Der Weiße Machhendranath in Kathmandu
Offenherzige und zugleich rätselhafte Frau am Seto Machhendranath Mandir, Kathmandu
Der Rato Machhendranath Mandir in Patan
Der Eingang zum Rato Machendranath Mandir
Der größere der beiden Rathas
Verehrung für den Ratha
Der Rato Machhendranath Mandir in Patan
Der Eingang zum Rato Machhendranath Mandir
Liebe Birgit,
ich bin wieder einmal in Kathmandu, aber dieser Bericht befaßt sich vornehmlich mit einer anderen Stadt, die Du ebenfalls bereits kennst: Patan war ehemals eines der drei wichtigen Fürstentümer des Tales, ist aber heute praktisch zu einer Suburb der Hauptstadt abgestiegen. Die beiden Städte sind nahtlos zusammengewachsen, und wäre nicht die Brücke über die erbärmlich schmutzige Bagmati, so könnte man auf der kurzen Busfahrt von Kathmandu gar keine Grenze bemerken.
Offenherzige und zugleich rätselhafte Frau am Seto Machhendranath Mandir, Kathmandu
Patan ist bekanntlich wunderschön, aber diesmal war ich gar nicht am Durbar Square oder irgendwo sonst in der stimmungsvollen Altstadt; stattdessen war mein Ziel der wenig attraktive Stadtteil Jawalakhel, der sich übrigens Jāulakhel ausspricht. Dort findet nämlich zur Zeit das größte Fest der Stadt statt: Die Seto Machhendranath Jatra, das Wagenfest des Roten Machendranath. Vom Weißen Machhendranath habe ich ja schon einmal berichtet: Sein Tempel steht im Janbahal, einem schönen Innenhof in der Altstadt von Kathmandu, und fällt selbst für nepalische Verhältnisse durch seinen Eklektizismus auf: Man findet sowohl hinduistische als auch buddhistische Motive in Massen, und was die Weintrauben haltende und tief dekolltierte Frauenstatue dort macht, darfst Du mich wirklich nicht fragen.
Der Rato Machhendranath Mandir in Patan
Der Eingang zum Rato Machhendranath Mandir
Die Identität dieses Gottes ist ein bißchen kompliziert: Seinen Namen hat er von dem angeblich historischen Matsyendra, einem südindischen Brahmanen des 10. Jahrhunderts, der ein bekannter Shaiva-Guru war und als Begründer des Hatha-Yoga gilt; er entstammte einer Schule von Theologen und Philosophen, die oft als die „Nath-Linie“ bezeichnet wird (Natha heißt „Herr“ oder „Beschützer“, in diesem Fall also Shiva); sein Ruhm aber wird aber von dem seines Schülers Gorakshnath (oder Gorakhnath) überstrahlt. Die Nepali sind der Nath-Tradition trotz der großen Entfernung eng verbunden (die Bezeichnung Gurkha deutet ja auch auf diesen Kreis, genauso wie die Ortsnamen Gorkha und Gorakhpur), und so ist es nicht unvernünftig, daß man den Mann zu einem Aspekt Shivas umgedeutet hat; die Buddhisten wiederum sehen in ihm eine Inkarnation des nimmermüden Bodhisattva Avalokiteshwara. Und außerdem ist er in den Farben Weiß und Rot erhältlich; da ist für jeden etwas dabei.
Der größere der beiden Rathas
Verehrung für den Ratha
Das Fest wird mit religiösem Ernst begangen
Der berittene Polizist scheucht die Massen
Militärparade vor dem kleineren Ratha
Der größere der beiden Rathas
Sowohl in Kathmandu als auch in Patan gibt es am jeweiligen Machhendranath-Tempel ein jährliches Wagenfest, bei dem das Kultbild des Gottes auf reich geschmückten, vierrädrigen Holzwagen durch die Stadt gefahren wird. Solche Wagenfeste sind im indischen Subkontinent nicht selten, aber wenn man nicht gerade zufällig darauf stößt, sieht man nicht viel davon; die Wagen werden nämlich meistenorts nach dem Fest wieder abgebaut und sind übers Jahr nicht zu besichtigen (in Udupi standen jedoch zwei davon unmotiviert auf der Straße). Solche Tempelwagen werden oft Ratha genannt, nach dem alten Sanskrit-Wort für die zweirädrigen, von Pferden gezogenen Streitwagen (natürlich ist das Wort mit Rad oder Rotation verwandt).
