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Liebstöckel (Levisticum officinale Koch)

Synonyme

pharmazeutischRadix Levistici
AltgriechischΛιγυστικόν
Ligustikon
Aramäischܠܝܒܘܣܛܝܩܘܢ, ܬܒ݂ܠܐ ܦܬ݂ܝܐ
Libustiqon, Tevle pthayya
BretonischLivec’h
BulgarischДевесил
Devesil
Chinesisch
(Kantonesisch)
圓葉當歸 [yùhn yihp dōng gwāi]
Yuhn yihp dong gwai
Chinesisch
(Mandarin)
圓葉當歸 [yuán yè dāng guī], 圆叶当归 [yuán xié dāng guī]
Yuan ye dang gui, Yuan xie gang gui
DänischLøvstikke
DeutschLuststock, Lusch, Maggikraut, Badekraut
EnglischLovage, Love Parsley, Garden lovage, Bladder seed
EsperantoLevistiko
EstnischHarilik leeskputk
Farsiانجدان رومی
Anjodan romi
FinnischLipstikka, Liperi
FranzösischLivèche, Ache de montagne, Céleri perpétuel, Gaya à tige simple
GälischLuibh an liugair, Lus-an-liùgair
GalizischLevístico, Legústico
GriechischΛεβιστικο
Levistiko
Hebräischלווג׳
Lovaj
IsländischSkessujurt
ItalienischLevistico, Sedano di Monte, Sedano di montagna, Ligustico
Japanischロベッジ
Robejji
Jiddischליוביסטיק
Liubistik
Koreanisch라바지, 러뷔지, 러비지, 로바지, 라베지
Rabaji, Reobwiji, Robwiji, Reobiji, Robiji, Robaji, Rabeji
KroatischLjekoviti ljupčac, Magi-začin, Selen
LateinischLevasticum, Levisticum, Ligusticum
LettischLupstājs
LitauischVaistinė gelsvė, Gelsvė
MakedonischСелен
Selen
NiederländischLavas, Maggiplant, Lubbestok, Mankracht
NorwegischLøpstikke
PolnischLubczyk ogrodowy
PortugiesischLevístico
RumänischLeușteanLeuştean; LeușzeanLeuşzean (Moldawisch)
RussischЛюбисток, Любовное зелье, Зоря
Lyubistok, Lyubovnoe zelye, Zorya
SchwedischLibsticka
SerbischСелен, Љупчац, Милодух
Selen, Ljupčac, Miloduh
SlovenischLuštrek
SlowakischKorenie Maggi, Ligurček lekársky, Ligurček, Americký zeler
SpanischLigústico, Apio de montaña
Thaiโกฐเชียง
Kot chian
TschechischLibeček, Libeček lékařský
TürkischSelâm otu, Deniz maydanozu, Yaban kerevizi
UkrainischЛюбисток аптечний, Любисток лікарський
Lyubystok aptechnyj, Lyubistok likarskyj
UngarischLestyán
VietnamesischCây cần núi, Cần núi
Cay can nui, Can nui
WeißrussischЛюбіста
Ĺiubista

Levisticum officinale: Liebstoeckel-Blatt
Liebstöckel-Blatt
Levisticum officinale: Liebstöckelfrüchte
Getrocknete Liebstöckel-Früchte
Verwendeter Pflanzenteil

Zumeist werden die frischen Blätter als Ge­würz ver­wendet. Aller­dings weisen Wurzel und Früchte das­selbe Aroma auf und können ein­gesetzt werden, wenn ein stärkerer Liebstöckel­geschmack erwünscht ist oder wenn keine frische Pflanze zur Verfügung steht; die Wurzel wird als Diuretikum verwendet und ist in Apotheken erhältlich, aber die Früchte werden meines Wissens nach nicht gehandelt.

Pflanzenfamilie

Apiaceae (Dolden­blüten­gewächse).

Geruch und Geschmack

Stark aromatisch, entfernt an Sellerie erinnernd. Es gibt auch eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Geruch des Schabziegerklees.

