Eine sarkastische Kritik der Hobbit-Filme

Die „Hobbit-Trilogie“ ist endlich am Ende. Fast alles ist dazu schon gesagt worden, aber einiges noch nicht von mir. Des­halb gibt es hier eine persön­liche, flapsig ge­schrie­bene aber ernst­gemein­te Kritk der drei Filme. Jede der drei Ab­schnit­te wurde nach dem Sehen des je­weili­gen Films ver­faßt und spiegelt meine Meinung zu einem bestimmten Zeit­punkt wider. Aller­dings hat die Zukunft wenig gebracht, was eine Revision meiner damali­gen Ein­schätzung nötig machen würde.

Ich habe alle Filme nur auf schlechten illegalen DVDs gesehen, Be­mer­kun­gen über HFR oder 3D darf sich der p.t. Leser hier also nicht erwarten. Beim drit­ten Teil kommt er­schwe­rend hinzu, daß es sich um eine im Kino ab­gefilm­te spanischen Version handelte, daher kann ich über die Dialoge relativ wenig sagen; es stellt sich aber heraus, daß man der Handlung auch so ganz gut folgen kann.

An Unexpected Desaster (Regie: George L. Jackson)

Bilbo vor Gandalf und den Zwergen. Links Balin, Fíli, Kíli, rechts Dwalin, Thorin und Óin.

Bewährtes Personal: Gandalf und Bilbo

Thrór auf dem Thron des Einsamen Berges

Bilbo vor Gandalf und den Zwergen. Links Balin, Fíli, Kíli, rechts Dwalin, Thorin und Óin.

In An Un­expec­ted De­saster zeigt uns Peter Jack­son strecken­weise sehr an­schau­lich, wie man einen Fantasy-Film nicht machen darf. Das halte ich für sehr lobens­wert, auch wenn das Produkt letzt­lich nicht ganz die Ein­dring­lich­keit und ab­schreckende Wirkung des großen Vor­bildes Phantom Menace erreicht; ent­sprechend seinem Naturell konnte der Regisseur sich näm­lich nicht zurück­halten, ver­einzelt doch noch gelungene Szenen einzubauen.

Bewährtes Personal: Gandalf und Bilbo

Was sind die Pro­bleme an Un­expec­ted De­saster? Immer­hin haben wir zwölf hervor­ragend unter­schied­lich ge­stal­te­te Zwerge, einen alt­bewähr­ten Zauberer, und wir betreten in Mittel­erde überall geschichts­trächti­gen und ver­trau­ten Boden; dazu kommen charisma­ti­sche Schau­spieler, das fähige Special-Effect-Team von WETA und ein be­acht­liches Budget. Die Schach­figuren, so scheint es, sind alle in die richtige Stel­lung gebracht worden. Aber trotz­dem leidet der Film an einer großen Anzahl kleinerer und größerer Probleme, von denen die meisten aus einer ge­meinsa­men Wurzel spießen: Bis zum Ende weiß der Zuseher nicht, ob er jetzt einer epischen Fantasy-Geschichte oder einer Kinder­buch­verfil­mung bei­gewohnt hat.

Thrór auf dem Thron des Einsamen Berges

Der Film beginnt mit spektaku­lären Bildern aus dem pracht­voll de­tailliert ge­stalte­ten Zwergen­könig­reich von Erebor; das ist Fantasy vom Feinsten. Es folgt eine läng­liche Über­leitungs­szene mit dem ver­trauten, alten Bilbo und einem neu­gieri­gen Frodo, die das Werk felsen­fest als Prequel zur erfolg­reichen Herr-der-Ringe-Tri­logie identi­fiziert. Und dann serviert uns Jack­son eine halbe Stunde lang Slap­stick mit dem ge­pfleg­ten Niveau von Leuten, die auf Bananen­schalen aus­rutschen. Dieses Pendeln zwischen sti­lis­tisch in­kompa­tib­len Genres hält der Film mit er­staun­licher Kon­sequenz bis fast zum Ende durch.

Dóri und Óri im Kampf mit vegetarischer Elbenküche

Dwalin und Óin beim unwürdigen Fressen

Kulinarisch ambitionierte Trolle

Dóri und Óri im Kampf mit vegetarischer Elbenküche

Damit will ich natürlich nicht be­haup­ten, daß Humor in einer Fantasy-Ver­fil­mung keinen Platz haben dürfte. Der Film bringt auch durch­aus witzige und dabei ge­lunge­ne Szenen: Das Ge­spräch zwischen Bilbo und Gandalf über die Fähig­keiten ver­schie­de­ner Zauberer; Zwerge im aus­sichts­losen Kampf gegen Salat­blätter und Elben­musik; das ge­schraub­te Ge­brabbel Sarumans in Imladris; Rada­gasts felsen­festes Ver­trauen in seine Renn­kanin­chen; und sogar der dumbe Bert versucht mit “Lay down your arms, or we’ll rip his off” so etwas ähn­liches wie einen ver­troll­ten Wort­witz. In jedem Fall folgt der Humor aus den etablier­ten Charakter­eigenschaf­ten der be­teilig­ten Personen. Es mag (unter sehr sorg­fältig ge­wähl­ten Be­dingun­gen) lustig sein, wenn der Elben­herrscher Elrond rülpst, aber der Rülpser eines Un­bekann­ten (der sich später einmal als Zwerg Óri ent­puppen wird) kann das nie­mals sein.

Dwalin und Óin beim unwürdigen Fressen

Der Humor im viel zu langen Zwergen­bankett ist abysmal; darüber will man nicht lachen, sondern man ärgert sich höch­stens, daß Bilbo den ganzen Zwergen­trupp nicht hoch­kant aus dem Smial wirft, gerne auch unter Zu­hilfe­nahme der Land­büttel. Als Ein­stiegs­szene, um den Kontrast zwischen der urbanen Soziali­sie­rung Bilbos und dem archai­schen Kämpfer­ethos der Zwerge zu betonen, mag das gerade noch angehen (immerhin leidet der Zuseher zu­sammen mit Bilbo), und die Szene kriegt schließ­lich ir­gend­wie mit viel Ver­spä­tung gerade noch die Kurve; aber dem ge­plagten Auditorium stehen noch weitere, viel schlechter mo­tivier­te Stil­oszial­la­tio­nen bevor.

Kulinarisch ambitionierte Trolle

High Fantasy muß Be­dro­hun­gen bieten. Es geht um die Familie, das Land oder viel­leicht die ganze Welt, eventuell sogar um die Zukunft des Uni­versums. Drei be­schränk­te Trolle sind dafür viel zu wenig Droh­kulisse, zumal sie nichts Schlim­meres tun, als sich in Bilbo zu schneuzen. Zwerge am Spieß zu braten hat zweifel­haften kuli­nari­schen Wert, aber selbst wenn: Wer würde das tun, ohne besagte Zwerge zuvor zu schlachten und aus­zu­nehmen, oder sie wenig­stens zu ent­kleiden? Solche hirn­freie Mikro-Schurken passen in ein Kinder­buch oder einen Tom-und-Jerry-Cartoon, nicht aber in ein Epos.

Die Security in Ork City hat völlig versagt

Azog läßt seine digitalen Muskeln vom Mond beleuchten

Thorin und Azog in der Schlacht von Azanulbizar

Peinliche Steinriesen

Gandalf beim Kokeln

Die Security in Ork City hat völlig versagt

Ähnlich ist es mit den Orks im Nebel­gebirge. Die haben offenbar eine riesige Unter­grund-Stadt gebaut die nur dem einzigen Zweck dient, von ein paar wan­dern­den Zwergen ver­wüstet zu werden; wahr­schein­lich haben die Orks an der Gundabad State Uni­ver­sity plagiatfrei und summa cum laude als Master of Kanonen­futter pro­moviert, daß sie sich mit aka­demischer Prä­zision von einem Dutzend hüft­hoher Ein­dring­linge zu Hunderten nieder­metzeln lassen. Dieses Schlachten ist weder spannend noch lustig, und der Große Ork ist zwar wirk­lich ziem­lich groß, aber so wie alle anderen Feinde nur eine Vogelscheuche.

