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Zweig des indischen Lorbeerbaumes
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Blüten des indischen Lorbeerbaumes
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Die indischen Lorbeerblätter stammen von
einem Baum, der nahe mit
Zimt
verwandt ist. Die derben Blätter mit den
charakteristischen drei parallelen Adern sind in Nordindien sehr beliebt,
werden aber nirgendwo sonst verwendet — zumindest heutzutage.
In der Antike waren sie wohlbekannt; im Rom hießen sie
malobathrum (auch
malabathrum), aber viele
Rezepte bezeichnen sie oft einfach nur als
folia
Blätter
(was manche Übersetzungen inkorrekt als
Lorbeerblätter wiedergeben). Sie wurden in
der Antike sowohl für die Parfumerie als auch zum Kochen verwendet;
siehe auch
Silphion über die Küche der
alten Römer.
Während des Mittelalters waren die indischen
Lorbeerblätter möglicherweise noch in Europa erhältlich,
jedenfalls schreiben einige mittelalterlichen Bierrezepte von folia,
aber die Identifikation bleibt unklar (siehe dazu auch Gagel).
Auf jeden Fall fielen sie irgendwann zwischen der Spätantike und dem Hochmittelalter der
Vielzahl neuer Gewürze zum Opfer, die nun erhältlich waren, und
wurden schließlich vergessen. Im Westen wurde sie erst wieder bekannt, als im Zuge der
Entdeckungsfahrten europäische Gelehrte nach Asien kamen: Garcia de Orta bemerkte im 16. Jahrhundert
auf einer Reise durch Indien die Blätter und erkannte ihre Identität mit dem in antiken Schriften beschriebenen Gewürz.
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Blüten des indischen Lorbeerbaumes
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Heute verwendet man indische Lorbeerblätter fast nur in den
Küchen Nordindiens, vor allem in der berühmten Mogul-Küche,
die an der kaiserlichen Höfen in Delhi und Agra entwickelt wurde.
Dieser neue Stil führt, entsprechend der Herkunft der Mogulkaiser, arabische und persische
Elemente ein; oft wird gesagt, daß er versucht, die architektonische
Raffinesse des Taj Mahal in der Kochkunst nachzubilden. Das Taj Mahal
wurde ja ebenfalls unter den Mogulenkaisern errichtet.
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Indischer Lorbeerbaum, Blüten
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Indischer Lorbeerbaum, Blüten und Blätter
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Indischer Lorbeer
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Die mogulische Küche macht in großem Umfang von
aromatisch-süßen Gewürzen Gebrauch. Als die vier wichtigsten
Gewürze für die köstliche Reisspezialität biryani [बिरयानी] gelten
außer den Lorbeerblättern Zimt, Gewürznelken und grüner Cardamom. Weiters ist für die
mogulische Küche, ganz im Gegensatz zu den sonstigen indischen
Gepflogenheiten, Zurückhaltung bei Chilies
typisch; zuletzt wird der sonst in Indien so beliebte Kreuzkümmel oft durch den verwandten aber
anders schmeckenden schwarzen Kreuzkümmel
ersetzt (siehe dort für mehr Information über mogulische Küche).
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Indischer Lorbeerbaum, Blüten
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Indische Lorbeerblätter findet man außer in biryanis
auch in den mogulischen kormas, für deren Zubereitung
die nordindische Stadt Lucknow besonders bekannt ist; für ein korma schmort man
Fleisch, manchmal auch Gemüse, lange und langsam in reichhaltigen, subtil gewürzten und mit
geriebenen Mandeln angedickten Saucen,
wobei oft versiegelte Töpfe eingesetzt werden, um Aromaverluste zu vermeiden.
Auch die nordindische Gewürzmischung garam masala (siehe
Kreuzkümmel) enthält oft indische
Lorbeerblätter. Außer für diese Gewürzmischung werden
sie immer ganz verwendet.
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Indischer Lorbeerbaum, Blüten und Blätter
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In der nordindischen Alltagsküche sind Indische Lorbeerblätter extrem verbreitet und wahrscheinlich
mehr in Gebrauch als die anderen süß–aromatischen Gewürze. Sie würzen fast jedes lange gekochte Gericht
des Nordens und sind besonders in muslimischen Fleischcurries beliebt. Im Süden kennt man sie dagegen wenig;
manchmal treten andere duftende Blätter (Zimt, Piment)
an ihre Stelle, aber das ist nicht Standard.
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Indischer Lorbeer
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Indische Lorbeerblätter sind auch im Tarai, dem Flachland im Süden von
Nepal, sehr beliebt. Die Terai-Küche ist im wesentlichen eine mildere Version
der nordindischen Küche, und indische Lorbeeerblätter sind eine
Schlüsselzutat für die vielen Gemüsecurries dieser Region, besonders
der Umgebung von Janakpur (Mithila). Ich fand die größten Mengen davon
in Kartoffelcurries. Auch in den Grenzgebirgen des Nordostens in Richtung Burma
ist dieses Gewürz in Verwendung. Dort wird es auch oft frisch verkauft.
Da Indische Lorbeerblätter im Westen vor der Jahrtausendwende kaum erhältlich
waren, schlagen die meisten Bücher (vor allem ältere) die Verwendung
der südeuropäischen
Lorbeerblätter als Ersatz vor. Diese sehen zwar
ähnlich aus, aber die Aromen sind einander nicht besonders
ähnlich. Besser geeignet (wenngleich im Westen kaum leichter zu bekommen)
sind Blätter von Zimt oder auch
Cardamom. Ansonsten kann man sein Glück auch
mit den südamerikanischen Boldoblättern
versuchen, die zwar anders, aber dafür kräftig schmecken. Ebenfalls
ganz gut geeignet ist ein simples Stück
Zimtrinde oder eine
Pimentbeere.