Sesamblüten |
Sesamblüte |
Sesam gehört zu den wichtigsten Ölpflanzen der Menschheit und ist eine ihrer ältesten. Sesamöl wird in sehr unterschiedlichen Qualitäten verkauft, und wer vernünftig damit kochen will, der muß sich über deren unterschiedliche kulinarische Eigenschaften im klaren sein.
Grundsätzlich enthalten fast alle Samen eine gewisse Menge an
energieliefernden Inhaltsstoffen, die der jungen Pflanze in ihrer ersten
Lebensphase als Nahrung dienen können (die wenigen Arten, die das nicht machen,
weichen auf hochspezialisierte Alternativen aus,
Unter den ungesättigten Fetten gibt es einige, die für den
Körper essentiell sind und deren Minderaufnahme daher
Mangelkrankheiten hervorruft. Bessere Kocheigenschaften haben jedoch die
gesättigten Fette, weil man sie auf höhere Temperaturen erhitzen kann
und weil sie auch besser lagerbeständig sind. Auch die Geschmacksstoffe
sind vielfach nicht hitzefest und hinterlassen einen angebrannten
Geschmack.
Kaltgepreßte Öle (zunehmend als native Öle bezeichnet) enthalten sehr oft viele Aromastoffe und erinnern in ihrem Geruch an die Pflanze, aus der sie gewonnen sind. Sie dürfen nur vorsichtig erhitzt werden, da sich ihre Aromakomponenten sonst zersetzen und der Vorteil der kalten Pressung daher verlorengeht. Kaltgepreßte Öle eigenen sich oft sehr gut für Salate oder bei verhältnismäßig niedrigen Temperaturen gekochte Speisen. Extra vergine Olivenöl ist ein bekanntes Beispiel; etwas weniger traditionsreiche Öle sind Nußöl, Mohnöl und Rapsöl.
Der Begriff Kaltpressung ist ein bißchen irreführend, denn
auch bei kalter Pressung
kann die Temperatur des Preßgutes durch
Reibung ohne weiteres auf 40 °C ansteigen. Manche Ölmühlen
erhöhen die Qualität des Öls, indem sie das Preßgut
während des Pressens zusätzlich kühlen. Kühlung ist
besonders wichtig für die Gewinnung von hochwertigem
Olivenöl.
Manche Öle werden aus gerösteten Samen gewonnen; zumeist
sind diese Produkte sehr aromatisch und charaktervoll
(steirisches Kürbiskernöl, nepalisches Senföl,
Hanföl und orientalisches Sesamöl). Da die Samen bei der
Vorbehandlung bereits erhöhten Temperaturen ausgesetzt waren,
entfällt hier die Notwendigkeit einer kalten Pressung, und man arbeitet
bei etwa 60 bis 80 °C. Noch höhere Temperaturen verbessern zwar die
Preßausbeute, würden aber den Geschmack negativ beeinflussen.
Reife Fruchtkapseln (S. radiatum) |
Blühende Sesampflanze (S. radiatum) |
Heißgepreßte Öle sind billiger, da bei hohen Temperaturen (über 100 °C) die Ausbeute beim Pressen steigt, so daß auch die Preßrückstände einer ersten kalten Pressung noch verwendet werden können. Durch Einsatz von Lösungsmitteln läßt sich die Ausbeute auf fast 100% steigern. Allerdings können sich bei sehr hohen Temperaturen viele unerwünschte Geschmacksstoffe bilden, so daß viele heißgepreßte Öle für den menschlichen Konsum nicht geeignet sind. Daher schließt ein weiterer Verfahrensschritt an, die Raffination, bei der freie Fettsäuren, Lösungsmittelrückstände und alle Aromastoffe restlos entfernt werden; es verbleibt ein Speiseöl ohne jeden Eigengeschmack.
Raffinierte Öle sind in der westlichen Küche sehr beliebt, einerseits, weil dort starke Aromen ohnehin nicht geschätzt werden und andererseits weil sie sehr temperaturbeständig sind und sich somit ausgezeichnet zum Frittieren eignen. Aus welcher Pflanze sie gewonnen wurden, ist für den Geschmack ohne Bedeutung, Unterschiede gibt es jedoch bei der Hitzebeständigkeit und dem Gehalt an essentiellen Fettsäuren. Im Westen beliebt sind raffinierte Öle aus Sonnenblumen, Mais, Sesam und Färbersaflor sowie das feste Kokosfett.
Durch chemische Härtung (Umwandlung ungesättigter Fette in gesättigte) kann man aus solchen Ölen Margarine herstellen; Margarine ist zwar wegen ihres Mangels an essentiellen Fetten weniger wertvoll als das Öl, ist jedoch wegen ihrer pflanzlichen Herkunft auf jeden Fall cholesterinfrei und bringt daher gegenüber tierischen Fetten (Butter, Schmalz) immer noch gewisse diätetische Vorteile. Geschmacklich kann sie der Butter natürlich nicht das Wasser reichen, auch wenn entsprechend aromatisierte Margarinen im Handel sind.
