, verholzten Zweigen
und haben daher nur eine kurze Blühperiode, die von der Entwicklung
neuer Zweige für die nächstjährige Blüte gefolgt wird (bei
manchen Damaszener Sorten kann es im Herbst zu einer zweiten Blüte
kommen). Darin
unterscheiden sie sich von der Chinarose (Rosa chinensis),
die auch auf jungen Zweigen Blüten trägt und daher das ganze Jahr
über wachsen und blühen kann. Mit den Genen der Chinarose schufen
europäische Züchter im 18.ten Jahrhundert eine unglaubliche Vielfalt
von neuen Rosensorten. Beispiele sind Bourbonrosen
, Portlandrosen
,
Noisetterosen
und spätere Entwicklungen wie Remontantrosen
und die
Teerosen
mit einzeln stehenden, großen Blüten. Der Einschluß
von Rosa multiflora in den Genpool führte zu
vielblütigen Rosen, die man oft Polyantha- oder Floribunda-Rosen
bezeichnet.
Der Name alte Rosensorten
bezieht sich auf alle Sorten, die älter
als 1867 sind, dem Jahr, in dem die erste Teehybride (La
France) eingeführt wurde.
Normalerweise versteht man den Begriff so, daß er auch alle Rosensorten
umfaßt, die zwar nach 1867 gezüchtet wurden, aber zu Typen
gehören, die schon vor 1867 bekannt waren. In diesem Sinn sind alle
Damaszener Rosen alt
.
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Damaszener Rose York and Lancaster mit unterschiedlichen Blütenfarben
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Damaszener Rose York and Lancaster mit zweifarbiger Blüte
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Es gibt eine Anzahl verschiedener Kultursorten der Damaszener Rose, die nun
im Zuge des gesteigerten Interesses an alten Rosen
vermehrt angeboten
werden. Einige davon, vor allem die östlicher Herkunft, wurden
hauptsächlich zur Gewinnung von Rosenöl gezüchtet, z. B.
Ispahan aus Iran
(benannt nach Isfahan [اصفهان] in Zentraliran)
und die bulgarische Rose (bulgarische Ölrose,
bulgarska roza [българска роза]),
die in der Rosenkunde nach ihren halbgefüllten Blüten als
trigintipetala dreißblättrig
bezeichnet wird.
Andere dagegen dienen vorwiegend ornamentalen Zwecken; die meisten davon
entstanden im 17. und 18. Jahrhundert in Europa. Bekannte Beispiele sind
Celsiana, Léda, Duc de Cambridge,
Quatre Saisons, Ville de Bruxelles und
Gloire de Guilan. Weniger klar ist die Stellung der
the Rose de Resht, einer ungewöhnlich robusten Sorte,
die manchmal für eine gallica-Rose gehalten wird, obwohl
sie anscheinend iranischen Ursprungs ist.
Die Sorte York and Lancaster erinnert an den Rosenkrieg
zwischen den beiden englischen Adelshäuser von York
und Lancaster (1455–1485).
Die beiden Familien trugen ihren Wappen jeweils eine Rose,
die Weiße Rose von York
(Rosa
alba Maxima
) und die Rote Rose von
Lancaster
(Rosa gallica
Officinalis
). Als Zeichen der Versöhnung
wählte das siegreiche Haus von Tudor ein Wappen mit
einer neuen Rose, mit weißen inneren und roten äußeren
Blütenblättern. Bislang ist es niemandem gelungen, eine derartig
zweifarbige Rose zu züchten, aber die im 16. Jahrhundert erhaltene
Rosa damascena versicolor York and Lancaster
zeigt immerhin rosa und weiße Blüten auf derselben Pflanze;
manchmal bildet sie sogar einzelne rosa–rot gesprenkelte Blüten aus.
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Damaszener Rose York and Lancaster mit Blüten unterschiedlicher Farbe
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Der Name Rose läßt sich über lateinisch
rosa nur bis zum griechischen
rhodon [ῥόδον]
(vgl. rhododendron [ῥοδοδένδρον] Rosenbaum
) zurückverfolgen.
