Ein ziemlich avischer Garuda
Newari-Städte sind von Holz und Ziegel dominiert
Menschen vor einem hölzernen Tor zu einem Laden
Shiva-Tempel
Die Göttin Sarasvati wird immer mit Gitarre (Sitar) abgebildet
Newari-Städte sind von Holz und Ziegel dominiert
Liebe Birgit,
nach einer Serie langer Busfahrten bin ich nun in Dhulikhel angekommen, einer kleinen Stadt knapp außerhalb des Hochtales von Kathmandu. Dhulikhel liegt 20 km oder zwei Busstunden von der Hauptstadt entfernt auf knapp 1600 m Höhe in den Hügeln am Ostrand des Tales. Man erreicht es auf dem Araniko-Highway, der weiter nach Osten führt, ins Gebirge einbiegt und in Kodari an der Grenze zu Tibet endet.
Menschen vor einem hölzernen Tor zu einem Laden
Das ist aber nicht mein geplanter Weg; mich locken die Attraktionen von Dhulikhel, die man einfach zusammenfassen kann als: Ausblick auf die Berge des Hohen Himalaya und Newari-Kultur vom Feinsten. Ersteres ist schnell abzuhaken: Von einigen Punkten in der Stadt hat man einen ganz guten Blick auf die bergige Umgebung, vor allem vom Kali-Tempel auf einem Hügel vor der Stadt. Allerdings muß man dazu recht früh aufstehen: Das Wetter ist an manchen Tagen sehr unbeständig, und ab Mittag können graue Wolken am Himmel aufziehen, die sich dann nachmittags bis abends tropfenreich entladen. Der Monsun im Kathmandu-Tal ist zu recht berüchtigt, auch wenn er offiziell noch gar nicht begonnen hat. An anderen Tagen ist es dagegen wolkenlos und sehr heiß, aber die Fernsicht leidet unter dem Staub.
Shiva-Tempel
Dhulikhel hat einige sehenswerte Tempel: Der kleine Shiva-Tempel liegt südöstlich der Stadt in einer kleinen Senke; von dort kann man auf einer Straße oder auf einem Stufenweg einen Hügel erklimmen, an einer großen goldglänzenden Statue des Buddha Shakyamuni (Shanti Ban) vorbei zum Kali-Tempel, einem kleinen und wenig bemerkenswerten Schrein mit gutem Ausblick. Von dort kann man in zwei Stunden nach Namobuddha wandern, einem buddhistischem Kultzentrum.
Die Göttin Sarasvati wird immer mit Gitarre (Sitar) abgebildet
Ein ziemlich avischer Garuda
Der Wagen der Chandeshwari Jatra
Ein Brahmane schmeißt Vitamine ins Volk
Ein ziemlich avischer Garuda
Interessanter finde ich die Altstadt. Wie für Newari-Städte üblich, besteht sie zur Gänze aus mehrstöckigen Ziegelhäusern mit teilweise höchst kunstvoll geschnitzten Holzfenstern. Entlang der schmalen, nur von Fußgängern benutzten Wege stehen Schreine, Götterstatuen und uralte Steinreliefs, alle blitzsauber gehalten und mit Farbpulver, Reiskörnern und ein paar Blumen geschmückt. Die Newari sind ja die einzige städtische Kultur des ganzen Himalaja, und da finde ich es passend, daß man auf Schritt und Tritt auf Darstellungen der anderswo eher vernachlässigten Göttin Saraswati stößt: Diese patroniert ganz allgemein die Künste, und man könnte sie kompakt als die „Göttin der Kultur“ bezeichnen. Kein Wunder, daß die kunstfertigen Newari ihr einen besonderen Stellenwert einräumen. Mir ist sie auch sympathischer als die zickige und unberechenbare Parvati und die putzsüchtige und materialistische Lakshmi.
