Landkarte
Hyderabad Mamallapuram

Tirupati తిరుపతి und Tirumala తిరుమల (Andhra Pradesh)

Gopuram at Sri Venkateshwara Temple Tirumala, Andhra Pradesh, India

Das Gopuram über dem Eingangstor des Tempels von Tirumala

Pilgrims queueing at Venkateshwara Temple Tirumala, Andhra Pradesh, India

Die Pilger haben viel Zeit und Geduld

Liebe Birgit,

ich schreibe noch einen kurzen Brief aus Andhra Pradesh, ehe ich un­wider­ruflich nach Tamil Nadu weiter­ziehe. Mein aktu­eller Auf­enthalts­ort ist Tirupati, ein etwas bizar­rer Ort, wie er wohl nur in Indien ex­istieren kann.

Trotz einer ansehn­lichen Größe von einem Lakh ist Tirupati im wesent­lichen nur der „irdi­sche Anker“ für den Tempel von Tirumala, der zusammen mit ein paar Pilger­heimen und anderer essen­tieller Infra­struktur auf dem Hügel von Venkata etwa 20 km weiter steht. Tirupatis Busstation läßt die von Hydera­bad wie einen Zwerg aussehen, auch der Bahnhof ist riesig, und eine Flotte von lokalen Bussen erklimmt ständig den Tempelberg. Und das ist auch alles notwendig, denn mit täglich zwischen zehn- und hundert­tausend Pilgern ist Tirumala vieleicht der meist­frequentierte Pilgerort der Welt, noch vor Jerusalem, Rom oder Mekka.

Die Leute pilgern hierher, um einen Blick auf das Kult­bild des Herrn des Venkata-Hügels, Sri Venkat­eshvara, zu werfen. Diese Inkarnation Vishnus wird zwar nicht zu den „Großen Neun“ gezählt (und gilt manchen auch nur als eine „Sub-Inkarnation“ Krishnas), aber im gegen­wärtigen Kali Yuga, der Ära der Sünd­haftig­keit, kommt ihr eine beson­dere Bedeutung zu: Sri Venkateshvara vergibt die Sünden, und dazu reicht ein Blick auf seine Statue im Tempel von Tirumala. Und jetzt mal ehrlich: Das ist doch für jeden ein gutes Angebot, auch wenn man dafür acht Stunden in der Schlange stehen muß.

Puja in the Sri Venkateshwara Temple Tirumala, Andhra Pradesh, India

… und Träger …

Idol of Sri Venkateshvara, Andhra Pradesh, India

… und das Kultbild von Sri Venkateshvara

Ceremonial Elephant in the Sri Venkateshvara Temple Tirumala, Andhra Pradesh, India

Abends im Tempel: Elefanten …

Für Touris geht es Vishnu sei Dank ein­facher. Wenn man erst einmal seine Kamera im cloack room [sic!] und seine Bein­beklei­dung im shoe keeping center abge­geben hat, dann kann man sich im Vaikuntam Q Complex gegen 100 Ru ein cellar VIP ticket be­sorgen, und das trägt seinen Namen zu Recht: Man taucht in den Keller des Vaikuntam Q Complex ab und erscheint wieder im Keller des Sri-Venkateshvara-Tempels, womit sich die Warte­zeit auf ca. 30 Minuten verkürzt. Den Namen Vaikuntam Q Complex lese ich englisch als: das Gebäude, in dem man sich in einer Schlange (queue) anstellt, um ins Paradies zu kommen — Vaikuntha ist ja die Bezeichnung von Vishnus himmlischem Wohnsitz.

Selbst nach einer halben Stunde in der Warte­schlange war ich ziem­lich streich­fähig: Es zieht schon ziem­lich den Nerv, in Socken durch schlammige Pfützen zu waten, und das alles in einem Gedränge und Geschiebe, das an eine dichteste Kugel­packung erinnert, wobei Inder ja bekannt­lich jeglichen Körper­kontakt als erfreuliche Abwechslung im Einerlei des Wartens empfinden.