Azog läßt seine digitalen Muskeln vom Mond beleuchten

Thorin und Azog in der Schlacht von Azanulbizar

Immerhin, Azog der Weiße Ork ist eine ernst­hafte Be­dro­hung, oder könnte das zu­min­dest sein. Daß er trotzdem nicht funk­tio­niert, hat zwei Gründe: Erstens tut er im Film nichts Schlimmes (außer in einer Rück­blende, in der er Thráin er­schlägt und Thorin ver­möbelt) und erinnert daher eher an den Fuchs Smirre in Nils Holger­son, der so gerne einmal eine Gans er­beuten würde, es aber auch in noch so vielen Folgen nicht schafft. Und zweitens macht er optisch nichts her. Humanoide CGI-Monster gehen fast immer schief, weil ihnen die Präsenz eines echten Schau­spielers fehlt (Gollum ist eine lobens­werte Aus­nahme, was man aber nicht diesem Film, sondern seinen Vor­gän­gern an­rechnen muß). Aus dem­selben Grund sind die Orks durch­gehend eine Ent­täu­schung: In der Herr-der-Ringe-Tri­logie waren sie furcht­erregend (und durften Boromir er­schießen und zwei Hobbits kid­nappen); die vom Mond­licht be­schie­ne­nen CGI-Orks von Un­expec­ted De­saster wirken dagegen besten­falls so gefähr­lich wie ein wirkungs­voll ins rechte Licht gerückte Museumslöwe.

Peinliche Steinriesen

Der Tief­punkt ist mit dem Krieg der Stein­riesen im Nebel­gebirge er­reicht. Diese Szene hat nicht nur nichts mit dem Inhalt des Films zu tun, sondern ist auch noch so schlecht, daß man lieber gar nichts darüber schreiben möchte; da hat wohl jemand eine Tech­nologie­demonstra­tion mit einem Kino­film ver­wechselt. Würde man die Szene ernst­nehmen, dann müßte man sich wohl fragen, ob alles Gestein des Gebirges aus­reicht, um genug Stein­riesen zu formen, wenn man an einem zu­fälli­gen Tag vier davon sehen kann, die sich gegen­seitig die Schädel pulverisieren. A propos: Hat jemand eine Kopfweh­tablette für mich?

Gandalf beim Kokeln

Leider ist auch die kli­mak­ti­sche Kon­fronta­tion am Ende miß­lungen. Darin dürfen die Orks endlich einmal etwas Böses tun: Sie ver­brennen ein paar natur­geschützte Kiefern (upps, nein, das was ja Gandalf. Naja, near miss). Die Dramat­urgie dieser Epi­sode ist lächer­lich, Azog tritt nicht als Schänder, sondern als Laber­maul in Er­schei­nung, Bilbo macht was Dummes und wird dafür gelobt, und am Ende fliegen alle davon, was nie­man­den wundert, der sich noch an die Motte in Orthanc erinnert.

Wohin soll die Reise gehen? Zum Erebor, und dann?

Saruman und Elrond in Bruchtal

Radagast und Gandalf

Wohin soll die Reise gehen? Zum Erebor, und dann?

Dazu kommen Probleme in der Hand­lungs­füh­rung. Im Herrn der Ringe ging es darum, einen Ring in einen Vulkan zu werfen. Worum geht es aber in Un­expec­ted De­saster? Was wollen die Zwerge eigent­lich am Erebor? Ein Juwel klauen? Einen Drachen töten? Ein Graffito in den Stein ritzen? Das wird nicht so recht klar, und dazu paßt es dann auch irgend­wie, daß sie zwar einer­seits eine Karte haben, die sie nicht lesen können, und einen Schlüssel, zu dem sie das Schlüssel­loch nicht kennen, es aber anderer­seits ver­meiden wollen, den einzigen zu fragen, der die Ant­worten kennt und der zu­fälliger­weise genau am Reise­weg wohnt. So richtig ans Herz wachsen kann einem diese Gurken­truppe nicht.

Saruman und Elrond in Bruchtal

Kurzum, Un­expec­ted De­saster leidet an einigen schweren Pro­blemen. Das wirklich Un­erwarte­te daran ist, daß diese mit den Grund­regeln des Film­machens zu tun haben und nichts mit dem speziellen Stoff des Hobbits und seinen ver­wickelten Be­zie­hungen inner­halb des kom­plizier­ten, von Fans ge­schätzten Kosmos von Mittel­erde. Die un­gezähl­ten Fall­stricke, die sich daraus ergeben, daß Jack­son das Kinder­buch zu einem Epos Light auf­gebla­sen hat, kann der Regisseur nämlich passabel bis souverän meistern.

Radagast und Gandalf

Da ist einmal Rada­gast. Im Tolkien-Kanon ist er kaum mehr als ein Name: Ein etwas ex­zentri­scher Zauberer mit der Themen­farbe Braun, wohnt in Rhosgobel, Natur­liebhaber und gut zu Vögeln. Jack­son macht aus diesen mageren Vorgaben eine spannende, witzige und durchaus ernst­zuneh­mende Figur, einen echten Istar aus dem Fernen Westen, der bei allen Schrullen seinen Mann steht. Mit der Hygiene nimmt er es nicht so genau (bei ihm sieht es aus wie bei den Weasleys im Fuchs­bau), aber mit seinem Karnickel­gespann bleibt er in jeder­manns Er­inne­rung, und sein Aus­flug nach Dol Guldur charak­teri­siert ihn als mutig, ver­antwor­tungs­voll und charakterstark.

Magische Chemie zwischen Galadriel und Mithrandir

Gollum und Bilbo unterm Nebelgebirge

Die heißen Zwerge Fíli und Kíli

Wir fliegen dem nächsten Teil entgegen

Magische Chemie zwischen Galadriel und Mithrandir

Die Szenen in Bruchtal sind eben­falls extrem gelungen. Der rustikale, aber nicht un­würdi­ge Humor der schwierigen Elb–Zwerg-Be­ziehun­gen be­rei­tet die Bühne zum High­light des Films: Dem Treffen des Weißen Rates. Elrond, Galadriel, Mithrandir und — als Über­raschungs­gast — Curunír zeigen großes Kino mit großen Schau­spielern. Die klein­krämeri­sche Politik Sarumans und die magische, fast schon krypto-erotische Be­zie­hung zwischen Galadriel und Mithrandir bieten einen herr­lichen Kontrast, bringen die Handlung un­gezwun­gen weiter und — das ist viel­leicht das Be­merkens­werteste — stammen nicht von Tolkien. Vielleicht wäre der Film besser geworden, wenn Jack­son auf die ganze Hobbit-Vorlage ver­zich­tet hätte und nur seine eigenen Geschichten erzählt hätte.

Gollum und Bilbo unterm Nebelgebirge

Ein be­son­deres Augen­merk verdient auch die Szene mit Gollum, die ich nur teil­weise als gelungen ansehen kann. Sie stammt wirklich von Tolkien und ist im wesent­lichen vor­lagen­getreu erzählt, mit dem wesent­lichen Unter­schied, daß Bilbo bereits während des Rätsel­ratens weiß, daß der Ring Gollum gehört (das wirft die Frage auf, warum er Gollum nicht einfach das Schmuck­stück als Bezahlung für die Weg­beschrei­bung anbietet. Wirkt der Ring bereits?). Die Inszenie­rung ist dabei ganz klar Fantasy und nicht Kinder­buch, leidet aber unter dem Over­acting von Martin Freeman, der hier viel zu viel Comedy hinein­bringt. Wer schneidet Grimassen, wenn er in der Dunkel­heit um sein Leben rätsel­raten muß?

