Landkarte
Tarke Ghyang 2 Siehe auch Patan 1
Nicht zu verwechseln mit Patan (Gujarat)
Patan 3

Patan 2 (Lalitpur) पाटन (ललितपुर) (Nepal)

White Machhendranath idol, Seto Machendranath Mandir in Kathmandu, Nepal

Der Weiße Machhendranath in Kathmandu

European-Classical female statue, Seto Machendranath Mandir in Kathmandu, Nepal

Offenherzige und zugleich rätselhafte Frau am Seto Machhendranath Mandir, Kathmandu

Red Rato Machhendranath Mandir Hindu Temple in Patan, Kathmandu Valley, Nepal

Der Rato Machhendranath Mandir in Patan

Portal to Red Rato Machhendranath Mandir Hindu Temple in Patan, Kathmandu Valley, Nepal

Der Eingang zum Rato Machhendranath Mandir

Liebe Birgit,

ich bin wie­der ein­mal in Kathmandu, aber die­ser Be­richt be­faßt sich vor­nehm­lich mit ei­ner an­de­ren Stadt, die Du eben­falls bereits kennst: Patan war ehe­mals eines der drei wichtigen Fürsten­tümer des Tales, ist aber heute prak­tisch zu einer Sub­urb der Haupt­stadt ab­gestie­gen. Die beiden Städte sind naht­los zu­sam­men­gewach­sen, und wäre nicht die Brücke über die erbärm­lich schmutzige Bagmati, so könnte man auf der kurzen Bus­fahrt von Kathmandu gar keine Grenze bemerken.

Patan ist be­kannt­lich wunder­schön, aber dies­mal war ich gar nicht am Durbar Square oder irgendwo sonst in der stim­mungs­vollen Alt­stadt; statt­dessen war mein Ziel der wenig at­trak­tive Stadt­teil Jawala­khel, der sich übri­gens Jāula­khel aus­spricht. Dort findet näm­lich zur Zeit das größte Fest der Stadt statt: Die Seto Machh­endra­nath Jatra, das Wagen­fest des Roten Mach­endra­nath. Vom Weißen Machh­endra­nath habe ich ja schon ein­mal be­rich­tet: Sein Tempel steht im Jan­bahal, einem schönen Innen­hof in der Alt­stadt von Kath­mandu, und fällt selbst für nepali­sche Ver­hält­nisse durch seinen Ek­lekti­zismus auf: Man findet so­wohl hin­duisti­sche als auch bud­dhisti­sche Motive in Massen, und was die Wein­trauben haltende und tief dekoll­tierte Frauen­statue dort macht, darfst Du mich wirklich nicht fragen.

Die Iden­tität dieses Got­tes ist ein biß­chen kom­pli­ziert: Sei­nen Namen hat er von dem an­geb­lich hi­stori­schen Matsy­endra, einem süd­indi­schen Brah­ma­nen des 10. Jahr­hun­derts, der ein be­kann­ter Shaiva-Guru war und als Begründer des Hatha-Yoga gilt; er ent­stammte einer Schule von Theo­logen und Philo­sophen, die oft als die „Nath-Linie“ be­zeich­net wird (Natha heißt „Herr“ oder „Be­schützer“, in diesem Fall also Shiva); sein Ruhm aber wird aber von dem seines Schülers Go­raksh­nath (oder Go­rakh­nath) über­strahlt. Die Nepali sind der Nath-Tradi­tion trotz der großen Ent­fernung eng ver­bunden (die Be­zeich­nung Gurkha deutet ja auch auf diesen Kreis, genauso wie die Orts­namen Gorkha und Gorakh­pur), und so ist es nicht un­vernünf­tig, daß man den Mann zu einem Aspekt Shivas um­gedeu­tet hat; die Budd­histen wie­derum sehen in ihm eine In­karna­tion des nimmer­müden Bodhi­sattva Ava­lokit­eshwara. Und außer­dem ist er in den Farben Weiß und Rot er­hält­lich; da ist für jeden etwas dabei.

Hindus offering sacrifices during the Rato Machindranath Jatra festival in Patan, Kathmandu Valley, Nepal

Verehrung für den Ratha

Hindus worshipping during the Rato Machhendranath Jatra festival in Patan, Kathmandu Valley, Nepal

Das Fest wird mit religiösem Ernst begangen

Ratha (Hindu Chariot) during the Rato Machhendranath Jatra festival in Patan, Kathmandu Valley, Nepal

Der größere der beiden Rathas

Sowohl in Kathmandu als auch in Patan gibt es am je­wei­ligen Machh­endra­nath-Tem­pel ein jähr­liches Wagen­fest, bei dem das Kult­bild des Got­tes auf reich ge­schmück­ten, vier­rädrigen Holz­wagen durch die Stadt ge­fahren wird. Solche Wagen­feste sind im indi­schen Sub­kontinent nicht selten, aber wenn man nicht gerade zu­fällig darauf stößt, sieht man nicht viel davon; die Wagen werden nämlich meisten­orts nach dem Fest wieder abge­baut und sind übers Jahr nicht zu be­sichti­gen (in Udupi standen jedoch zwei davon un­moti­viert auf der Straße). Solche Tempel­wagen werden oft Ratha ge­nannt, nach dem alten Sanskrit-Wort für die zwei­rädrigen, von Pferden ge­zo­genen Streit­wagen (natürlich ist das Wort mit Rad oder Rotation verwandt).