Das Fest wird mit religiösem Ernst begangen
Der berittene Polizist scheucht die Massen
Zusammen mit einem Grüppchen chinesischer Touristinnen machte ich mich also nach Patan auf, um einen Teil dieses mehrtägigen Festes zu sehen. Es ist übrigens weder ein Zufall, daß es sich um Chinesen handelte (ganz Thamel wird gerade von diesen kolonisiert), noch daß es junge Damen Anfang 20 waren, denn wie sie mir erklärten, sei es für Söhne schwerer, sich von den familiären Pflichten loszureißen, während man den Töchtern eher gestatte, ihr erstes selbstverdientes Geld in eine mehrmonatige Reise zu stecken. Nepal ist dabei ein aus nicht nur topographischen Gründen naheliegendes Ziel, da man leicht Visa und Flüge bekommt und die Nepali auf chinesische Gäste gut eingestellt sind; in Thamel sprechen sogar viele Mandarin.
Der berittene Polizist scheucht die Massen
Militärparade vor dem kleineren Ratha
Der kleinere Wagen in seiner ganzen Pracht
Der berittene Polizist scheucht die Massen
Die Feierlichkeiten begannen erst am späten Nachmittag; aber bereits tagsüber konnte man das eifrige religiöse Treiben rund um die zwei Rathas beobachten, die an einem kleinen Busbahnhof nahe des Zoos aufgestellt waren. Der größere der beiden enthielt die berühmte, rotgesichtige Statue des Gottes. Pilger opferten kleine Mengen Reiskörner und andere Speisen oder berührten mit dem Scheitel das Bronzegesicht, das auf der Deichsel an der Frontseite der Wagen angebracht war. Da es stark regnete und das Wasser knöcheltiefe Pfützen bildete, zerflossen die Opfer und das allgegenwärtige rote Farbpulver rasch zu einem wenig ansehnlichen Matsch, durch den man zu waten hatte, wenn man die Wagen erreichen wollte. Danach wurde der Platz sukzessive von allen Besuchern geräumt, und wir erkletterten einen Zaun; in dieser unbequemen aber weitsichtigen Position harrten wir dann stundenlang aus, ohne zu wissen, was sich vielleicht noch ereignen würde. Immerhin hatte der Regen aufgehört.
Der kleinere Wagen in seiner ganzen Pracht
Der Wagen kämpft sich durch die Straße
Der Wagen kämpft sich durch die Straße
Ho ruck!
Ganz langsam kam Bewegung auf: Militärregimenter in Galauniform marschierten auf, gelegentlich wühlten sich VIP-Limusinen mit Hupe und Blaulicht durch die verstopften Straßen, und berittene Polizisten probierten irgendeine Approximation zu crowd management. Wir wurden mehrmals vertrieben, konnten aber wieder hohe Plätze erkämpfen; leider verloren wir dabei den direkten Blick auf die Rathas, die hinter einem potthäßlichen Gerüst eines riesigen Werbeplakates verschwanden. Dann erstieg ein Oberguru den Wagen und schwenkte für uns kaum zu erkennen etwas, was wie ein schwarzes Fell aussah. Ganz kurz darauf phasentransformierten sich die Menschenmassen von fest nach flüssig, und in dem resultierenden Chaos verlor ich meine Begleiterinnen.
Der Wagen kämpft sich durch die Straße
Ho ruck!