Die heißen Zwerge Fíli und Kíli

Wer den Hobbit ge­lesen hat, der weiß, daß die Zwerge in diesem Buch nicht sonder­lich aus­differen­ziert sind. Thorin ist stolz, Bombur fett, Balin freund­lich und Fíli und Kíli sind jung und un­zertrenn­lich. Jack­son macht daraus einiges mehr: Dóri liebt gute Getränke, Óin hört nicht viel, Dwalin (oder zumindest sein Mode­berater) hat Klingonen­blut in den Adern und Bofur macht gerne Witze. Fíli und Kíli haben außer­dem eine Zusatz­aufgabe als eye candy für die Fan­girls über­nommen. Das ist alles nicht schlecht, besser als in der Vor­lage und läßt auf weitere Ent­wick­lun­gen in den fol­genden Teilen hoffen. Das einzige Problem, das ich dabei habe: Thorin kann ich seinen Zwergen­status nicht so recht abkaufen, auf mich wirkt er immer wie ein ge­schrumpf­ter Aragorn. Ein bißchen mehr Bart hätte ihm gutgetan.

Wir fliegen dem nächsten Teil entgegen

Ins­gesamt bleibt Un­expec­ted De­saster weit hinter den Er­war­tungen zurück und benimmt sich wie ein Kinder­film, der stellen­weise ganz erfolg­reich er­wachsen aus­sieht. Viel­leicht folgt Jack­son den Spuren von George Lucas, der seine fulminante Tri­logie auch erst einmal grottig prequelte und erst beim dritten Film wieder etwas Sehens­wertes bot. Viel­leicht ist er aber auch lern­fähiger als sein Vor­gänger und liefert bereits bei Teil Zwei Ware in gewohnter Qualität. Un­expec­ted De­saster bleibt jeden­falls genau das: Ein un­erwar­te­ter Schlag in die Magengrube.

Depression of an Elven Girl (Regie: Quentin Jacksino)

Peter Jackson liebt Karotten in Bree

Bild von Gimli, im Hintergrund sein Vater Glóin

Gandalf hat Ärger in Dol Guldur, und muß dort ein Jahr bis zu Teil Drei schmachten

Peter Jackson liebt Karotten in Bree

Anders als sein Vor­gänger Un­expec­ted De­saster versucht De­pres­sion of an Elven Girl, ein ernst­hafter Fantasy-Film zu sein. Das ist gut. Es gelingt ihm sogar über weite Strecken, und dort, wo es miß­lingt, miß­lingt es lustig. Das ist noch besser. Aller­dings bemüht sich der Film zwang­haft, seine Wurzeln in Un­expec­ted De­saster zu ver­leug­nen und als eine Art Zitate-Fantasy an die Herr-der-Ringe-Trilogie an­zuschließen; und das wirkt so pein­lich wie bei einem Halb­wüchsigen, der bei jeder Ge­legen­heit in kind­licher Stimme schreit „Ich bin ein Mann!!!“. Oder wie bei Quentin Tarantino, der lieber zitiert als zu erzählen; immer­hin hat der aber genug ge­lesen und ge­sehen, daß er nicht immer nur sich selbst zitieren muß.

Bild von Gimli, im Hintergrund sein Vater Glóin

Das erste Bild von De­pres­sion ist bereits Pro­gramm: Peter Jack­son knab­bert eine Karotte in Bree. Über dieses Déjà-Vu aus Fellow­ship habe ich herzlich gelacht. Ich konnte ja nicht voraus­sehen, daß ich alle fünf Minuten ein neues bekommen würde. Manche davon waren witzig (Glóin und Legolas im Düster­wald), manche hin­nehm­bar (Athelas und Elben­medizin); andere waren nur pein­lich (Tauriels “Are we not part of this world?”, Legolas’ Skating-Künste, die Morgul-Waffe in der Zwergen­wade, der Wurm­zungen-Abklatsch in Seestadt).

Gandalf hat Ärger in Dol Guldur, und muß dort ein Jahr bis zu Teil Drei schmachten

Ein zweites, damit nicht zu­sammen­hängen­des Problem des Films ist seiner Mittel­position in einer Tri­logie ge­schuldet. Traditionell ist das der un­dank­barste Platz (The Empire Strikes Back fungiert als die Aus­nahme, die die Regel bestätigt), und Peter Jack­son hat das für den wohl brutalsten Cliff­hanger der Kino­geschichte genutzt, wie man ihn sonst nur von Fern­seh­serien wie Alias kannte. Zuvor ist er aber in die Material­schlachten-Falle getappt, indem eine Riesen­menge Action im Erebor für nichts ver­pulvert wurde.

In Beorns Haus

Bilbo im Kampf gegen die Arachniden

Tauriel, die elegante Elbenamazone

In Beorns Haus

Da dieser Film aber, anders als Un­expec­ted De­saster, weit davon ent­fernt ist, ein kom­plet­ter Bauch­fleck zu sein, lohnt es sich, ihn chrono­logisch zu be­han­deln. Nach der Déjà-Vu-Szene in Bree (die erstaun­lich gut funk­tio­niert) kommen wir zu Beorns Haus. Da keine wirkliche Gefahr besteht, muß eine erfunden werden, und Beorn greift sein eigenes Haus an, das die Zwerge tapfer gegen den Hausherrn ver­teidigen. Noch bevor das Kopf­schütteln im Publikum ganz ab­geklun­gen ist, sind wir auch schon im Düster­wald. Dessen magische Atmo­sphäre kann kaum zum Tragen kommen, weil Peter Jack­son die ganze Wan­de­rung ver­kürzt und sofort die Spinnen auf­treten läßt. Und von diesem Moment an besinnt sich der Film eines Richtigen und erhebt sich aus dem Sumpf.

Bilbo im Kampf gegen die Arachniden

Bilbo erweist sich als effektiv und befreit seine Freunde auf eine heroi­sche Art, näm­lich indem er kämpft; daß er dabei den Ring abnimmt, hat keine er­kenn­baren Gründe außer, daß das Publikum das Gesicht des Helden ja auch sehen will. Da er dem Ring bereits teil­weise verfallen ist, zer­stückelt er ein Baby (naja, zu­gegebener­maßen kein hübsches Kind). Das geht ganz ohne Schneuzen ab und ist daher schon mal besser als fast alles, was vorher war.

Tauriel, die elegante Elbenamazone

Aber es kommt noch besser, denn jetzt treten die Elben mit knackiger Girlie-Power auf. Ich rede natür­lich von Tauriel, der ebenso attrak­tiven wie töd­lichen Elben­kriegerin mit einem Hang zu halb­hohen Männern. Viele Rezensenten des Filmes beklagen ja Tolkiens Un­fähig­keit, weib­liche Charaktere zu er­schaffen (manche erwähnen fairer­weise Éowyn als Aus­nahme). Das ist falsch, wie ein Blick in Sil­maril­lion zeigt: Lúthien, Arwens Ur­urgroß­mutter, besiegte Morgoth, den Ur­grund des Bösen, während ihr Lieb­haber Beren unterm Tisch schlief (er gilt natürlich als Held). Melian, Morwen, Nienor, Idril, Aredhel sind weitere bedeutende und willens­starke Frauen, ganz zu schweigen von Andreth. Die Kampf­kraft von un­verheira­te­ten Elben­frauen ist eben­falls in kanoni­schen Texten fest­gehalten. Eine elegante, ork­schlach­ten­de Elbin ist kein Fremd­körper in Tolkiens Mittelerde.

Tauriel in Düsterwald

Thranduil in seinem unterirdischen Palast

Sind Tauriel und Legolas wirklich ein Liebespaar?