Inhaltsstoffe

Die frischen Blätter enthalten max. 0.5% ätherisches Öl; die meisten der darin nachgewiesenen Aromakomponenten sind Phthalide (Ligustilid, Butylphthalid und Sedanolid, ein teilweise hydriertes Butylphthalid). Terpenabkömmlinge (Terpineol, Carvacrol) und Eugenol spielen eine geringer Rolle.

Levisticum officinale: Maggikraut
Liebstöckel-Pflanzen
Levisticum officinale: Blühender Liebstöckl
Blühender Liebstöckel

Phthalide tau­chen auch in einigen verwandten Pflanzen aus der Familie der Dolden­blütler auf, besonders in Sellerie. Davon abgesehen, sind solche Ver­bindungen im Pflanzen­reich eher selten. Eine einfach hetero­cyclische Verbindung namens Sotolon, die in Bockshorn­klee und auch in Maggi-Sauce gefunden wurde, weist jedoch eine ähnliche Grund­struktur auf, wobei gegen­über den Phthaliden ein Benzol­ring fehlt. Diese chemische Ähnlich­keit erklärt vielleicht die ähnlichen Aromen der beiden Gewürze, und auch die oft beschriebene Ähnlich­keit zu Maggi-Sauce (auch wenn ich zweitere nicht so augenfällig halte).

Herkunft

Wahr­scheinlich Zentral­asien.

Etymologie

Die Anklänge an Liebe, die man sowohl beim deutschen Lieb­stöckel als auch beim engli­schen lovage vermuten könnte, sind nur ein Produkt von Volks­etymologie. In Wahrheit sind die beiden Namen mit den Bezeich­nungen für Lieb­stöckel in den meisten modernen euro­päischen Sprachen verwandt, z. B. französisch livéche, norwegisch løpstikke, finnisch lipstikka, estnisch leeskputk, lettisch lupstājs, tschechisch libeček, rumänisch leușteanleuştean, ungarisch lestyán, griechisch levistico [λεβιστικο] und ukrainisch lyubystok [любисток]. Diesen Namen liegt lateinisch ligusticum (gekürzt aus ligusticum apium ligurischer Eppich) zugrunde, weil Liebstöckel in der westitalienischen Region Ligurien besonders häufig vorkam und vorkommt. Siehe auch Sellerie für Eppich. Das englische lovage stammt direkt vom mittelenglischen loveache ab, das wiederum aus dem Altfranzösischen (luvesche) entlehnt ist.

Levisticum officinale: Liebstöckeldolden
Liebstöckeldolden

Der deutsche Name Maggi­kraut soll darauf hinweisen, daß Liebstöckel im Aroma an Maggi-Würze erinnert — meiner Meinung nach ein ziemliches Kompli­ment für letztere. Maggi-Würze ist ein Partial­hydrolysat aus Protein mit zusätz­lichen Geschmack­stoffen und Salz. Inter­essanter­weise gibt es analoge Namen in anderen Ländern Mittel- und Osteuropas, z. B. Kroatisch Magi-začin Maggi-Geschmack und slowakisch Korenie Maggi Maggi-Gewürz.

Ausgewählte Links

Indian Spices: Lovage (indianetzone.com) Ilkas und Ullis Kochecke: Liebstöckel (rezkonv.de via archive.org) Der Karlsgarten (biozac.de) Pflanzen des Capitulare de Villis: Liebstöckel (biozac.de) Sorting Levisticum names (www.plantnames.unimelb.edu.au) The Ninth Century Garden of the Capitulare de Villis of Charlemagne (meridies.org via archive.org) Toil d’épices — Histoire des épices — Charlemagne Saskatchewan Herb and Spice Association: Lovage Rezept: Ritschert (ichkoche.at) Recipe: Ciorbă de burtă (Romanian tripe soup) (cyclingforums.com) Recipe: Borș cu perișoareBorş cu perişoare (Romanian sour cabbage soup) (netcooks.com)


Levisticum officinale: Luststock-Dolde
Liebstöckel-Blüten
Levisticum officinale: Maggikraut-Dolde
Reifende Liebstöckelfrüchte
Levisticum officinale: Blühende Liebstöckelpflanze
Blühender Liebstöckel
Levisticum officinale: Libstöckel Fruchtstand
Reifende Liebstöckelfrüchte

Liebstöckel ist ein traditionelles Gewürz in Südeuropa, dessen Gebrauch bis in die Antike zurückreicht; Liebstöckel war sogar eines der Schlüssel­aromen der Küche im alten Rom. Wer die Speisen der Römerzeit nachkochen möchte, ist gut beraten, sich eine Quelle für dieses Gewürzkraut zu suchen oder es selbst anzubauen, anstatt es durch Sellerie (wie leider oft empfohlen) zu ersetzen. Siehe auch Silphion für die altrömische Kochkunst.