Zusam­men mit einem Grüpp­chen chi­nesi­scher Tou­ristin­nen mach­te ich mich al­so nach Patan auf, um einen Teil dieses mehr­tägi­gen Festes zu sehen. Es ist übri­gens weder ein Zufall, daß es sich um Chi­nesen han­delte (ganz Thamel wird ge­rade von diesen ko­lo­ni­siert), noch daß es junge Da­men Anfang 20 waren, denn wie sie mir er­klär­ten, sei es für Söhne schwe­rer, sich von den fa­mi­liä­ren Pflich­ten los­zu­reißen, während man den Töch­tern eher ge­stat­te, ihr erstes selbst­verdien­tes Geld in eine mehr­mona­tige Reise zu stecken. Nepal ist dabei ein aus nicht nur topo­graphi­schen Gründen nahe­liegen­des Ziel, da man leicht Visa und Flüge bekommt und die Nepali auf chine­sische Gäste gut ein­gestellt sind; in Thamel sprechen sogar viele Mandarin.

Military parade around ceremonial chariot (Ratha) during the Rato Machhendranath Jatra festival in Patan, Kathmandu Valley, Nepal

Militärparade vor dem kleineren Ratha

Mounted police managing the crowds during the Rato Machhendranath Jatra festival in Patan, Kathmandu Valley, Nepal

Der berittene Polizist scheucht die Massen

Die Feier­lich­keiten be­gan­nen erst am spä­ten Nach­mit­tag; aber bereits tags­über konnte man das eif­rige reli­giöse Trei­ben rund um die zwei Rathas be­ob­ach­ten, die an einem kleinen Bus­bahn­hof nahe des Zoos auf­ge­stellt waren. Der größere der beiden ent­hielt die be­rühmte, rot­gesich­tige Statue des Gottes. Pilger opfer­ten kleine Men­gen Reis­körner und andere Spei­sen oder be­rührten mit dem Scheitel das Bronze­gesicht, das auf der Deichsel an der Front­seite der Wa­gen an­gebracht war. Da es stark regnete und das Was­ser knöchel­tiefe Pfützen bildete, zer­flos­sen die Opfer und das all­gegen­wärtige rote Farb­pulver rasch zu einem wenig an­sehn­lichen Matsch, durch den man zu waten hatte, wenn man die Wa­gen er­rei­chen wollte. Danach wurde der Platz suk­zessive von allen Be­suchern geräumt, und wir er­klet­terten einen Zaun; in dieser un­beque­men aber weit­sichtigen Position harr­ten wir dann stunden­lang aus, ohne zu wissen, was sich viel­leicht noch ereignen würde. Immer­hin hatte der Regen aufgehört.

Smaller chariot (Ratha) during the Rato Machhendranath Jatra festival in Patan, Kathmandu Valley, Nepal

Der kleinere Wagen in seiner ganzen Pracht

Chariot (Ratha) is moved through the crowded streets during the Rato Machhendranath Jatra festival in Patan, Kathmandu Valley, Nepal

Der Wagen kämpft sich durch die Straße

Chariot (Ratha) is pulled via ropes, during the Rato Machhendranath Jatra festival in Patan, Kathmandu Valley, Nepal

Ho ruck!

Ganz lang­sam kam Be­we­gung auf: Mili­tär­regimen­ter in Gala­uniform mar­schier­ten auf, ge­legent­lich wühl­ten sich VIP-Limu­sinen mit Hupe und Blau­licht durch die ver­stopf­ten Straßen, und be­rit­tene Poli­zisten pro­bier­ten ir­gend­eine Ap­proxi­mation zu crowd man­age­ment. Wir wurden mehr­mals ver­trie­ben, konn­ten aber wieder hohe Plätze er­kämpfen; leider ver­loren wir dabei den direk­ten Blick auf die Rathas, die hinter einem pott­häß­lichen Gerüst eines rie­sigen Werbe­plakates ver­schwan­den. Dann er­stieg ein Ober­guru den Wagen und schwenkte für uns kaum zu erken­nen etwas, was wie ein schwar­zes Fell aus­sah. Ganz kurz darauf phasen­trans­formier­ten sich die Menschen­massen von fest nach flüssig, und in dem resul­tieren­den Chaos verlor ich meine Begleiterinnen.