Tauriel in Düsterwald

Und wenn uns Tolkien auch leider keine Elben­kriegerin im Detail prä­sentiert, so bin ich mir doch ziemlich sicher, daß sie im Zweifels­fall sehr wie Tauriel aus­gesehen hätte. Wieder einmal zeigt sich, daß Peter Jack­son zur Hoch­form aufläuft, wenn er vom Buch abweicht. Und dazu hat er im Waldelben­reich mehr als genug Ge­legen­heit. Er themati­siert die „Gläserne Decke“ jener Wald­elben, die keine ver­wandt­schaft­liche Bindung zu den Hoch­elben haben; er zeigt uns einen König, der weise und edel ist, aber nicht über die Grenzen seines Reiches denken kann; er läßt ein Elben­mädchen rebel­lisch werden und intuitiv „das Richtige“ tun; und er zeigt uns einen ambi­valen­ten Legolas, der als ver­wöhnter Prinz der Arroganz seines Vaters folgt und erst noch seinen Weg finden muß. Aller­dings macht Legolas dem armen Bombur Kon­kurrenz und sollte sich wohl eine Ausgabe von Imladris Decadely kommen lassen, in der die schmack­hafte Zu­berei­tung von Salat­blättern in elbischer Gründ­lich­keit beschrieben wird, denn die chol­esterin­reiche Kost auf den Wald­elben-Banket­ten hinter­läßt Spuren („Wampe“).

Thranduil in seinem unterirdischen Palast

All das (vielleicht mit Aus­nahme von Legolas’ Leibes­umfang) sind gute Er­gänzun­gen. Daß das ganze in einem atem­berauben­den Set mit aus­gepräg­tem archi­tektoni­schen Charakter stattfindet, ist bei Peter Jack­son ohnehin schon selbst­verständ­lich. Aber was ist mit diesem Elb–Elbin–Zwerg-Liebes­dreieck? Ist er da zu weit gegangen? Das ist die Frage, an der sich viele Geister scheiden, und sie hat zu vielen langen und hitzigen Debatten geführt. Dabei muß man mehrere Fragen unter­scheiden: Gibt es im Film ein solches Liebes­dreieck? Erlaubt der Kanon so etwas? Und wie sind die Details dazu?

Sind Tauriel und Legolas wirklich ein Liebespaar?

Die Existenz eines solchen Drei­ecks setzt voraus, daß sowohl Kíli aus auch Legolas an Tauriel erotisches Inter­esse haben. Bei Kíli können wir die Sache spätestens zu Film­ende bejaen, bei Legolas ist die Sache aber wesent­lich schwieriger. Seine ab­fälli­gen Be­merkun­gen über Zwerge lassen sich als Eifer­sucht inter­pretie­ren, aber sein offen­kundi­ger Anti­nanis­mus (habe ich dieses Wort gerade er­fun­den?) wäre Motiv genug für ein bißchen Lästern. Sonst haben wir nur noch die Be­haup­tung Thranduils, daß Legolas an Tauriel Wohl­gefallen gefunden hätte; aber ob man das glauben soll, steht auf einem anderen Blatt. In anderen Fragen hege ich ja auch Zweifel an Thranduils Durchblick.

Thranduil und Tauriel

Kíli flirtet wenig einfallsreich mit Tauriel

Die Zwerg–Elb-Beziehung ist schwierig — auch für Thorin

Thranduil und Tauriel

Und Tauriel? Ist sie an wenigstens einem der Männer interessiert? In keiner der Szenen zwischen ihr und Legolas habe ich einen Hinweis auf gegen­seitige An­ziehung jenseits von guter Freund­schaft und Waffen­schwester­schaft gefunden (so gab es zum Beispiel keine Be­rührun­gen). Es bleibt ihr ziem­lich merk­würdiges Gesicht bei der Ermahnung durch Thranduil; das könnte man als kurze Hoffnung auf eine etwaige „un­mög­liche Liebe“ ansehen, oder als Freude über die soziale Adelung eines Aschen­puttels durch die Zu­neigung eines Prinzen, gefolgt von der De­müti­gung, in die Schranken ge­wiesen zu werden. Erstere Er­klärung erscheint natür­licher aber nicht zwingend.

Kíli flirtet wenig einfallsreich mit Tauriel

Der Kanon sagt über die Liebe von Elben, daß sie in aller Regel einmalig und lebens­lang bindend ist, selbst dann, wenn sie nicht er­widert wird (ver­schmäh­te Lieb­haber bleiben ge­wöhn­lich un­verheira­tet). Das spricht nun gegen eine Liebe Tauriels für Legolas, denn eine Elbin, die hunderte Jahre heimlich den Prinzen an­himmelt und dann nach fünf Minuten und einem billigen Anmach­spruch mit dem Zwerg durch­brennt, kann es in Mittel­erde nicht geben. Anderer­seits wissen wir aber auch nicht, was sie für Kíli empfindet; ich halte es für kon­sistent (wenn­gleich im Kontext eines Kino­films nicht wahr­schein­lich) daß sie ihn eher bemuttert.

Die Zwerg–Elb-Beziehung ist schwierig — auch für Thorin

Während es im Kanon einige Bei­spiele für Be­ziehun­gen oder ein­seitige Zu­neigun­gen zwischen Elben und Menschen gibt, fehlen Liebes­geschich­ten zwischen Zwergen und anderen Rassen. Das einzige, was ent­fernt in diese Rich­tung geht, ist eine sehr frühe Fassung des Konf­likts zwischen den Zwergen von Nogrod und den Elben von Doriath. In dieser Version fordern die Elben­schmiede für die Ferti­gung des Naugla­mír unter anderem je eine elbi­sche Frau (each a fair maiden of the wood­land Elves to fare away with us to our homes). Bei Thingol kommt das natürlich gar nicht gut an, mit den be­kannten tragi­schen Folgen. Dabei geht es aber um Macht, nicht um Romantik, und diese Forde­rung ist aus den späteren Ver­sionen der Geschichte ohnehin getilgt. Letztlich sagt der Kanon also so gut wie nichts über Liebe zwischen Eldar und Naugrim.

Noch mehr Geflirte zwischen Kíli und Tauriel

Tauriel und der Ork Narzug, diesmal nicht geflirtet

Dwalin im Faß

Bard und sein Sohn

Noch mehr Geflirte zwischen Kíli und Tauriel

Nach den Regeln eines massen­kompatib­len Films muß Tauriel in Kíli verliebt sein, weil nur das die not­wendige dramati­sche Span­nung schafft. Ich habe aber noch eine Zehn­prozent­hoffnung, daß Peter Jack­son diese Er­wartungs­haltung unter­läuft und zwei attraktive junge Personen zeigt, die einander mögen und trotzdem weder in der Kiste landen noch daran zugrunde gehen, daß das mit der Kiste nicht klappt.

Tauriel und der Ork Narzug, diesmal nicht geflirtet

Das Thema „Zu­grunde­gehen“ wirft eine weitere Frage auf: Werden Kíli und Tauriel das Ende von Teil Drei noch erleben? Für Kíli kann die Antwort nur „Nein“ lauten; anderen­falls wäre er nach Thorins und Fílis Tod ja König unterm Berg, und das hätte Aus­wirkun­gen auf die Ge­schich­te des Ring­krieges. Bei Tauriel ist die Sache kom­plizier­ter: Sie könnte den Schlachten­tod sterben (bitte nicht für Kíli!), oder, falls sie Kíli wirk­lich liebt, nach seinem Tod in den Westen ziehen. Sie könnte auch weiter­leben, aber die Existenz einer so starken Per­sön­lich­keit würde eben­falls Kontinuits­probleme auf­werfen, so wäre sie eine logische Wahl für Teil­nahme am Rat von Elrond und sogar für die Neun Reiter. Sie ist einfach zu gut gemacht, um wieder in der Ver­senkung zu ver­schwin­den, und ich glaube, Peter Jack­son hat sich da in ein Eck gepinselt, aus dem er nur mit ihrem Abgang heraus­kommt. Ob er uns aller­dings zusätzlich zu drei toten Haupt­zwergen noch eine tote Haupt­elbin zumuten will, müssen wir abwarten; ich tippe auf die Grauen Anfurten, besonders, weil er sich ja so gerne selbst zitiert.