Auch heute wird Liebstöckel in Süd- und Mitteleuropa gerne verwendet, hat allerdings außerhalb dieser Gegenden nur wenige Freunde gefunden. Sein charakteristisches Aroma paßt gut zu Suppen, Eintöpfen, sauer Eingelegtem und Kräuteressig (siehe Dill). Die Blätter werden sehr häufig zum Würzen von Rindsuppen verwendet, indem man einen Bund eine halbe Stunde lang mit der Brühe mitkochen läßt (siehe Petersilie über Suppengrün). In Deutschland würzt man sehr oft Kartoffeln mit Liebstöckel.

Die Verwendung von Liebstöckel zur italienischen Küche konzentriert sich auf die ligurische Küste, wo das Gewürz seit alters kultiviert wird (sieh oben). Dort verwendet man ihn gerne, oft zusammen mit Oregano, zu Tomatensauce; dazu läßt sich Liebstöckel auch effizient mit der Weinraute kombinieren.

Die heutige Verbreitung des Liebstöckel in Mitteleuropa bis zum süddeutschen Raum geht auf das frühe Mittelalter zurück: Zu Beginn des 9. Jahrhunderts schrieb Karl der Große in seinem bekannten Capitulare de villis vel curtis imperii Caroli Magni eine Anzahl verwaltungstechnischer, zivilrechtlicher und landwirtschaftliche Regeln fest, die im ganzen neugeschaffenen Karolingerreich zu gelten hatten. Am Ende des Edikts findet man eine Vorschrift über den Anbau bestimmter Gewürz- und Heilpflanzen in kaiserlichen Gärten.

Die Sprache aller capitularia ist ein mittelalterliches Latein, die einzige Sprache, die im ganzen Frankenreich gesprochen und verstanden wurde. Bewegen Sie die Maus über den Text, um eine Übersetzung der Pflanzennamen zu sehen (HTML 4.0, CSS level 1).

Volumus quod in horto omnes herbas habeant, id est lilium, rosas, fenigrecum, costum, salviam, rutam, abrotanum, cucumeres, pepones, cucurbitas, fasiolum, ciminum, ros marinum, careium, cicerum italicum, squillam, gladiolum, dragantea, anesum, coloquentidas, solsequiam, ameum, silum, lactucas, git, eruca alba, nasturtium, parduna, puledium, olisatum, petresilinum, apium, levisticum, savinam, anetum, fenicolum, intubas, diptamnum, sinape, satureiam, sisimbrium, mentam, mentastrum, tanazitam, neptam, febrefugiam, papaver, betas, vulgigina, mismalvas, id est althaea, malvas, carvitas, pastenacas, adripias, blidas, ravacaulos, caulos, uniones, britlas, porros, radices, ascalonicas, cepas, alia, warentiam, cardones, fabas maiores, pisos mauriscos, coriandrum, cerfolium, lacteridas, sclareiam. Et ille hortulanus habeat super domum suam Iovis barbam.

De arboribus volumus quod habeant pomarios diversi generis, prunarios diversi generis, sorbarios, mespilarios, castanearios, persicarios diversi generis, cotoniarios, avellanarios, amandalarios, morarios, lauros, pinos, ficus, nucarios, ceresarios diversi generis.