Im Wo Chhen Khaja Ghar
Nun konnte ich wenigstens dem kleineren Ratha folgen, der sich in der zunehmenden Dämmerung durch eine überfüllte (no na!) Straße kämpfte. Dazu wurden junge Männer vorgespannt, die an der Deichsel oder an daran befestigten Seilen zogen und den Wagen damit auf die Geschwindigkeit eines sehr schnellen Gehers beschleunigten; alle dreißig Meter legten sie eine Pause ein. Daß der Wagen mit seinem schiefen, geschätzt 15 m hohen Aufbau und einem entsprechend ungünstig gelagerten Schwerpunkt dabei nicht umstürzte, ist wohl nur mit dem Wirken übernatürlicher Mächte zu erklären. Zufälligerweise streifte der Corso auf dem Weg in den „Haustempel“ Rato Machhindranath; Mandir den Busbahnhof in Lagankhel; dort nutzte ich die Gelegenheit zur Heimfahrt.
Im Wo Chhen Khaja Ghar
Akabare Achar im trüben Glas
Chwahi
Alu Chap
Gemüse-Chatamari
Im Wo Chhen Khaja Ghar
Akabare Achar im trüben Glas
Mit der Chinesinnen-Truppe konnte ich mir auch einen langgehegten Wunsch erfüllen und erstmals erfolgreich Touristen in mein bevorzugtes Khaja Ghar entführen: Das Wo Chen am Schnittpunkt von Naghal und Bangemudha. Nachdem ich ihnen lang vorgeschwärmt hatte, wie toll und einzigartig das Newar-Essen schmeckt, erlitt ich einen ziemlichen Bauchfleck: Sie meinten, das sei ja alles recht nett, aber eigentlich schmecke es fast wie daheim.
Akabare Achar im trüben Glas
Besonders die junge Dame aus der Bergprovinz Guizhou 贵州, die jeden Vormittag im Mutter-Theresa-Haus in Pashupatinath Freiwilligendienste verrichtet, fand es sehr heimelig, wenngleich etwas zu mild; am meisten erfreuten sie Büffelmagen und -hirn. Am exotischsten fanden alle die Reisflocken (Baji, oder auf Nepali Chiura genannt). Am extrascharfen Chili Akabare Khorsani, den wir in Patan nach indischer Art mit Limettenstückchen eingelegt angeboten bekamen, haben sich aber alle die Zunge verbrannt.
Chwahi
Ich habe Dir ja schon oft genug über die variantenreiche Newar-Kost berichtet; den Mädels gefiel wie mir das Chhoila am besten, aber entsprechend der guten chinesischen Sitte wurden alle Teller gleich schnell geleert (man gilt als wohlerzogen, wenn niemand durch Beobachtung herausfinden kann, was einem am besten geschmeckt hat). Zu den Dingen, die ich neu kennenlernte, gehören Chwahi (gestocktes Blut) und Alu Chap, mit stark geknoblauchtem Büffelhack gefüllte Kartoffelknödel, die in Teig getaucht und frittiert werden.
Alu Chap
Gemüse-Chatamari
Außerdem bekamen wird einige Varianten von Chatamari, die bekannten belegten Reiscrêpes, die irgendjemand einmal unzutreffend „Newari-Pizza“ genannt hat (und seitdem schreiben alle diesen Ausdruck ab). Die Crêpes werden auf einer heißen Platte angebraten, dann belegt und zugedeckt, so daß der Belag im Dampf garen kann. Ich kannte Chatamari mit etwas Büffelfleisch und einem Ei; weil wir aber fünf Leute waren, brachte uns die Restaurant-Crew einmal eine Version nur mit Ei und ein paar Korianderblättern, eine reine Büffelvariante (gefaltet, damit das bröckelige Material nicht abstürzt) und zuletzt ein vegetarisches Chatamari, das mit Kartoffelmasse belegt war. Geschmeckt hat alles, aber von den Mädels hatten zwei am nächsten Tag Magenverstimmung. Das ist mir auch schon so ergangen, und ich kann daher nur meine ältere Warnung zu diesem Thema wiederholen.
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