Der Wagen der Chandeshwari Jatra
Ein ziemlich avischer Garuda
Ein Brahmane schmeißt Vitamine ins Volk
Im Zentrum der Stadt steht ein hübscher Narayan- bzw. Vishnu-Tempel mit zwei Garuda-Figuren davor; eine trägt wie in Nepāl üblich ein menschliches Gesicht, die andere dagegen einen Vogelschnabel. Ein paar Gehminuten weiter stößt man auf den Bhagawati Mandir, eine schöne dreistöckige Pagode, die von hübschen Steinarbeiten umgeben ist, darunter sogar ein buddhistischer Chaitya. Bei den Newar fließen ja Hinduismus und Buddhismus gerne etwas ineinander.
Der Wagen der Chandeshwari Jatra
Ein Brahmane schmeißt Vitamine ins Volk
Spaß am Krishna-Tempel in Banepa
Ein Brahmane schmeißt Vitamine ins Volk
Der Chandeswari Mandir
In einem Newari Khaja Ghar
Spaß am Krishna-Tempel in Banepa
Ein paar Kilometer westlich von hier liegt die etwas größere Stadt Banepa; bei der Anreise aus Kathmandu sieht man nur die unattraktive Hauptstraße, aber ein paar Schritte weiter kommt man in ein ausgedehntes, sehr traditionelles Altstadtviertel voller Nwar-Häuser, Tempel und kleiner Kunstwerke am Straßenrand. Zufälligerweise fiel mein Besuch dort mit dem jährlichen Fest Chandeshwari Jatra zusammen, und so wurde ich Zeuge, wie ein buntgeschmückter Wagen mit Muskelkraft durch eine lange Straße getragen wurde. Alle paar Schritte legten die Träger eine Pause ein, und die Brahmanen warfen Früchte in die Menge; glücklicherweise hat mich keines der safttriefenden Wassermelonenfragmente getroffen.
Spaß am Krishna-Tempel in Banepa
Der Chandeswari Mandir
In einem Newari Khaja Ghar
Spaß am Krishna-Tempel in Banepa
Der schönste Tempel Banepas ist der Chandeswari Mandir, ein prachtvoller dreistöckiger Bau, der etwa einen Kilometer vor der Stadt liegt. Chandi oder Chandeshwari ist ja ein Beiname der Göttin Durga (ihrerseits ein Aspekt von Parvati), deren Hobby im Erschlagen von Dämonen besteht. Im großen Innenhof herrscht eine ebenso intensive wie entspannte Stimmung: Pilger bringen Opfer dar, Touristen (damit meine ich knipsende Nepali, Ausländer sind selten) bestaunen die vielen Skulpturen, und ein paar Leute sind wohl eher zum Relaxen gekommen. Alles wird untermalt von einer vielköpfigen Musikertruppe, in der alle Instrumente im Spektrum zwischen Harmonikum und Saxophon vertreten scheinen.
In einem Newari Khaja Ghar
Choila
Soja-Choila
Jala
Kochila
Bori
Achar
Lockerer Langkornreis
Bakula
Wenn ich in diesem Brief die Newar-Kultur besinge, dann darf die Newar-Küche natürlich auch nicht fehlen. Wie schon mehr als einmal erwähnt, ist diese ein herausragendes Highlight des ganzen Subkontinents, und sie schmeckt mir besser als fast alles, was man in Nordinden so bekommen kann. Die Newar haben eine recht unindische Kneipenkultur, und daher gibt es in allen Newar-Städten kleine Läden, die Khaja Ghar („Speisenhaus“) oder Newari Khaja Ghar heißen. Dort schenkt man diverse Alkoholika (vom Gerstenbier Chang bis zu harten Destillaten) aus, und reicht dazu jene pikanten Snacks, für die die Gegend mehr Berühmtheit verdienen würde.