Also wurde ich in der Schlange weitergedrängt und kam schließlich nach endlosen Korridoren und Serpentinen durch das Tempel­tor, quälte mich durch den Tempelhof und erreichte schließlich einen messing­verzierten Pavillon, von dem aus ich etwa eine halbe Minute lang einen Blick auf die 30 m entfernte Statue des „Herrn, der die Sünden hinwegnimmt“ erhaschen konnte, bevor ich von den Nachfolgenden aus der Sichtlinie geschoben wurde. Danach gab es noch ein Prasad aus einem süßen Sesam-Laddu, das mit einer Unmenge Kardamom gewürzt war und leider beim Essen stark krümelte. Das war insofern unangenehm, als der Boden ständig mit Wasser gespült wurde, in dem sich alle Krümel der Vorgänger auflösten — folglich mußte ich durch so eine Art Sirup waten. Meine klebrigen Socken habe ich daraufhin in ein Eck geworfen, wo sie wohl heute noch liegen.

Nach die­sem sünden­befreien­den Erlebnis hatte ich noch eine zweite Begeg­nung mit dem Herrn des Hügels: In einem äußeren Bereich des Tempels, wo man photo­graphieren durfte, be­obach­tete ich eine Pro­zession, in der eine be­leuch­tete gold­glänzende Statue Venkat­eshvaras hinter zwei Elefanten und vor dem not­wendigen Diesel-Generator durch die Tempel­straße geschoben wurde. Dazu eine Riesen­menge singender Hindus und der Geruch von Räucherstäbchen — ja, so ist Indien.

Puja offerings at Govinda Raja Temple in Tirupati, Andhra Pradesh, India

Mit Basilikum und Studentenblume geschmückte Kokosnüsse

Govinda Raja Temple in Tirumala, Andhra Pradesh

Der Govinda-Raja in Tirupati

Auch in Tiru­pati gibt es einige Tempel, darunter den sehens­werten Govinda-​Raja-Tempel. Der Weg durch das Tempel­tor (das von einem weißen Gopuram gekrönt wird) führt durch einen kleinen Devotio­nalien-Markt, wo der Pilger unter anderem mit Basilikum und Studenten­blumen geschmückte Kokos­nüsse als Opfer­gaben erwerben kann. Im Aller­heiligsten kann man dann ein paar Bilder von Krishna und seiner Familie sehen, bevor man von den Tempel­brahmanen gegen einige Rupien ein paar Basilikum­zweige erhält, die man dann zu kauen hat — ein ebenso aromati­sches wie an­geneh­mes Erlebnis.

Indian food: Andhra Meal

Ein letzte Andhra-Mahlzeit

Womit wir wieder beim Eßbaren wären. Laß es mich kurz machen: Andhra-Küche auf mittler­weile gewohn­tem Niveau. Beson­ders be­merkens­wert waren ein fruchtig–saures Tomaten­chutney (mit kanoni­scher Chili-Menge), mor­gend­liche Idlis nicht mit weißem sondern mit rotem Kokos-Chutney (Farbe kommt eben­falls von kanoni­schen Chili-Mengen) und natür­lich wie immer der Rasam, eine dünne Brühe aus Gemüse und Gewürzen (mit mehr Tamarinde als Chili). Dazu gab es als Kontrast­programm trocken in Fett gebratenes Gemüse mit intensiven Röst­aromen, gewürzt auf tamilische Art mit Senfsamen und Curry­blättern. Ich werde die Andhra-Küche in Zukunft wohl vermissen!

A propos „Zukunft“: Nach einem Blick auf den Kalender habe ich mich entschieden, das touristisch ohnehin nicht allzu interessante Chennai auszulassen und gleich zu den kulturellen Sehenswürdigkeiten in Tamil Nadu weiterzuziehen. Nächstes Mal melde ich mich also aus Mamallapuram.


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