Dwalin im Faß

Der Film geht weiter mit einer atem­beraubend karikatur­haften aber dabei (anders als in De­saster) durchaus witzigen Flucht, wobei natür­lich wieder die un­vermeid­lichen Orks auf­tauchen und von Legolas und Tauriel phantasie­voll ab­geschlach­tet werden (die Zwerge dürfen auch ein bißchen mit­machen, werden aber von den beiden Elben gewaltig an die Wand gespielt). Eigent­lich mag ich diese Video­spiel-Sequenzen nicht besonders, aber in diesem Fall mache ich eine Aus­nahme, denn die kom­plizier­te Waffen­beschaf­fung und die über­raschende Ko­opera­tion zwischen Zwergen und Elben sind witzig, ganz zu schweigen von Bomburs Aristie im Faßpanzer.

Bard und sein Sohn

Danach kommt die Gruppe unter Mit­hilfe von Bard dem Bogen­schützen nach Esgaroth (See­stadt), der ersten An­siedlung von Menschen, die wir im Film zu Gesicht bekommen. Esgaroth wirkt herrlich herunter­gekommen, abgewohnt und ver­stunken. Es gibt warm­herziges Familien­leben in der Substandard-Sozial­wohnung Bards, einen oppressiven Polizei­staat in Finanz­nöten und eine tanzende Menschen­masse plus jede Menge An­deutun­gen über Drachen und Schwarze Pfeile. Gut gemacht.

Tauriel beim Heilungszauber

Bilbo bei einer feurigen Unterhaltung mit Smaug

Wer sagt, daß nur Elben surfen können? Thorin beweist das Gegenteil.

Tauriel beim Heilungszauber

Und dann geht es für den größeren Teil der Truppe zum Erebor. Die Zurück­bleiben­den (Kíli, weil er krank ist; Fíli, weil er einen kranken Bruder hat; Óin, weil er dem Kranken helfen will; und Bofur, weil er besoffen den Auf­bruch ver­schla­fen hat) er­füllen zunächst keinen beson­deren Zweck. Immer­hin dürfen sie beim An­griff der Orks (eine Unter­abteilung von Azogs Truppe, ge­führt von einem gewis­sen Bolg) zu­sehen, wie Legolas und Tauriel das Schlacht­feld säubern. Schließ­lich kann Tauriel die Arwen machen und Kíli heilen. Dazu muß sie aller­dings erst aus dem Dienst ihres Königs und des (an­gehim­melten?) Prinzen desertieren. Wenn wir dem Dreh­buch Vernunft unter­stellen, dann müßte das merk­liche Folgen für Teil Drei haben.

Bilbo bei einer feurigen Unterhaltung mit Smaug

Die größere Hälfte der Truppe findet (natürlich dank Bilbo; der un­gedul­dige Thorin ver­sagt auf der ganzen Linie) den Ein­gang zum Berg, und ab diesem Moment wechselt der Film seinen Charakter und geht von High Fantasy in Richtung Sinn­lose Material­schlacht™. Was in dieser halben Stunde geschieht, ist durchaus nicht ohne Amüse­ment oder Span­nung, erfordert aber zum richtigen Genuß völliges Aus­schal­ten des Gehirns. Ab hier wandelt der Hobbit ein­deutig auf den Spuren von Indiana Jones.

Wer sagt, daß nur Elben surfen können? Thorin beweist das Gegenteil.

Der Drache fackelt nicht sondern labert; Bilbo zeigt sich offen, und anders als Legionen von schwer­gepanzer­ten Zwergen­kriegern am An­fang von De­saster kriegt er nicht einmal eine Brand­blase ab; die Zwerge finden nach 171 Jahren eine so perfekt erhaltene Infra­struktur vor, daß sie gleich mal aus Jux und Tollerei eine voll­goldene Monu­mental­statue gießen; dabei ziehen sie die akro­batisch­sten Stunts ab, schippern auf eisernen Wannen über Ströme von ge­schmolze­nem Gold dahin und tanzen dem Drachen auf der Nase herum (hier zitiert PJ zwar immer noch sich selbst, aber wenig­stens nicht aus einem Mittel­erde-Film). Smaug erweist sich aber als Spiel­verderber, und am Ende ist man verblüfft, daß ein Wesen aus Feuer nicht mit heißem Metall zerstört werden kann (Hinweis: Draußen, gleich vor den Toren, wäre ein See gewesen. Womit löscht man Feuer noch mal?)

Auch Thorin darf einmal Smaug beschimpfen

Gandalf kokelt wieder, aber diesmal unabsichtlich

Cliffhanger mit Smaug

Auch Thorin darf einmal Smaug beschimpfen

Optisch ist das alles ein Hoch­genuß. Smaug ist richtig gut gemacht (nicht-humanoide Ge­stalten gehen mit CGI eben viel besser als Albino-Orks) und durchaus be­eindruckend; daß er aber keinen einzigen Zwerg erwischt, läßt ihn im End­effekt dümm­lich aus­sehen (Bifur hätte sich eigent­lich als Appetit­happen geeignet, der hat noch nie was Ver­nünfti­ges ge­macht), und Thorins alliterie­rende Be­leidi­gung “Wit­less Worm” er­scheint recht an­gebracht. Eigent­lich könnte man die ganze Ver­folgungs-, Hetz- und Schmelz­jagd als reine Werbe­einschal­tung für WETA Digital abtun, wenn sie nicht so witzig und hübsch choreo­graphiert wäre.

Gandalf kokelt wieder, aber diesmal unabsichtlich

Es gibt noch einen dritten Handlungs­strang, aber der ist konfus. Gandalf hat sich mit Radagast am Grab der Nazgûl (wiebitte?) ge­troffen und fest­gestellt, daß die Vögel aus­geflo­gen sind. Darauf macht er sich nach Dol Guldur auf. Er hält das zwar für eine Falle, tappt aber wehr­los hinein, wird von Sauron über­wältigt und erlebt sein persön­liches Déjà-Vu in Form eines zweiten Isengard. Hoppla, um­gekehrt natür­lich, Isengard hätte sein zweites Dol Guldur sein müssen, aber das hat er damals (also später) noch nicht oder nicht mehr gewußt. Irgend­wie ver­wirrend, aber egal.

Cliffhanger mit Smaug

Das aprupte Ende läßt uns mit viel Spe­kulations­material zurück. Smaugs Ende durch den Schwarzen Pfeil Bards ist bereits klar vor­gezeich­net (den Tod eines Haupt­feindes am Anfang des Films hat seit Sarumans Ende in Return of the King eine unselige Tra­dition), aber wie wird Gandalf aus Dol Guldur ent­kommen, und wieviel Er­kennt­nisse wird er dort sammeln können? Wird Radagast noch einen Auf­tritt haben (ich hoffe es)? Wie wird die Schlacht der Fünf Heere inszeniert, wo die Prot­agonisten doch so weit verstreut sind? Welche Rolle wird dem Arken­stein zukommen? Und wie löst sich das an­geb­liche Liebes­dreieck auf? Und, nicht zuletzt, wie lang wird der Film sein?