Choila
Soja-Choila
Jala
Kochila
Bori
Achar
Lockerer Langkornreis
Newar-Speisen werden in diesen Kneipen in sehr kleinen Portionen serviert; dafür bestellt man aber gleich einen ganzen Haufen davon, was ein bißchen an eine spanische Tapas-Bar erinnert. Als Beilage erhält man Chirua, das sind flachgepreßte, trockene Reiskörner, die man bei uns wohl am ehesten in den Umkreis von Müsli und Co. einordnen würde. Die Speisenauswahl ist hier deutlich kleiner als in Kathmandu, dafür bekommt man aber auch problemlos Tee, was mir in der Hauptstadt so gut wie nie gelungen ist.
Kochila
Choila
Soja-Choila
Der Star im Newari-Speisenangebot ist meiner Meinung nach Choila, das manchmal auch Choyla geschrieben wird: gebratenes Büffelsteak, das in kleine Stücke geschnippelt und mit einer superscharfen Marinade aus Chili, rohem Knoblauch und Ingwer sowie sehr dunkel frittierten Bockshornkleesamen vermengt wird; dazu kommen noch ein paar gehackte Knoblauchblätter. Schon öfter habe ich mich gewundert, warum das Gericht gleichzeitig nach rohem und gebratenem Knoblauch schmeckt, und hier wurde das Geheimnis gelüftet: In einem kleinen Khaja Ghar beobachtete ich die Köchin, wie sie das Knoblauchpüree auf das Fleisch pappte und danach siedend heißes Öl mit Bockshornkleesamen darübergoß; dadurch wird ein Teil des Knoblauchs prasselnd angegart, und das hinterläßt seine Note.
Jala
Kochila
Bori
Achar
Wasserbüffel erscheint aber auch in anderer Form am Teller: Gummielastischer Magen (Bhutan), erstaunlich gute rohe Schwarte (Jala, praktisch gleich wie Choila mariniert) und mageres Faschiertes (Kochila). Letzteres wird hier mit diversen Gewürzen vermengt und sieht aus wie ein gut zubereitetes Beefsteak Tatar, aber man ißt es immer frisch gebraten; in Kathmandu habe ich es auch roh ohne weitere Zutaten nur mit rohen Knoblauchzehen bekommen. Als vegetarische Optionen stehen Kichererbsen (Chana), Kartoffel (Alu), Schwarzaugenbohnen (Bori) und ein erfrischender Gemüsesalat (Achar) zur Auswahl, dazu sogar noch eine vegetarische Version von Choila mit Sojapreßkuchen (Masaura oder Masyura) statt Büffel.
Bori
Achar
Lockerer Langkornreis
Bakula
Diese Khaja Ghar dienen eigentlich nicht zur Sättigung, sondern als soziale Treffpunkte; und ich habe am eigenen Leib gemerkt, daß eine Ernährung nur aus Newari Khaja nicht so recht bekommt. Deshalb esse ich morgens oder abends ein volles Dalbhat, das hier leider nicht so lecker wie in Westnepal schmecken will, obwohl der lockere Langkornreis eine positive Erwähnung verdient. Besonders das Dāl ist eine lauwarme Erfahrung: Es besteht nur aus einer dünnen Suppe roter Linsen (Masuro) und schmeckt nach nichts außer Erde und Curcuma; allerdings kann man durch einige Timur-Früchte (das ist die lokale Art Sichuanpfeffer) Abhilfe schaffen.
Lockerer Langkornreis
Bakula
Auf dem Markt fand ich einmal eine Hülsenfrucht, die mir in Südasien noch nie begegnet war: Die Saubohne (manchmal auch Breite Bohne), die ich eigentlich mit westlicheren Gegenden wie Ägypten (Ful) assoziiere; hier heißt sie Bakula. Auf meine Bitte hin bereitete mir die Köchin in meiner bevorzugten Dalbhat-Kneipe einmal welche zum Frühstück zu, und zwar in Form eines Mischgemüses mit Kartoffeln. Das war sehr eigenwillig, aber auch sehr gut.
Es gibt hier noch viel mehr zu sehen, daher melde ich mich bald mit einem zweiten Brief aus Dhulikhel.
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