Die Verordnung enthält noch einige Zeilen über spezielle Apfelsorten. Bei einigen Pflanzen aus der obigen Liste ist die botanische Identität nicht ganz klar; vgl. auch Granatapfel über die Schwierigkeiten von biblischen Pflanzennamen. Eine Übersetzung ins Deutsche ist wegen der enumerativen Natur des Textes schwierig zu lesen, besonders, wenn man auch noch botanische Zweifelsfälle berücksichtigen will. Der folgende Versuch zielt auf flüssige Lesbarkeit; botanische Namen erscheinen erst, wenn Sie einen Pflanzennamen mit der Maus berühren (HTML 4.0, CSS level 1).

Levisticum officinale: Luststockblüte
Liebstöckelblütenstand
Wir wünschen daß sie im Garten alle Kräuter haben sollen, das sind Schwert­lilie (?), Hundsrose, Bockshorn­klee, Frauenminze, Salbei, Weinraute, Eberraute, Gurken, Zuckermelonen, Flaschenkürbisse, Kuherbse (?), Kreuzkümmel, Rosmarin, Kümmel, Kichererbse, Meerzwiebel, Siegwurz, Schlangenknöterich (?, ?), Anis, Koloquinthen (?), Sonnenwende (?), Bärwurz (?) Bergkümmel, Lattich (?), Schwarzkümmel, Ölrauke, Brunnenkresse, Klette, Poleiminze, Engelwurz (?), Petersilie, Sellerie, Liebstöckel (?), Sadebaum, Dill, Fenchel, Wegwarte, Diptam, Senf, Bohnenkraut, Wasserminze, Grüne Minze, Roßminze, Rainfarn, Katzenminze, Tausenguldenkraut (?), Mohn, Mangold, Haselwurz, alle Malven, das sind Eibisch und Wilde Malve, Karotte, Pastinak, Gartenmelde, Amaranth, Stoppelrübe, Kohl, Winterzwiebel (?), Schnittlauch, Porree, Rettich, Schalotte, Zwiebel, Knoblauch, Krapp, Weberkarde (?), Saubohne, Erbse, Koriander, Kerbel, Kreuzblättrige Wolfsmilch, Muskatellersalbei. Und jeder Gärtner soll auf seinem Haus die Dach-Hauswurz (Jupiterbart) wachsen haben.

Von den Bäumen wünschen wir, daß sie Äpfel (?) in verschiedenen Sorten, Zwetschken in verschiedenen Sorten, Speierlinge, Mispeln, Eßkastanien, Pfirsiche in verschiedenen Sorten, Quitten, Haselnüsse, Mandeln, Maulbeeren, Lorbeer, Pinien, Feige, Walnüsse, Süßkirschen (?) in verschiedenen Sorten haben sollen.


Levisticum officinale: Luststock, Maggikraut
Junge Liebstöckelpflanzen

Das Capitulare de villis trug zur Vereinheit­lichung der landwirtschaft­lichen Methoden bei und sorgte für eine überregionale Verbreitung von Nutzpflanzen und dem Wissen darüber. Die Pflanzenlisten Karls des Großen behielten das ganze Mittelalter bis in die Neuzeit ihren kanonischen Charakter: Die Karlspflanzen wurden in allen Klostergärten kultiviert, soweit es die klimatischen Bedingen erlaubten.

Einige Gewürzkräuter südeuropäischer Herkunft wurden erst durch das Capitulare in Mitteleuropa bekannt und konnten sich seitdem in den kühleren Regionen behaupten. Liebstöckel ist dafür ein gutes Beispiel; andere sind Petersilie, Sellerie, und auch die heute noch in manchen Bauerngärten der Alpen oder Britanniens anzutreffende Eberraute. Andere karolingische Nutzpflanzen konnten dagegen nördlich der Alpen aus klimatischen Gründen nicht Fuß fassen (z. B. Mandel) oder wurden im Lauf der Zeit von anderen verdrängt (z. B. Kreuzkümmel).

Obwohl die wohlschmeckenden Früchte des Liebstöckels sich durchaus als Gewürz eignen würden, werden sie nicht gehandelt. Gelegentlich auftretende Gerüchte über Liebstöckelsamen (englisch lovage seed) erweisen sich stets als fehlbeschrifteter Ajowan. Echte Liebstöckelsamen braucht man für einige altrömische Rezepte aus dem Apicius-Kochbuch (siehe Silphion).



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