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Mexicanischer Blattpfeffer (Piper auritum Kunth)

Synonyme

botanischPiper sanctum
DänischMexikansk Peber-blad
DeutschGeöhrter Pfeffer, Ohrenpfeffer
EnglischSacred pepper, Mexican pepper leaves, Rootbeer plant, Eared pepper
FranzösischPoivre mexicain
LitauischAusytasis pipiras
RussischМексиканский перечный лист
Meksikanski perechnyi list
SpanischHoja santa, Yerba santa, Acuyo, Anisillo
UngarischMexikói borslevél
Piper auritum: Mexikanisches Pfefferblatt
Mexicanisches Pfefferblatt
Verwendeter Pflanzenteil

Frische Blätter. Die Blätter können mehr als 30 cm groß werden.

Frische oder auch ge­trock­nete Blätter sind außer­halb des tropi­schen México sehr schwer er­hält­lich, und Köche sind daher oft auf Ersatz ange­wiesen. Während die Blätter im Lebens­mittel­handel west­licher Länder so gut wie unbekannt sind, läßt sich die Pflanze bei speziali­sierten Gärtnereien als robuste und dekorative Kübel­pflanze relativ leicht beschaffen.

Als kanoni­scher Ersatz gelten Avocado­blätter, die auch in México oft zu diesem Zweck heran­gezogen werden; aber leider sind Avocado­sorten mit aromati­schen Blättern (Persea drymi­folia) fast nur in México anzu­treffen; über­all sonst kultiviert man Persea americana mit geschmack­losem Laub.

Unverständlicher­weise wird dieser Austausch in mexicanischen Kochbúchern oft empfohlen und mit der möglichen Giftigkeit des Blattpfeffers begründet. In der Tat ist das Safrol aus den Pfefferblättern nicht ganz unbedenklich, zumal die Konzentrationen ziemlich hoch sind (den Mexicanern ist es eher egal). Aber Avocadoblätter enthalten genau denselben Inhaltsstoff und bieten daher keine Vorteile: Wenn sie gleich riechen, dann sind sie auch gleich giftig.

Ebenfalls als Ersatz ge­eig­net ist der auch aus México stam­mende Winter­estragon (oder auch gewöhn­licher französi­scher Estra­gon); diese Pflanzen eignen sich aber nur für Speisen, die mit einem Püree der Blätter gewürzt werden und nicht für solche, in denen man mexi­canische Pfeffer­blätter verwendet, um Fisch, Geflügel oder tamales darin einzu­wickeln; in diesen Fällen kann man sein Glück mit thai­ländischem Basilikum (horapha-Typ) versuchen, obwohl die Blätter viel kleiner sind.

Piper auritum: Strauch von hoja santa (Blattpfeffer)
Der Mexicanische Blattpfeffer bildet verholzte Sträucher
Piper auritum: Sterile Pflanze von hoja santa (Blattpfeffer)
Blattwerk des Mexicanischen Blattpfeffer
Pflanzenfamilie

Piperaceae (Pfeffer­gewächse).

Geruch und Geschmack

Die Blätter schmecken angenehm aromatisch, entfernt an Anis, Muskat und Pfeffer erinnernd. Der Geschmack ist in den jungen, unverholzten Stengeln und den Blattnerven noch stärker ausgeprägt und ist dort mit einer eigenartigen, wärmenden Schärfe gepaart.
Siehe auch Süßdolde über anisartigen Geruch im allgemeinen.

Inhaltsstoffe

Das ätherische Öl der Pfefferblätter (0.2% in den frischen Blättern) enthält das wohlriechende Safrol (bis zu 80%); weiters wurden verschiedene Mono- und Sesquiterpene identifiziert.

Über die mögli­che Gefähr­dung der Gesund­heit durch Safrol siehe bei Sassa­fras. Safrol kommt außer in P. auritum noch in einigen weiteren neu­weltlichen Pfeffer­arten vor. Zumindest eine davon, Piper hispidi­nervium (syn. P. frangua­num), wird mittler­weile in Brasilien zur Safrol­gewinnung an­gebaut (pimenta longa). Schwarzer Pfeffer enthält dagegen nur geringe Spuren dieser toxischen Substanz.

Herkunft

Tropisches Mittelamerika (südliches México, Guatemala, Panamá, nördliches Kolumbien).

Piper auritum: Mexikanisches Pfefferblatt, blühender Zweig
Blühender Zweig
Piper auritum: Hoja Santa
Mexicanischer Blattpfeffer (hoja santa), blühende Pflanze
Etymologie

Siehe bei Pfeffer. Der Art­name auritus leitet sich von latei­nisch auris Ohr ab und be­deutet soviel wie (lang)­ohrig oder geöhrt; er bezieht sich auf die an Ohren erin­nernde Blattform.