The Battle of the Five Gigapixels (Regie: Peter J. Emmerich)

Smaug schnieft Feuer auf Esgaroth

Bard und Sohn schießen den Schwarzen Pfeil ab

Dem Sohn ist dabei nicht ganz wohl zumute

Der galante Elrond hilft der erschöpften Galadriel wieder auf die Beine

Smaug schnieft Feuer auf Esgaroth

Kaputt­machen macht Spaß. Besonders, wenn alles nur digital ist. Das haben wir zwar immer schon ver­mutet, aber The Battle of the Five Giga­pixels de­monstriert es ein für alle Mal mit fast mathe­mati­scher Strenge. Das ist gut. Und wer das Mit­denken auf ein Minimum reduzieren kann, der wird mit einigen mittel­irdischen Lecker­bissen verwöhnt und darf sich an einem Film erfreuen, der die Stei­gerung von Teil Eins zu Teil Zwei kon­sequent zu einem sehr popcorn­fähigen und dabei nicht ganz substanz­losen Teil Drei weiterführt.

Bard und Sohn schießen den Schwarzen Pfeil ab

Dem Sohn ist dabei nicht ganz wohl zumute

Zunächst sehen wir mal den Unter­gang von Esgaroth, und zwar XXL. Daß Kriege mit der Luft­waffe gewonnen werden, haben wir zwar alle schon mal gehört, aber Jack­son zeigt uns mit deutlichen Bildern die Details, und schreckt in An­schluß an das große Mord­brennen nicht davor zurück, die Ver­wüstung mit im Wasser herum­treiben­den Leichen zu garnieren. Diesen Realismus, der den Krieg nicht heroisch sondern tragisch schildert, finde ich äußerst lobens­wert (merk­würdig, wie blaß im Ver­gleich dazu die Szenen mit den ver­brann­ten Dörfern in Rohan in Two Towers er­schei­nen). Das Ende des Drachen ist dabei bereits klar in De­pres­sion vorweg­genom­men und über­rascht nie­manden, aber die Idee, das in einer vage an Wilhelm Tell er­innern­den Vater–Sohn-Kon­figura­tion zu er­ledi­gen, verdient noch einen Extra­punkt. Bard ent­wickelt sich immer mehr zum eigent­lichen Helden dieser Filme. Am besten sollte man ihn noch rasch in Return of the King ret­connen (pre­connen? forward­connen? Ach ist das schwierig).

Der galante Elrond hilft der erschöpften Galadriel wieder auf die Beine

Szenen­wechsel Dol Guldur: Gandalf wird von den übrigen Mit­glie­dern des Weißen Rates befreit, und an­schließend ver­treiben die Rats­mitglie­der erst die geister­haften Nazgûl und schließ­lich sogar Sauron Himself. Diese Szenen sind sehr mystisch, und wäre ich nicht so ein Fan von Cate Blanchett als Galadriel, so würde ich darüber viel­leicht ein bißchen herum­motzen; aber die Herrin von Loth­lórien im Kampf­modus (mit dem Licht von Earendils Stern?) und ihre Inter­aktion mit dem halb­toten Gandalf sind so gut gelungen, daß meine Läster­zunge still­stehen muß. Wie man des bei den WETA-Wizards nicht anders erwarten konnte, geht auch bei dieser Aktion wieder einmal sehr viel zu Bruch. Wir können auch wieder ein bißchen von der mani­pulati­ven Kraft der Stimme Sarumans sehen, wenn er nach dem Sieg die anderen Rats­mitglieder ein­seift und die Ver­waltung von Dol Guldur an sich reißt. Damit ist dieser Handlungs­strang ab­gefrüh­stückt — etwas zu rasch nach meinem Geschmack.

Das Elbenheer begrüßt Bard

Elbische Salatblätter FTW!

Thorin verfällt fast dem Drachen- und Juwelenfieber

In der Realität ist seine Macht aber sehr überschaubar

Thranduil und Bard marschieren vor dem Erebor auf

Das Elbenheer begrüßt Bard

Elbische Salatblätter FTW!

Zurück zur Haupt­handlung: Flücht­linge, egal ob im Jabal Sinjār oder in Esgaroth, brauchen Unter­stützung, und wer ihnen diese versagt, der ist ein Schuft. In De­pres­sion erschien Thranduil noch ein bißchen gierig und selbst­süchtig, aber jetzt macht er es richtig und schickt den mittler­weile in der Ruinen­stadt Thal hausenden Über­lebenden aus Seestadt zumindest ein paar Salat­köpfe. Außerdem kommt er mit einem Heer, vielleicht zum Schutz der Ex-Esgarother, vielleicht auch, um seine Finger auf den Drachen­schatz legen zu können, und wahr­schein­lich beides. Trotzdem scheinen seine Motive viel mehr von humani­tären Er­wägun­gen be­stimmt zu sein als die seines Gegen­pols Thorin, der inzwischen völlig dem Cäsaren­wahn erlegen ist und der sich mit seinem Häuflein Getreuer als König unter dem Berg aber ohne Volk geriert. Die Strafe, so deutet es der Film bereits früh an, wird schreck­lich aus­zubaden sein — schreck­licher, als es vielen Fan­girls lieb sein dürfte, denn das Bade­wasser reicht nicht nur für ihn, sondern auch für seine un­schuldi­gen Neffen.

Thorin verfällt fast dem Drachen- und Juwelenfieber

In der Realität ist seine Macht aber sehr überschaubar

Der Film macht hier eine klare ethi­sche Aus­sage: Eine geld­gierige Witz­figur wie Alfrid (der Schlangen­zunge-Ver­schnitt aus Seestadt, zuletzt unter die Trans­vestiten ge­gan­gen) ist jämmer­lich, darf aber weiter­leben. Für einen großen Geist wie Thorin gibt es dagegen keine Ver­gebung, wenn er der Gier nach dem Schatz erliegt. Sein heroi­sches Ende wird seine Größe wider­spiegeln, und nach fast alt­testamentari­scher Logik wird sein ganzes Haus mit ihm unter­gehen. Im Buch findet sich dazu nur ein Satz: Fíli and Kíli had fallen de­fend­ing him with shield and body, for he was their mother’s elder brother. Peter Jack­son da­gegen in­sze­niert den Unter­gang von Thorins Haus in allen Details mit sadisti­scher aber lehr­reicher Grau­sam­keit, und aus­gerech­net Azog wird am Ende Recht be­halten, wenn er Thorin androht, er würde als letzter seiner Familie sterben. Die Tragik Thorins und der Ver­lust einer ganzen Linie von Zwergen­königen sind die Strafe für die Gier nach dem Gold, die Thorins Sinn für Mensch­lich­keit so schwer kor­rumpiert hat.

Thranduil und Bard marschieren vor dem Erebor auf

Ehe es soweit kommt, müssen aber die namens­geben­den Fünf Armeen in Position ge­bracht werden. Menschen und Elben ver­bünden sich und ziehen zu Tausenden gegen zwölf Zwerge und einen Hobbit ins Feld. Ich muß kritisch an­merken, daß die CGI-Krieger im Massen­aufmarsch optisch nicht wirk­lich über­zeugen; kurz­fristig hängt ein distinkter Schatten von Phantom Menace über dem Film. Zu mechanisch, zu poliert, zu syn­chron. In der Schlacht wird es aber besser, weil die MASSIVE-Soft­ware von WETA Digital ihre Stärken aus­spielen und die Figuren indivi­duali­sie­ren kann. Mit von der Partie ist auch Gandalf, am Anfang noch etwas zer­rupft von seiner Begeg­nung mit Sauron, aber bald wieder mit frisch frisiertem Bart und einem neuen Stab, den er sich wohl einfach von der Re­quisite kommen ließ, nachdem sein alter in Dol Guldur ver­heizt worden war.