Sesamöl wird in jeder der beschriebenen Formen gehandelt: Raffiniertes Sesamöl ist im Westen weit verbreitet und dient in großem Maßstab zur Herstellung von Margarine; kaltgepreßtes Öl dagegen ist in Gesundheitsläden zu haben. In den asiatischen Küchen werden verschiedene Formen von warmgepreßtem Sesamöl bevorzugt.
So stellt eine heißgepreßtes Sesamöl das wichtigste
Kochmedium im Südwesten Indiens (vor allem im Bundesstaat Maharashtra)
und in Burma (siehe auch Zwiebel) dar. Eine
besondere Spezialität ist das dunkle orientalische Sesamöl
(xiang you [香油] aromatisches Öl
,
koreanisch cham girum [참기름]);
es wird aus gerösteten Sesamsamen gewonnen wird und dient sowohl in Korea
als auch in der chinesischen Provinz Sichuan (siehe auch Sichuanpfeffer) als Tischgewürz. Wegen des
starken Geschmacks wird es nur tropfenweise verwendet,
Als Bratmedium kann dunkles Sesamöl nur nach entsprechender
Verdünnung mit neutralem Öl dienen: Japanisches
tempura [テンプラ] (Gemüse im Ausbackteig, siehe
Perilla) wird zum Beispiel in einer
Mischung aus Sesamöl und Pflanzenöl im Verhältnis 1:10
fritiert.
Sesamblüten |
Sesamblüte (Frontalansicht) |
Sesampflanze in Blüte |
Gerösteter Sesam wird im Fernen Osten auch oft als Gewürz verwendet. Er ist ein Bestandteil der exotisch schmeckenden japanischen Gewürzmischung shichimi tōgarashi (siehe Sichuanpfeffer) und wird in vielen koreanischen oder japanischen Rezepten vor dem Servieren über die Speisen gestreut. Eine simplere Mischung aus gerösteten Sesamsamen mit Salz heißt in Japan gomashio (fälschlich gomasio) [ごま塩, ごましお] und wird bei Tisch über verschiedene trockene Reisgerichte gestreut.
Chinesische Sesampaste (zhi ma jiang [芝麻酱])
besteht aus gerösteten Sesamsamen und hat daher einen sehr
intensiven Geschmack nach chinesischem Sesamöl; sie wird
vor allem zu Saucen für Salate und kalte Vorspeisen gebraucht.
Ein Beispiel ist die Sichuan-Vorspeise guai wei ji si [怪味雞絲, 怪味鸡丝] Huhn mit merkwürdigem Geschmack
,
ein Salat aus zerzupftem gekochtem Hühnerfleisch mit einem pikanten Dressing aus
Sojasauce, Zucker, schwarzem Essig (hei cu [黑醋]), Sesampaste, Sesamsamen,
Chiliöl und geröstetem
Sichuanpfeffer. Der Name bezieht sich auf die
ungewöhnlichen Kombination von Aromen, vor allem die starke
Süße, die einen einzgartigen aber köstlichen Geschmack ergeben.
In China heißt das Rezept auch auch Bang-Bang-Huhn [棒棒雞絲],
benannt nach den hölzenen Keulen, mit denen die Straßenhändler
die Messer durch die Hühnerknochen treiben und das Fleisch weichklopfen.
Ungeröstete Sesamsamen sind im Nahen Osten beliebt und tauchen beispielsweise in der jordanischen Gewürzmischung zahtar (siehe Sumach) oder im ägyptischen dukka [دقه] (siehe Thymian) auf. Im ganzen Nahen Osten (Westasien) liebt man tahini [طحينية], eine aus gemahlenen Sesamsamen hergestellte Paste, mit der man Saucen andickt und verfeinert. So besteht beispielsweise das in Israel, Syrien und Libanon als Brotaufstrich sehr beliebte humus (hummus [حمص]) aus pürierten Kichererbsen, tahini, Olivenöl, etwas Zitronensaft und frischer Petersilie.
Sesamsamen spielen in der Küche Méxicos eine bedeutende Rolle. Eine der berühmtesten mexicanischen Kreationen ist mole rojo oder mole poblano, eine raffinierte Sauce, die klassischerweise zu Truthahnbraten serviert wird; siehe Paprika über mole im allgemeinen und den mexicanischen Blattpfeffer über mole verde (grünen Mole).
Mole Poblano lebt von einer großen Zahl von Zutaten:
Hühnersuppe, gegrillte Tomaten und Tomatillos, Rosinen, drei verschiedene
eher milde Paprikasorten (die heilige
Dreifaltigkeit
von ancho, mulato und
pasilla), ein Haufen tropischer Gewürze (Gewürznelken, Piment,
Zimt, Muskat und Pfeffer), Sesam und Mandeln gehen eine äußerst
ungewöhnliche Ehe mit Bitterschokolade bzw. gerösteten Kakaobohnen
ein. Ausgiebiges Braten in Schweineschmalz als letzter Schritt einer aufwendigen
Zubereitung vertieft das Aroma zu einem wahrhaft unvergeßlichen Erlebnis.
Manche koreanischen Kochbücher erwähnen ein Gewürz namens
wilder Sesam
(tul-kae [들깨]);
dabei handelt es sich aber nicht um Sesam oder einen Verwandten, sondern
um Perilla,
eine ganz andere Pflanze mit duftenden Blättern.