Die Pflanze muß bereits im bronzezeitlichen Griechenland bekannt gewesen
sein, da sie in
der Odysseia [Ὀδυσσεῖα] auftritt
(siehe Mohn über die homerischen Epen).
Allerdings ist es nicht klar, welche Rosenart dem Dichter vorschwebte, als
er die Farbe von Rosenblüten und Morgenröte verglich:
rhododaktylos Eos [ῥοδοδάκτυλος Ἠῶς] rosenfingrige Eos
.
Der Ursprung von rhodon ist wahrscheinlich eine untergegangene
Sprache Kleinasiens, läßt sich aber heute nicht mehr mit Sicherheit
ausmachen. In einigen östlichen Sprachen findet man verwandte Bezeichnungen,
die aber nicht dem Griechischen entlehnt sind, sondern die auf unabhängigem
Weg von der unbekannten Vorläufersprache entlehnt wurden:
Armenisch vart [վարդ],
georgisch vardi [ვარდი],
arabisch al-ward [الورد],
hebräisch vered [ורד],
koptisch urt [ⲟⲩⲣⲧ] Rose
.
Vgl. auch das slovenische vrtnica Rose
(neben
rož) und den levantinischen Frauennamen Warda. Das Wort
gelangte über das Arabische in weitere Sprachen des islâmischen Afrika und Asien.
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Gallica-Rose Président de Sèze
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R. rugosa stammt ursprünglich aus China und Japan
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Der griechische Name liegt den Namen der Rose in praktisch allen heutigen
Sprachen Europas zugrunde, wobei nur geringe Variation beobachtet wird;
so tritt die Form rose unter anderem im Deutschen, Englischen,
Dänischen und Französischen auf; andere germanische Formen sind
isländisch rós, schwedisch ros
und niederländisch roos.
In den romanischen Sprachen Italienisch, Spanisch und Portugiesisch heißt
die Rose dagegen gleich wie im Lateinischen, rosa.
In den baltischen und slavischen Sprachen wurde das S durchwegs stimmhaft und
oft auch palatalisiert, z. B.
lettisch rozes, litauisch rožės,
tschechisch růže, polnisch róża
und russisch roza [роза].
Im Baskischen findet man vokalischen Anlaut, arrosa.
Außereuropäische Beispiele sind Kannada roja [ರೋಜಾ]
und japanisch rozu [ローズ].
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R. rugosa stammt ursprünglich aus China und Japan
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Wie in einigen anderen Fällen
(Petersilie, Ingwer)
findet jedoch man auch hier die paradoxe Situation, daß ein altgriechisches
Wort zwar in den meisten rezenten europäischen Sprachen weiterlebt, aber
ausgerechnet im Neugriechischen nicht mehr vertreten ist: Das neugriechische
Wort für Rose
lautet
triandafillo [τριαντάφυλλο]
und bezieht sich eigentlich nur auf die spezielle
dreißigblättrige
Sorte, aus der man in Südosteuropa das
Rosenöl gewinnt (altgriechisch triakonta [τριάκοντα]
dreißig
und phyllon [φύλλον] Blatt
).
Daher kommen auch bulgarisch trendafil [трендафил]
(leicht veraltet) und albanisch trëndafil Rose
.
Der botanische Artname damascena bezieht sich natürlich
auf Damaskus (heute die Hauptstadt Syriens), von wo die Kreuzritter diese
duftende Rosenart angeblich nach Europa brachten.
Sanskrit shatapattra [शतपत्त्र]
bedeutet hundert Blätter
(bezieht sich wohl auf gefüllte Blüten)
und vrittapushpa [वृत्तपुष्प] heißt runde Blume
.
Die Bezeichnung Attar (auch Otto geschrieben) für
Rosenöl geht auf persisch atar [عطر] Parfum
zurück, das seinerseits eine Entlehnung von arabisch
itr [عطر] Parfum
ist.
Vgl. auch kasachisch ätirgül [әтіргүл] Duftrose
.