Nun konnte ich we­nig­stens dem klei­neren Ratha folgen, der sich in der zu­nehmen­den Däm­me­rung durch eine über­füllte (no na!) Straße kämpf­te. Dazu wurden junge Män­ner vor­ge­spannt, die an der Deich­sel oder an daran be­fes­tig­ten Sei­len zogen und den Wa­gen damit auf die Ge­schwin­dig­keit eines sehr schnel­len Gehers be­schleu­nig­ten; alle drei­ßig Meter leg­ten sie eine Pause ein. Daß der Wa­gen mit seinem schie­fen, geschätzt 15 m hohen Auf­bau und einem ent­spre­chend un­günstig ge­lager­ten Schwer­punkt dabei nicht um­stürz­te, ist wohl nur mit dem Wir­ken über­natür­licher Mächte zu er­klären. Zu­fäl­liger­weise streifte der Corso auf dem Weg in den „Haus­tempel“ Rato Machh­indra­nath; Mandir den Bus­bahn­hof in Lagan­khel; dort nutzte ich die Gelegen­heit zur Heimfahrt.

epali/Newari food: Chwahi (cooked buffalo blood)

Chwahi

Nepali/Newari food: Alu Chap (potato buns with buffalo stuffing)

Alu Chap

Nepali/Newari food: Vegetable Chatamari (Newari Pizza)

Gemüse-Chatamari

Chinese tourists enjoying Newari Food in Wo Chhen Khaja Ghar in Naghal/Bangemudha, Kathmandu

Im Wo Chhen Khaja Ghar

Nepali/Newari Food: Akabare Khorsan Achar (pickled extra-hot chili)

Akabare Achar im trüben Glas

Mit der Chi­ne­sin­nen-Truppe konn­te ich mir auch einen lang­geheg­ten Wunsch er­fül­len und erst­mals er­folg­reich Tou­risten in mein be­vorzug­tes Khaja Ghar ent­führen: Das Wo Chen am Schnittpunkt von Naghal und Bange­mudha. Nach­dem ich ihnen lang vor­ge­schwärmt hatte, wie toll und einzig­artig das Newar-Essen schmeckt, er­litt ich einen ziem­lichen Bauch­fleck: Sie meinten, das sei ja alles recht nett, aber eigent­lich schmecke es fast wie daheim.

Beson­ders die junge Dame aus der Berg­provinz Guizhou 贵州, die jeden Vor­mittag im Mutter-Theresa-Haus in Pashu­pati­nath Frei­willigen­dienste ver­richtet, fand es sehr heime­lig, wenn­gleich etwas zu mild; am meisten er­freuten sie Büffel­magen und -hirn. Am exotisch­sten fanden alle die Reis­flocken (Baji, oder auf Nepali Chiura genannt). Am extra­scharfen Chili Akabare Khorsani, den wir in Patan nach indi­scher Art mit Limet­ten­stück­chen ein­gelegt an­gebo­ten bekamen, haben sich aber alle die Zunge verbrannt.

Ich habe Dir ja schon oft genug über die va­rian­ten­reiche Newar-Kost be­richtet; den Mä­dels ge­fiel wie mir das Chhoila am besten, aber ent­spre­chend der guten chi­nesi­schen Sit­te wurden alle Tel­ler gleich schnell ge­leert (man gilt als wohl­erzogen, wenn nie­mand durch Be­obach­tung heraus­finden kann, was ei­nem am besten ge­schmeckt hat). Zu den Dingen, die ich neu ken­nen­lernte, ge­hören Chwahi (ge­stock­tes Blut) und Alu Chap, mit stark ge­knob­lauch­tem Büffel­hack ge­füll­te Kartoffel­knödel, die in Teig getaucht und frittiert werden.

Außerdem be­kamen wird einige Va­rian­ten von Chata­mari, die be­kannten be­legten Reis­crêpes, die ir­gend­jemand einmal un­zu­tref­fend „Newari-Pizza“ ge­nannt hat (und seit­dem schrei­ben alle diesen Aus­druck ab). Die Crêpes werden auf einer heißen Platte an­gebra­ten, dann be­legt und zu­gedeckt, so daß der Belag im Dampf garen kann. Ich kannte Chata­mari mit etwas Büffel­fleisch und einem Ei; weil wir aber fünf Leute waren, brachte uns die Re­stau­rant-Crew einmal eine Ver­sion nur mit Ei und ein paar Koriander­blät­tern, eine reine Büffel­variante (ge­faltet, damit das bröckelige Ma­terial nicht ab­stürzt) und zu­letzt ein vege­tari­sches Chata­mari, das mit Kar­toffel­masse belegt war. Ge­schmeckt hat alles, aber von den Mädels hatten zwei am nächsten Tag Magen­verstimmung. Das ist mir auch schon so ergangen, und ich kann daher nur meine ältere Warnung zu diesem Thema wiederholen.


Tarke Ghyang 2 Patan 3

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