Dáin Eisenfuß posiert auf seinem Kampfschwein vor der Elbenarmee…

… und will seinen Hammer im Konflikt mitreden lassen

Azog dirigiert die Schlacht vom Rabenhügel

Thorin leiht sich von Dáin einen Steinbock aus

Dáin Eisenfuß posiert auf seinem Kampfschwein vor der Elbenarmee…

… und will seinen Hammer im Konflikt mitreden lassen

Als dritter Aktant meldet sich Dáin Eisen­fuß, König der Zwerge in den Eisen­bergen, und be­rit­ten mit einem stolzen Kampf­schwein, das allein schon einen Oscar verdient hat. Ich schätze Schweine ja vor allem in kuli­nari­scher Form, aber dieser ge­panzerte Grunzer ist eine Augen­weide und hat mich spontan an die „dräuenden Kampf­schafe“ aus dem Herrn der Augen­ringe erinnert. Auch die kompakte Zwergen­armee aus schwerst gepanzerten, halb­hohen aber grimmigen Gestalten ist hervor­ragend gelungen. Hastige diplomati­sche Ver­handlun­gen scheitern, und der Aus­bruch von Feind­selig­keiten scheint nur noch Augen­blicke entfernt.

Azog dirigiert die Schlacht vom Rabenhügel

Kurz bevor die große Prügelei (unter Rassen, die eigent­lich natür­liche Ver­bündete sein sollten) los­geht, taucht die vierte Armee auf: Die von Sauron ins Rennen geschickte Ork­truppe unter Azog trumpft mit be­acht­lichen strategi­schen Fähig­keiten auf und kann den nun doch eilig ver­bündeten drei Armeen merk­lich zu­setzen und einige Er­folge ein­fahren. Thranduil schlägt sich zwar tapfer auf seinem Kampf­elch (cool, wenn auch nicht so cool wie Dáins Schwein), aber die Orks setzen licht­echte Kamikaze-Trolle und schwere Fels-Artil­lerie ein (ganz zu schweigen von den aus Arrakis im­por­tier­ten Sand­würmern), greifen die Flücht­linge in Thal an und können dank zentraler Or­ganisa­tion mit einer hoch­gelege­nen Signal­station am Raben­hügel das Kampf­gesche­hen domi­nieren. Wieder sieht man dahin­gemetzel­te Zivilisten, denn Krieg ist nicht schön und soll auch im Kino nicht so aus­sehen (danke, Peter Jackson).

Thorin leiht sich von Dáin einen Steinbock aus

Das Ein­greifen der fünften Armee (der von Bolg an­geführ­ten Orks von Gundabad mit Fleder­mäusen, statt vor­lagen­gerecht wilde Warge) macht die Sache nicht besser für unsere Helden. Als Lösung bietet sich ein Ent­hauptungs­schlag am Feld­herren­hügel an, und diese Auf­gabe wird natür­lich vom mittler­weile etwas zur Be­sin­nung ge­komme­nen Thorin wahr­genom­men. Auf einem tritt­sicheren Stein­bock mischt er im Wett­bewerb für das absurdeste Vāhana mit und prescht der Katharsis und seinem Ende entgegen.

Azog ermordet Fíli

Showdown zwischen Thorin und Azog

Thorin wird in einer Vision von seinem eigenen Gold verschlungen. Ging es PJ ähnlich?

Der Film verschweigt nicht die gräßlichen Seiten des Krieges

Azog ermordet Fíli

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Showdown zwischen Thorin und Azog

Der Kampf um die Signal­anlage der Orks wird zu einem langen aber nicht lang­weiligen Tau­ziehen voller über­raschen­der Wen­dun­gen und schockieren­der Ver­luste in eis­star­ren­der Winter­landschaft. Zuerst stirbt der fesche Fíli sinn­los. Legolas metzelt sich ge­wohnt originell durch die Reihen der Orks (dies­mal surft er nicht, sondern hebt gleich ganz ab). Leider greift Peter Jack­son voll ins Braune bzw. in den Schmalz­topf und läßt Tauriel gegen Bolg kampf­tech­nisch stümpern, worauf Kíli dem hilf­losen Mädel bei­stehen muß und dabei prompt auf­gespießt wird. In der einzigen wirk­lich grot­tigen Szene des Films stirbt er mit Tränen im Gesicht, die Augen auf die Ge­lieb­te gerichtet (die beiden hätten es wirklich besser ver­dient). Legolas reißt Türme aus, setzt die Gesetze des Freien Falls außer Kraft und ent­sorgt am Ende den un­sympathi­schen Bolg. Thorin ist nach ein paar Fehl­versuchen fast erfolg­reich und kann Azog in einem zu­gefrore­nen See ver­senken, aber letztlich fällt er auf einen viel zu simplen Trick des Weißen Orks hinein und sühnt alle seine Fehler mit einem tragi­schen, sinnfreien und ver­meid­baren Tod. Nirgend­wo sonst in der nunmehr sechs­teiligen Mittel­erde-Saga geht es in einer Schlacht so brutal her, und das macht den Film ge­wisser­maßen zum er­wachsen­sten, den Jack­son je in Arda gedreht hat.

Thorin wird in einer Vision von seinem eigenen Gold verschlungen. Ging es PJ ähnlich?

Jacksons Motivation, die ihn zum Pro­duzie­ren der Hobbit-Filme brachte, wird in Fan­kreisen ganz selbst­verständ­lich mit einem non olet be­antwor­tet. Geld­gier als Grund, einen Film über die ver­derb­liche Wirkung eines gold­glänzen­den Drachen­hortes zu drehen, ist je nach persön­lichem Stand­punkt er­frischend selbst­widersprüch­lich oder wider­lich heuch­lerisch und riecht in jedem Fall nach dem Epi­menídēs-Para­doxon. Nach den ersten beiden Filmen habe ich diese Theorie selbst­verständ­lich und ohne viel Reflexion geteilt, aber nach Teil Drei kann ich das nicht mehr ganz aufrechterhalten.

Der Film verschweigt nicht die gräßlichen Seiten des Krieges

Zunächst einmal fehlen die für Teil Eins und Zwei so typischen nervigen Video­spiel-Sequenzen; dieser Film will durch und durch ernst­genommen werden, und das spricht für einen künst­leri­schen An­spruch. Die Bilder von er­morde­ten Frauen und Kindern, vom Leid der Flücht­linge aus See­stadt und einem über die Opfer des Krieges schockier­ten Elben­könig legen eine anti­militaristi­sche Deu­tung nahe (auch nicht ohne Ironie in einem Film, der die „Schlacht“ im Titel trägt). Beson­ders der Kontrast zwischen einer naïven Leni-Riefen­stahl-Ästhetik beim Auf­treten des Elben­heeres in Thal und vor dem Ein­samen Berg, und der grau­samen Realität in Form von Leichen­bergen nach der Schlacht bringen mich zu diesem Schluß. Viel­leicht wäre der Film ohne die aktuelle Nahost-Krise nicht so düster und weniger gut ausgefallen.

Radagast schwebt zur Rettung ein

Der Kampf zwischen Legolas und Bolg steigert den Popcornumsatz

Wer erwartet denn, daß Thorin, Fíli und Kíli lebend vom Rabenhügel zurückkehren?

Radagast schwebt zur Rettung ein

Letztlich wird der Krieg aber wieder ein­mal mit der Luft­waffe ge­wonnen, und der Vogel­freund bringt die Wende. Aiwendil flattert auf dem Rücken eines über­dimensio­nier­ten Adlers herbei, und der Schwarm riesiger Greif­vögel räumt unter des des­orien­tier­ten Orks auf. Selbst Beorn bekommt noch einen Zehn-Sekunden-Auf­tritt und haut bärig auf den Putz. Diese Er­eignis­se spielen sich zeit­gleich mit Thorins letztem Kampf ab und werden kaum gezeigt; der Film legt sein Augen­merk auf den Tod Thorins, nicht auf den Sieg in der Schlacht. Als Thorin schließ­lich Azogs Klinge in den Bauch bekommt, ist die Schlacht längst gewonnen. Auch das lese ich als Kom­mentar Peter Jack­sons auf die Frage, wie wichtig Helden eigent­lich sind.

