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Vanille ist in Mittelamerika heimisch und wurde schon lange vor Columbus verwendet. Sowohl die Mayas als auch später die Azteken benutzten Vanille, um ein spezielles Getränk zu würzen, das aus Wasser, gerösteten Kakaobohnen und Gewürzen bestand: chacau haa (oder chocol haa) in der Sprache der Maya und cacahuatl auf Aztekisch (Náhuatl).
Die Mayaschokolade, wie man sie bis heute in Südméxico, Guatemala und Belize zubereitet, ist oft scharf gewürzt und enthält Chilies und andere heimische (Piment, Annatto) oder eingeführte (schwarzer Pfeffer, Zimt) Gewürze. Süßungsmittel sind zwar möglich aber keinesfalls notwendig. Das Getränk wird heiß oder kalt genossen und in jedem Fall schaumig aufgeschlagen; der Schaum gilt als der köstlichste Teil daran.
Die Azteken dagegen tranken ihr Schokoladegetränk meist kalt
und verwendeten gerne Honig zum Süßen; heutzutage
ist natürlich Rohrzucker üblich. Aztekenschokolade
kann alle der im vorigen Absatz erwähnten Gewürze und
noch weitere (
Zunächst wurde Vanille in Europa überwiegend zum selben Zweck wie in
Amerika verwendet: Zum Würzen der Trinkschokolade, die sich an den
Adelshäusern des 17.ten Jahrhunderts einer ungemeinen Beliebtheit erfreute.
Europäische Trinkschokolade wurde praktisch immer süß getrunken
und konnte eine ziemliche Anzahl weiterer Würzen enthalten,
Abgesehen von der Schokolade wird Vanille in einer Anzahl weiterer
süßer Spezialitäten der westlichen Küche verwendet; ihre
Verwendung zu salzigen Speisen ist sehr ungewöhnlich. Vanille braucht man
für viele Keksrezepte, für Kuchen, süße Puddings und
Breie, und sogar für süße Getränke auf Milchbasis;
außerdem werden trockene Backwaren (vanillehaltiger
Produkte enthält jedoch keine echte
Vanille, sondern das wesentlich billigere synthetische Vanillin, der
Hauptkomponente (aber eben nicht der einzigen Komponente) des Vanillearomas.
Vanillin läßt sich relativ leicht aus Holzabfällen der
Papierindustrie herstellen; dieselbe Reaktion ist auch für den
manchmal deutlichen Vanilleduft von in Holzfässern gereiften
Weinen (barrique) verantwortlich. Reines Vanillin
riecht zwar erkennbar vanilleähnlich, andererseits fehlt ihm
aber der feine und vielschichtige Geschmack der echten Vanille;
deshalb kann es Vanille in Qualitätsprodukten nicht ersetzen.
Nirgendwo merkt man das schmerzlicher als beim Vanille-Eis, das (von einzelnen
Ausnahmen abgesehen) zumeist enttäuschend schmeckt. Vanilleeis mit
echtem Vanilleextrakt oder Vanillemark (an den winzigen schwarzen Samen
erkennbar) bekommt man vergleichsweise selten angeboten.
Reifende Vanilleschoten |
Vanillezweig |
Speiseeis erscheint auf den ersten Blick als ein typisches Produkt des industrialisierten Westens, da zu seiner Herstellung und seinem Transport erheblicher technischer Aufwand nötig ist. Allerdings ließ sich bereits Alexander der Große mit eisgekühlten Desserts verwöhnen, und von einigen römischen Kaisern wird dasselbe berichtet. Die chinesischen Kaiser der Tang-Dynastie genossen an heißen Sommertagen mit Kampfer aromatisierte Eis-Gerichte auf Milchbasis, und ähnliche Rezepte (kulfi [कुल्फ़ी]) wurden fast ein Jahrtausend später von der indischen Mogul-Dynastie perfektioniert. Zur Kühlung diente aus den Bergen herangeschaffter Schnee, eine erhebliche logistische Leistung!
Moderne Eis-Crèmes verdanken ihre geschmeidige Konsistenz
nicht nur verschiedenen Emulgatoren, sondern vor allem winzigen Gasblasen,
die bei der Herstellung eingearbeitet werden. Diese Entwicklung unterscheidet
das Speiseeis von heute von den halbgefrorenen, sorbet-artigen Produkten eines
Nero oder Jehan Gir.
Vanilleblatt |
Speiseeis wird heute in einer Unzahl verschiedener Sorten
angeboten; beliebt sind vor allem Schokolade, Fruchtaromen (von den auf
dieser Seite erwähnten Pflanzen Zitrone,
Orange, Mango
und Granatapfel),
Pfefferminz, Vanille,
Tonka und nussige Geschmacksrichtungen wie
Haselnuß, Mandel oder
Kokos. Ausgezeichnetes Eis kann man aber auch aus
verschiedenen Kräutern (Zitronenverbene, Basilikum,
Lavendel) oder Gewürzen wie
Zimt, Cardamom und
Muskat herstellen. In manchen Ländern werden
blumige Düfte, etwa Rose in Iran oder
Pandanusblüten in Indien, zu Eis verarbeitet;
in Thailand und Indonesien bekommt man dagegen Eis aus
Pandanusblättern. Das
Safraneis, das ich in einigen indischen Ferienorten
angeboten bekam, kann geradezu süchtig machen (am besten war
Safran–Pistazie, für alle, die einen Urlaub in Mount
Abu/Rajasthan planen). Andere Eissorten
erwähne ich dagegen nur der Vollständigkeit halber: Von
Knoblauch- und Chilieis
wird gelegentlich berichtet, aber mir ist es noch nicht untergekommen.
Blüten und Früchte der Vanille |
Sterile Vanillepflanze |
Anders als bei den meisten anderen Gewürze ist die Verarbeitung der Vanille nach dem Pflücken ziemlich kompliziert, da die frischen Schoten so gut wie keinen Geschmack haben; das Vanillin ist nämlich glycosidisch gebunden und muß erst durch eine enzymatische Reaktion freigesetzt werden. Dazu werden die frischgeernteten Früchte einer Folge von Heißwasser- (Bourbon) oder Wasserdampfbehandlungen (México) unterzogen. Diese aufwendige Verarbeitung und außerhalb Méxicos auch die Notwendigkeit künstlicher Bestäubung machen Vanille zu einem der teuersten Gewürze.
Vanille wird nicht oft mit anderen Gewürzen kombiniert, allenfalls wären Safran oder Zimt einen Versuch wert. Wer Vanille der Abwechslung halber einmal durch ein anderes Gewürz ersetzen möchte, dem bieten sich mit Tonkabohnen, Pandanusblättern und Felsenkirsche (für Mutige) potentiell interessante Alternativen. Auch Blütenwässer kommen in Frage (Rose, Kewra).
Alles Teure wird verfälscht oder nachgemacht — Vanille ist
dabei keine Ausnahme. Synthetisches Vanillin ist ein offensichtlicher Kandidat,
um minderwertige oder teilextrahierte Vanilleschoten
Zwei verwandte Arten, V. pompona, die Guadeloupe-
oder Antillen-
Im 21. Jahrhundert erlebte die Tahiti-Vanille jedoch einen beachtlichen Popularitätszuwachs,
vor allem in der gehobenen westlichen Gastronomie. Mittlerweile wird sie in etwas teureren Restaurants
routinemäßig zum Würzen typischer Vanille-
aufzuwerten
; es kann
auch dem teuren Vanilleextrakt (den man durch Auslaugen der Schoten in
Wasser–echten
Vanille, dies muß aber nicht unbedingt als Nachteil
angesehen werden.