Die englische Bezeich­nung eared pepper öhriger Pfeffer könnte auch als ähriger Pfeffer miß­verstanden werden, da ear sowohl Ohr als auch Ähre bedeuten kann. Die beiden Worte sind aber nur zufäl­lige Homonyme und leiten sich von ver­schie­denen indo­europäischen Wurzeln ab: H₂EUS Ohr aber H₂EḰ scharf, spitz (vgl. akut und Essig).

Für einen Englisch­sprachigen ist der Name also gar nicht einfach zu deuten, zumal beide Bedeu­tungen plausibel sind: Der Blüten­stand erfüllt die botanische Definition von Ähre (er ist kompakt entlang einer Sproß­achse), und die Blatt­spreite hat zwei Ohren, nämlich die beiden Lappen an der Rück­seite, die dem Blatt ihr herz­förmiges Aussehen verleihen. Ein Blick auf den latei­nischen Art­namen auritus verrät, daß das zweite Merk­mal namens­gebend war (die Bedeutung Ähre würde man mit spicatus ausdrücken, von lateinisch spica Ähre, von Indo­europäisch spei spitz).

Wie die Pflanze zu ihrem spani­schen Namen hoja santa heiliges Blatt kommt, ist mir nicht bekannt; mög­licher­weise hatte die Pflanze in der azteki­schen Religion kultische Bedeu­tung. Der englische Name root beer plant Pflanze, die nach root beer riecht bezieht sich auf die olfaktori­sche Ähn­lich­keit zum Sassafras, aus dessen Wurzel der US-amerikani­sche Soft­drink root beer her­gestellt wird.

Ausgewählte Links

Pacific Islands Ecosystems at Risk: Eared Pepper Sorting Piper names (www.plantnames.unimelb.edu.au) Recipe: Mole Verde (groups.yahoo.com) Recipe: Mole Verde con Pollo (The Mole Page, www.ramekins.com) Recipe: Mole Verde de Oaxaca (The Mole Page, www.ramekins.com) Safrole from plants (erowid.org)


Piper auritum: Blütenstand von hoja santa
Aufrecht stehender, voll erblühter Blütenstand des mexikanischen Blattpfeffers
Piper auritum: Blattpfeffer, Blühender Zweig
Zweig mit junger Blüte
Piper auritum: Mexikanischer Blattpfeffer, Blüten
Zweig mit zwei Blütenständen

Der mexicani­sche Blatt­pfeffer gehört zu jenen mittel­amerikani­schen Gewürzen, die außer­halb ihres Ver­breitungs­gebietes weit­gehend un­bekannt sind.

Die Pflanze wird in der Küche des tropi­schen México sehr viel­seitig genutzt. Die Blätter sind eine wohl­schmecken­de Garnie­rung und können gefüllt und gedämpft werden. Ein sehr berühmtes Rezept mit mexicani­schem Blatt­pfeffer ist pescado con Hoja Santa: Frischer Fisch wird in Pfeffer­blätter gewickelt und gegrillt. Diese Spezialit­ät stammt aus dem Bundes­staat Veracruz, wo man noch viele andere Speisen mit diesem Gewürz zubereitet. In Zentral­méxico kennt man die Pfeffer­blätter auch als Würze zu Schokoladen­getränken (Azteken­schokolade, siehe Vanille).

Weiters ist die Pflanze ein essentieller Bestandteil des mole verde, einer der berühmten sieben Saucen von Oaxaca (los siete moles, siehe Paprika über mole im allgemeinen und Sesam über mole Poblano).

Der mole ver­de unter­scheidet sich von anderen moles durch die reich­liche Ver­wendung frischer Kräuter; er ent­hält meist keine gerie­benen Nüsse oder Samen (es gibt allerdings auch Varianten mit Kürbis­kernen, die die grüne Farbe ver­stärken). Als Basis dient, wie auch bei anderen mole-Sorten, Hühner­bruhe, die mit Gewürz­nelken, Kreuz­kümmel, grünen jalapeño- oder serrano-Chilies, Knob­lauch, Kräutern (Thymian, Majoran, Petersilie) und Tomatillo-Früchten gekocht und passiert wird; man dickt mit masa harina (Mais­mehl) an und würzt mit einem Püree aus Blatt­pfeffer und etwas Jesuiten­tee. Mole verde wird zu Geflügel serviert und sollte, anders als andere moles, immer frisch zubereitet werden.

Zwei asiatische Verwandte des mexicanischen Blattpfeffers haben ebenfalls aromatisches Laub und werden daher gegessen: Betelpfeffer (Piper betle) liefert große, herbe Blätter, die in Süd- und Südostasien weithin als Zutat zum berühmten Betelbissen dienen; eine andere Nutzung ist mir nicht bekannt. Die kleineren und milderen Blätter von Piper sarmentosum dienen unter den Namen cha phlu [ช้าพลู] und la lot [lá lốt] in Thailand bzw. Vietnam zum Einwickeln kleiner Bissen aus gedämpftem Fleisch oder Gemüse.



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