Der Kampf zwischen Legolas und Bolg steigert den Popcornumsatz

Battle ist kein Meilen­stein der Film­kunst, aber bestimmt auch kein substanz­loser Popcorn­umsetzer. Trotz einiger Zu­geständ­nisse an die Funk­tionali­tät des Films als Geld­druck­maschine hat dieser dritte Teil eine Aus­sage und kann strecken­weise sehr ernst­genommen werden. Das heißt natürlich nicht, daß er über Kritik erhaben wäre; ins­beson­dere hat er als Schluß­stein zwischen Prequel und dem Haupt­werk einige Kontinuitätsprobleme.

Wer erwartet denn, daß Thorin, Fíli und Kíli lebend vom Rabenhügel zurückkehren?

Damit meine ich nicht das von anderen Re­zensen­ten ge­legent­lich be­mängelte „Prequel-Loch“, wonach Span­nung verloren­gehe, weil das Über­leben vieler Figuren von An­fang an klar sei. Bei der Ver­filmung eines seit einem Drei­viertel­jahrhundert dauer­best­sellen­den Kinder­buches stellt sich kaum die Frage, was ge­schehen wird; sondern die, wie es ge­schieht. Peter Jackson sammelt die be­kannten Elemente teil­weise zu einem neuen Kon­text zusammen, und das allein bringt die Span­nung. Mehr geht nicht.

Klappt ja doch: Zwerge im Erdgeschoß, Elben im ersten Stock

Thorin kämpft mit Legolas’ Schwert

Thranduil verbannt Tauriel

Sie nimmt das nicht gut auf

Klappt ja doch: Zwerge im Erdgeschoß, Elben im ersten Stock

Thorin kämpft mit Legolas’ Schwert

Die Kontinui­tät betrifft jene, die über­leben und auch im Herrn der Ringe auf­treten. Sollte sich das ewige Miß­trauen zwischen Elben und Zwergen nach der wieder­holten und erfolg­reichen Ko­opera­tion nicht etwas ver­bessert haben? Legolas’ anti­nanisti­sche Vor­urteile im Herrn der Ringe lassen sich viel­leicht damit be­gründen, daß er die Zwerge nicht aus eigener Er­fahrung kennt und die Re­senti­ments seiner Um­gebung un­reflek­tiert auf­genom­men hat; in der Hobbit-Roman­vorlage tritt er ja gar nicht auf, und die Inter­aktion zwischen Zwergen und Elben bleibt dort recht be­schränkt. Nach Sehen des Pre­quels fallen alle diese Argu­mente weg; die Ab­nei­gung zwischen den Völkern des Waldes und des Berges er­scheint auf beiden Seiten völlig ir­rational und Aus­druck höchster Lern­resistenz. Man fragt sich, warum die Zwerge sich nicht mit Stolz daran erinnern, wie sie an der Seite der Elben kämpften und so Erebor zurück­erober­ten. Und warum die Elben keine Lieder ge­dichtet haben über den tapferen Kíli und die schöne Tauriel, und wie im kalten Eis des Raben­hügels ihre junge Liebe ein frühes Ende fand.

Thranduil verbannt Tauriel

Sie nimmt das nicht gut auf

Die Schwierig­keiten rund um Tauriel und ihre spätere Präsenz in Mittel­erde löst Jackson halb­herzig, indem er sie in die Ver­bannung schickt. Damit ist sie zwar aus Legolas’ Nähe entfernt, aber letz­te­rer nimmt die ver­ordnete Kontakt­sperre wohl nicht allzu ernst (wäre er je König im Großen Grün­wald geworden, dann hätte er wohl alles rück­gängig ge­macht). Es stellt sich die Frage, was sie nun tun kann; spontan fallen mir die Mög­lich­keiten ein, Gedichte und Lieder zu schreiben, oder sich als Söldnerin in Gondor zu ver­dingen (ein Exil in Imladris wäre auch möglich). Ich wünsche ihr für ihr weiteres Leben viel Glück, voraus­gesetzt, dieses weitere Leben nimmt nicht die Gestalt eines Zwei­teilers The Huntress of Taur-na-Fuin an (Weihnachten 2018 in Ihrem Kino). Vielleicht geht sie aber auch in ein buddhisti­sches Kloster und schwört der Gewalt ab, was wenigstens erkläre würde, warum sie in der Herr-der-Ringe-Trilogie nirgend­wo vorkommt.

Tauriel beweint den toten Kíli

Bilbo gehört nicht zur Crew, sondern zum Publikum des Films

Drache ist OK, aber wer will sich schon mit einem Juristen anlegen?

Tauriel beweint den toten Kíli

Das hypo­theti­sche „Liebes­dreieck“ hat sich mehr oder minder in Wohl­gefallen aufgelöst. Legolas erscheint mir immer noch eher als Kumpel denn als Anbeter Tauriels, anderer­seits ist sie wirklich dem Charme des Halb­hohen erlegen, das „Drei­eck“ besteht folglich aus selbst­deklarier­ter Witwe, Waffen­bruder und Leiche. Jack­son schafft es, nach der üblen Sterbe­szene die Tragik um Kílis Tod nicht ganz im Pathos zu er­tränken, und obwohl ich die Elbin–Zwerg-Romantik nicht wirk­lich goutiere, fand ich den Ab­schied Tauriels vom toten Kíli wirk­lich er­greifend (der Runen­stein wird hier sehr effektiv ein­gesetzt). Aus diesem Plot­element hätte man aber noch etwas mehr machen können.

Bilbo gehört nicht zur Crew, sondern zum Publikum des Films

Eine Frage drängt zum Schluß auf: Warum heißt der Film eigent­lich Der Hobbit? Bilbo spielt in diesem dritten Teil über­haupt keine Rolle. Ab­gesehen von seinem Dieb­stahl des Arken­steins (der wenig nach­haltigen Effekt zeigt, weil die Schlacht ja sofort darauf beginnt) und einem letzt­lich be­deutungs­losen Boten­gang zum Raben­hügel macht er nichts, was den Gang der Dinge irgend­wie be­einflußt. Das ist in der Buch­vorlage nicht so, weil er (wenn­gleich sehr indirekt) Bard die In­forma­tion über die Schwach­stelle des Drachen­panzers zu­kommen läßt; damit hat er einen Anteil am Sieg über das Un­geheuer, den er sich durch die sehr schwierigen Kon­versa­tion mit Smaug ehrlich er­arbei­tet hatte. Der Film aber betrügt ihn um diese Frucht, und was sich Peter Jack­son dabei gedacht hat, ist mir wirk­lich nicht klar.

Drache ist OK, aber wer will sich schon mit einem Juristen anlegen?

Im Film de­gene­riert der Hobbit nach seiner Ent­wick­lung zum helden­haften Schwert­kämpfer in Teil Zwei zu einem reinen Be­obach­ter ohne Mehr­wert. Da ich offen­bar der einzige Mensch auf der Welt bin, der Martin Freeman für eine Fehl­besetzung hält (über­troffen nur noch von Elijah „Traurig­blick“ Wood), bin ich einer­seits froh, sein Over­acting nicht noch mehr er­tragen zu müssen; anderer­seits wäre es kon­sequenter gewesen, wenn Jack­son, der ja auch sonst einen lockeren Um­gang mit dem Quell­material zeigt, ihn gleich ganz raus­geschrie­ben hätte (ja, das war Sarkas­mus). Immerhin darf Bilbo in den letzten Szenen des Films noch mit Lobelia und dem behörd­lich bestellten Auktionator streiten, ganz gemäß dem Prinzip, daß die Büro­kratie jeden Helden in die Knie zwingen kann.


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Autor: Gernot Katzer
masala.wallah@gmail.com